Freitag, 28. Februar 2014

Aus: Winterernte




                      I  Weglos


Es ist kein Zweck in deiner Wanderung,
kein Sinn, kein Ziel,
kein Wissen, wohin der Weg dich führt.
Die Amsel warnt im Stadtgesträuch,
du hörst es wohl, du weißt:
"Hier bin ich fremd"  -  "Als Fremder schon erkannt"
Das alles lässt dich unberührt.
Im Herzen lebst du in einem andren Land

Nicht nur der Frost des Winters
macht die Wege hart,
es ist der graue Stein der Stadt,
als ungewisse Gegenwart.



II   Ich bin der Einsamsten einer


Ich bin der Einsamsten einer.
Wage mich in Dunkelheit und Nebelgrau.
Und während ich in Muschelkalk versteiner
verliert die Welt sich in ein Ungenau.

Ich wandere durch sterbendes Gelände,
weglos mäandern die Gedanken in mir,
ich spüre klirrende Kälte
während ich allen Sinn im Tun verlier.

Ich bin ein Erdenmensch
und nicht der kleine Prinz, die Möwe Jonathan,
all diese idealisierten Bilder
sind bei mir vertan.

Es ist so einfach, sowas hinzuschreiben,
doch ich bin lebendig, keine Idealfigur.
Um der Kälte zu begegnen
folge ich einer anderen Spur.

Ein Fahrrad für jede/n,
ein kleines Haus, einen Garten,
für mehr reicht´s doch nicht für alle.
Wie lange müssen wir denn warten?

Ich bin der Einsamsten einer
mit dieser Version der Utopie
Vielleicht möchte sie außer mir keiner.
Doch verlassen werde ich sie nie.




 
III   Mein heutiges Gebet


Es zieht eine Traurigkeit durch mein Gemüte,
die ich wortlos übergebe deiner Güte,
und wie ich wortelos dein Lauscher werde,
nicht der Sprecher, neige ich mein Haupt zur Erde.

Und wie weiße Flocken weich vom Himmel schweben,
einzuhüllen in die Zärtlichkeit das Leben,
und wie sich still die Pflanzen in die Erde neigen
ist mein Gebet heut Schweigen.

Mittwoch, 26. Februar 2014

Stumpf und Stiel

Der Stumpf: Rotblättriger Mangold

Der Winter war gnädig und sehr milde. Das hat einige Gewächse im Freiland überleben lassen, die normalerweise den hiesigen Winter nicht überstehen würden. So beispielsweise der Mangold. Auch wenn der obere Teil quasi weg gegammelt war, treibt er tapfer wieder unterhalb des Stumpfes aus. Mit einem scharfen Messer schnitt ich das Gegammel weg und puderte die entstandene große Wunde großzügig mit Urgesteinsmehl ein. Das trocknet zum einen die Wunde ab, zum anderen unterstützt es die Pflanze bei der Abwehr von Pilzinfektionen. Nun hoffe ich, dass er munter weiter wächst. Nicht unbedingt, um noch üppig Mangoldblätter zu ernten, sondern ich hoffe auf Blütenstand und später auf Saatgut aus dem eigenen Garten. 

Der Stiel: Grünkohl, abgeerntet

Grünkohl ist ja bekanntermaßen all unseren norddeutschen Wintern gewachsen, ja, er braucht sogar den Frost, um richtig wohlschmeckend zu werden. Wir hatten hier noch einiges an Grünkohl, da wir durch den milden Winter auch genügend Scherkohl zu ernten hatten. Nun begann der Grünkohl bei den frühlingshaften Temperaturen durchzutreiben, so dass wir schleunigst ernten mussten. Der größte Teil der Ernte ging in eine Bremer Volksküche, einen Rest blanchierten wir und froren ihn ein, etwas blieb noch draußen, für eine letzte Grünkohlmahlzeit im Garten.

Die schon vorher abgegernteten Kohlstrünke haben schon wieder durchgetrieben und so wächst uns die zweite Ernte heran, der wahrlich delikate Sprossenkohl. Wenn die Blütenknospen da sind, wird dieser geschnitten und in der Küche nur kurz gedünstet. Er ist zarter und leckerer als jeder Brokkoli, und ich freue mich schon darauf.

Jedoch habe ich zwei Kohlstrünke mit Tonkinstäben markiert. Es sind die beiden von den schönsten und üppigsten Pflanzen. Diese sollen nicht abgeerntet werden sondern dürfen ihre schönen rapsgelben Kreuzblüten zeigen. Später möchte ich dann Saat davon nehmen. Grünkohl lässt sich von allen Kohlarten am einfachsten weiter züchten.

