Montag, 16. September 2013

Vom Schweigen

So bin ich denn in diesem "social network", und ich lese mit, manchmal eifrig, manchmal gezwungenermaßen, was dort von meinen Freundinnen und Freunden geschrieben, gepostet, verlinkt wird, und ich merke, wie es mir manchmal schwer fällt, einfach nur zu schweigen. Da möchte ich mitmischen in der anschwingenden Diskussion, da möcht ich auch ein paar Worte dazu geben, möchte dieses und jenes Kluge beitragen.

Doch dann enthalte ich mich: Denn etwas in mir sagt, jeder Beitrag ist auch eine Verpflichtung, ich binde mich damit, ich werde dann weiterhin diesen Diskussionsstrang verfolgen, immer wieder mich einmischen, weiterhin Erklären, Erläutern, Rede und Gegenrede posten. Und es nimmte kein Ende damit, die Erläuterungen von mir und den anderen bleiben bei mir im Gehirn hängen, und während ich zum Beispiel "ins Dorf" zum Einkaufen gehe, grüble ich darüber nach, was da geschrieben stand, und was ich wohl Kluges erwidern möchte. So sehe ich dann nicht mehr die noch im Spätsommer blühende Kamille am Wegesrand, nicht den noch überraschend üppigen Klatschmohn, der sich am Bahndamm nach einer Mahd noch einmal aufgerafft hat zu blühen, und ich höre auch nicht den streitenden Elstern zu. Ich bin nicht mehr da. 

Ähnlich auch im Privatem: Da kam wieder eine Mail, ich las, und sofort drehte sich das Gedankenkarussell: Nein, so war es doch nicht, und da seh ich das anders, und da sowieso, und das hier triggert mich an, zu reagieren. Als ich denn las und las und dachte und die Gedanken wendete, und dachte und mich rechtfertigte, zum dritten und zum vierten Male, da wurde mir mit einem Male bewusst: Steig aus! Halte das Karussell an und steige ab und schreibe, wenn überhaupt, nur diesen einen Satz: "Zu den Worten, welche du mir gabst, vermag ich nur zu schweigen!"

Erleichterung spüre ich, und ich merke, dass ich nicht weiter Öl in ein Gedankenfeuer schütte, welches dann unaufhörlich und resultatlos weiter brennt. Ich weigere mich, weiterhin zu antworten, mich in eine Diskussion zu begeben, welche einfach nicht die meine ist, die ich nur beginne, um irgendetwas Äußerem "zu genügen". 

Ich spüre: Wenn ich jetzt auch nur ein weiteres Wort hinzufüge, dreht sich wieder eine Endlosschleife, und irgendwann geht auch noch der Rest von Respekt und Liebe verloren, und das, worum es eigentlich ging, verschwindet im Hintergrund. 

Dabei liegt es mir nicht daran, irgendwelche "Türen zu zuschlagen", ich schweige nicht aus Trotz und Arroganz, es ist ein Selbstschutz, es ist ein Achten auf mich selbst, und wenn wieder andere Töne erklingen, dann vermag ich auch zu reden und zu schreiben. Bis dahin heißt es für mich Abwarten, Schweigen, Offensein für das was kommt, ohne sofort zu reagieren. 

Noch einmal zurück zu den Diskussionen im Netz, sei es um Gott und die Welt, sei es um die Politik im Großen und im Kleinen, sei es um diesen oder jenen Menschen der Öffentlichkekit und sein Handeln: Ich möchte da nicht weiter Energie hineingeben, ich möchte nicht weiterhin durch Namensnennung, durch Verlinken und durch Besprechen Dinge virtuell am Leben halten, zu denen ich keine Affinität habe, für die ich keine Empathie empfinde und die nicht in mein persönliches Leben gehören. Ich lasse mir meine Gedankenenergie nicht mehr rauben.

Was meine politische und weltanschauliche Einstellung betrifft, so ist sie für diejeneigen, welche mich kennen, nachvollziehbar, und für diejenigen, welche mich mögen, einsehbar und verständlich, sonst würden sie mich nicht kennen und mögen. Es gibt in mir etwas, das ist bei mir unverbrüchlich: Ich möchte nicht eine mir unüberwindbare Schwelle überschreiten und einen Menschen töten. Eher lasse ich mich selber töten. Das diskutiere ich nicht, denn das ist nicht diskutierbar. Da möge jede/r ihre/seine eigene "Meinung" zu haben, bei mir ist das keine Meinung, sondern es ist so tief im Herzenswissen verankert, dass ich nur so und nicht anders fühlen kann. 

Ansonsten: Ich stehe für Lebenslust, für gute Speisen und für das Arbeiten im Garten, für ein gutes Leben in Gemeinschaft mit Menschen, für eine Sicht auf die Welt, welche diese Erde in meinem Erdenwirken mit den mir gegebenen Mitteln etwas bewohnbarer und schöner macht. Draußen scheint gerade die Sonne und lockt mich.






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