Ein Gärtner in Ostfriesland begann, Grünkohlsorten zu sammeln. Ihn erstaunte nach einer Zeit des Sammelns die Vielfalt der Sorten in den alten Gärten. Es stellte sich heraus, dass früher wohl jeder Bauerngarten seine eigene Grünkohlsorte hatte. Also beginne ich in meinem Garten mit dem löblichen Werke und züchte hier auch meine eigene Sorte. Damit stelle ich mich in eine gute Tradition.

Noch ein Stumpf: Möhre

Ich wollte es einfach einmal ausprobieren, und so landete der grüne Stumpf unserer größten Möhre (Sorte "Rote Riesen") nicht auf dem Kompost sondern in einer kleinen Glasschale mit Wasser. Er trieb auch tapfer wieder aus, mittlerweile hat er sogar erste Blütenansätze, die ich jedoch noch einmal auskneifen werden, denn noch ist mir das Gewächs zu klein. Doch wird es jetzt in einen Topf mit guter Erde umgepflanzt, wobei ich die Schnittstelle wieder mit Urgesteinsmehl einstäube. Ich hoffe, dass sich daraus eine größere Pflanze entwickelt, die dann im Sommer, ausgepflanzt, in Saat gehen darf. Die gewählte Möhrensorte ist eine gute Lagermöhre, eigentlich die beste, die ich mir für eine Lagerung in einer Erdmiete vorstellen kann. 

So beginnt bei mir der langgehgte Wunsch, einen Wirtschaftskreislauf zu schließen und auch das Saatgut aus dem eigenen Garten zu gewinnen. "Ein Weg von tausend Meilen beginnt mit dem ersten Schritt" (Laotse)

Dienstag, 25. Februar 2014

Heimkehr in den Garten


Es sind recht milde Februartage, sonnig und freundlich, und die Vögel zeigen es: Das Leben kehrt in die Gärten zurück. Gestern wurde mit dem Obstbaumschnitt begonnen und auch sonst juckt es in den "Gärtnerfingern". Es überfällt mich eine tiefe Sehnsucht nach Gärten und einfachem Leben und einfacher Speise. Dass diese Sehnsucht nicht nur die meine ist, zeigen mir viele Menschen, die sich "auf den Weg gemacht haben, das einfache Leben in diesen komplizierten Zeiten zurück zu gewinnen. Doch ist diese Sehnsucht nicht nur etwas, das uns Heutige befällt. So fand ich in dem Buch "Lyrik des Ostens" ein Gedicht des chinesischen Dichters Tau Tjiàn, der in den Jahren 372 - 472 lebte, mit dem Titel "Heimkehr zum Leben in Garten und Feld", aus dem ich hier zitieren möchte. Entspricht es doch in etwa meinem Empfinden, auch wenn das vor mehr als tausend Jahren geschrieben wurde:




"Ungleich war ich als Jüngling der Menge;
In meinem Herzen liebt ich die Berge.

Irrend fiel ich in Schmutz und Verstrickung
Band mich für dreißig Jahre die Welt.

Der wandernde Vogel sehn sich heim zum Walde.
Dem Fisch im Teich bleibt unvergesslich sein See.

Gut anderthalb Morgen sind mein Besitztum,
Und unter dem Strohdach reicht mir der Raum.

Ulmen und Weiden beschatten hinten den Umgang
Pfirsiche, Pflaumen wachsen im Hof.

Verschwommen und ferne wohnen die Menschen.
Dunstig und still steht der Rauch überm Dorf.

Hunde bellen tief in langen Gassen.
Hähne krähen oben auf den Maulbeerbäumen.

Schwelle und Hof liegen in reinlicher Ordnung.
Im leeren Hause herrscht Stille und Frieden.

Lang war die Zeit in Käfig und Zwinger:
Nun fand ich wieder zurück zu mir selbst."


Übersetzung: Peter Olbricht



Sonntag, 23. Februar 2014

Grünkohl und Hirse. . .

. . . ist eine gute Kombination

Nein, das ist nicht nur Grünkohl. Wir hatten gestern damit begonnen, im Garten die ersten Beete für die Dicken Bohnen freizuräumen. Dabei kam eine "Kollateralernte" in den Kochtopf. Der milde Winter machte es möglich: Bremer Scherkohl, Rettichblätter, Senfblätter und Grünkohl.

Ich bin wohl doch kein echter Bremer, habe ich doch dieses Jahr noch kein einziges Mal Grünkohl und Pinkel gegessen, dieses massive winterliche Bremer Nationalgericht. Als Zugezogener werde ich mich wohl nie so ganz integrieren. . . Zum einen ist dieses Essen mir zu deftig mittlerweile, zum anderen ist der Grünkohl für mein Empfinden viel zu schade, um zu einem solchen Gericht verkocht zu werden.

Es geht auch anders. Einmal durfte ich für eine zwanzig Köpfe zählende Damenriege das Menue zum vorweihnachtlichen Beisammensein ausrichten. Auf die Frage "was gibt es denn?"antwortete ich zum Entsetzen aller: "Grünkohl mit Pinkel". Und wirklich, nach einem Salat aus Feldsalat, marinierter Roter Bete und Walnüssen gab es eine Grünkohlsuppe mit Lachs und Forellenkavier. Dazu reichte ich Blätterteigtaschen, in denen ich den Inhalt von mehreren Pinkelwürsten zusammen mit einer Apfel-Zwiebel-Farce, gut gewürzt mit mildem thailändischen Curry, verschwinden ließ. Um den Regionalcharakter dieses Menues zu unterstreichen, reichte ich zum Dessert Rote Grütze  -  als Sorbet aus dreierlei Früchten.

Dieses Jahr habe ich meinen Kohlwinter. Erst die zahlreichen Mahlzeiten vom üppig wachsenden Bremer Scherkohl, jetzt, nach den Frösten, den Grünkohl. Da ich in diesem Vorfrühling eine Rote-Bete-Kur mache (ich trinke jeden Tag eine Portion Rote-Bete-Saft), die als Begelitung leichte Kost verlangt, begann ich mit dem Grümkohl zu experimentieren.

Da derselbige knackefrisch von den Beeten in die Küche kommt, brauche ich ihn nicht lange kochen, er wird nach etwa zwanzig Minuten gar, auch die dickeren Blattrippen, welche ich mitkoche. Und zwanzig Minuten in etwa braucht auch die Hirse, um auszuquellen. Eine ideale Kobination.

Mit diesen beiden Grundzutaten lässt sich nun trefflich kombinieren. Wobei einiges bei mir immer wieder kehrt: Ich schneide Zwiebeln in Würfel und Knoblauch in feine Scheiben und dünste diese in einer Mischung aus Olivenöl und Butter in meinem großen emalierten Schmortopf glasig. 

An diesem Punkt kann ich schon die Weichen für den weiteren Geschmack des entstehenden Gerichtes stellen: Ich kann einen geschälten Apfel dazu geben und gemörserte Kümmel- und Korianderkörner. Dazu eine ordentliche Menge Gelbwurzelpulver (das tu ich fast immer bei, denn es färbt die Hirse so schön sommerlich). Geht es jetzt mehr in die Richtung "exotisch", dann kommen noch Rosinen und kleingeschnittene getrocknete Aprikosen dazu (Grünkohl verträgt sich gut mit Fruchtsüße!). Das alles wird unter Rühren angedünstet, schließlich kommt die gewaschene Hirse hinzu. Dann gieße ich mit heißer Brühe auf. Wenn es vegetarisch bleiben soll, nehme ich Gemüsebrühe. 

Wenn das einmal aufgewallt ist, kommt der kleingerupfte Grünkohl hinzu. Nicht zu klein gerupft, wohlgemerkt, ich möchte ihn am Schluss noch wiedererkennen. Dann brauche ich nur noch den Deckel auf den Topf tun und das Ganze circa zwanzig Minuten leise köcheln lassen. Nach dieser Zeit sollte ich auch einmal nachschauen, ob noch genügend Flüssigkeit vorhanden ist, da die Hirse sonst ansetzt.

Wenn auch die härteren Blattstiele des Kohls al dente sind, beginnt das Finale: War die Brühe nicht salzig genug, salze ich nach, dann schaue ich, was mir gerade in die Finger kommt: Apfelmus passt immer, habe ich festgestellt. Doch auch Zwetschgenmus ist nicht ohne. Ein Töpfchen Schmand kann nicht schaden. Der Schmand mildert den etwas deftigen Geschmack zusammen mit den süßen Dreingaben ab. Etwas Muskatnus kann hineingerieben werden. Ich habe auch schon geröstete Sesamkerne daruntergemischt: excellent! 

Etwas deftiger wird das Gericht, wenn ich anfangs in das anzudünstende Gemüse etwas geräucherten Speck feingewürfelt mit hinein gebe. Und dann mit dem Einweichwasser von getrockenten Steinpilzen ablösche und die eingeweichten Pilze beim Kochen dazugebe. Dazu passt dann als Gewürz eher Rosmarin, der Curry wird fortgelassen. Vielleicht kommen ein, zwei Esslöffel Hefeflocken hinzu. Und als Brühe zum Auffüllen Rinderbrühe. 

Es kann jedoch auch gewürfelter Kürbis dazugegeben werden, Hokkaidokürbis, der ist nach der Kochzeit auch weich und sämig. Da ließe sich dann Tomatenmark hinzufügen und wieder Apfelmus. 

Wie das am Ende auch ausfallen wird: Hirse und Grünkohl sind eine gute Kombination und ich esse es mir (noch) nicht über.