Samstag, 31. März 2012

Das Karussell





Das Karussell,
das dreht sich schnell.
Es verleiht dir Flügelchen.

Wenn du dir die Hände reibst,
was siehst du dann?
Genau: Kleine schwarze Kügelchen.


Donnerstag, 29. März 2012

Aus dem Tierleben

Die kleinen Reimereien und Ungereimtheiten unter dem Titel „Aus dem Tierleben“ fanden sich das erste Mal in einer unserer Textrevuen. Nicht zuletzt durch das Auftauchen in einem Internetforum hat das „Aus dem Tierleben“, diese Arche des Ungewöhnlichen bis Albernen ein (un)heimliches Eigenleben begonnen.

Mit einem Male zeigte sich in unserem Zoo ein Wimmeln, von überall her kamen Viecher gekrochen, gehüpft, gesprungen, gekrabbelt, geflogen. So entschlossen wir uns, eine eigene „tierische“ Textrevue herauszugeben. Hier sind einige Gedichte daraus. Viel Spaß.

Dingefinder & Sohn
 
Eine Schnecke und ein Schneckerich,
die liebten sich ganz inniglich.
Oder waren es Schneckerich und Schnecke?
So richtig wussten sie das nicht. . .

Als Zwitterwesen gerieten sie in Streit,
wer den nun Schnecke und wer -erich wäre. . .
und tragisch endet die Geschicht,
die Liebe lief ins Leere. . .




Ein Regenwurm
ließ sich in echter Eigenliebe
zweiteilen.
Nun kann er voller Liebesglück
bei sich selbst
verweilen.

. . . und wenn er sich vierteilen tut, der Bub,
reichts gleich für ´nen ganzen Swingerclub. . .




Ein Maulwurf,
der kein Maul mehr wirft
und nicht nach tief´ren
Dingen schürft,
der hat,
das sei hier nicht verhehlt,
ganz einfach
seinen Job verfehlt.

Die Blaumeise,
diese Schlaumeise,
sagt dazu nur:
Tieferschürfen
ist wider
meiner Natur!





Mittwoch, 28. März 2012

Reflexionen auf einem Frühlingsspaziergang


                         



              Ich bin so wohlig satt von Dir.
              Sie ist so heilig,
              diese Stimmung,
              die durch meinen Körper strömt.

              Der Tag vergeht
              in milder Euphorie.
              Was ihn, was mich bewegt,
              sind Echos Deiner Küsse auf der Haut.
              Ich fühl mich innen warm.
              In mir mit Dir vertraut.

              Wir werden leben!
              Und dabei lebendig sein!
              Ich bin so glücklich,
              dass ich da bin.
              Nicht da oder da.

              Ich bin so glücklich,
              dass ich hier bin.
              Hier da.
              Dir nah.

Dienstag, 27. März 2012

Beltaneblüten-Salat


Beltaneblüten-Salat

Ein Salat, der im Frühjahr gut beim Gedichtelesen zu essen ist.

Es werden pro Person zwei gute Handvoll Beltaneblüten gesammelt, das sind die weiblichen Blüten der Salweide. Die Blüten sollten nicht zu groß sein, ca. zwei bis drei Zentimeter lang, und schön grün. Auch sollte man die Blüten vorher verköstigen. Je nach Standort kann der Geschmack sehr unterschiedlich ausfallen. Von lieblich und etwas süßlich (wie die auf dem Foto, die zudem auch sehr saftig und so angenehm auf der Zunge waren, dass selbst mein elfjähriger Sohn sie aß) bis hin zu herb und eher bitter, und von faseriger Konsistenz. Auf den Marschböden rund um meine Parzelle habe ich eher die saftige Variante, Bekannte von mir in der Geest waren von diesem Tipp gar nicht so begeistert.

Dann wird eine Vinaigrette angerichtet aus einem guten Apfelbalsamico-Essig und einem guten Walnussöl. Eine fein gewürfelte Schalotte kann dazu gegeben werden. Die Blüten gut mit dem Dressing vermischen und trocken geröstete Pinienkerne dazugeben.

 

Beltane



Beltane,
Deine Weidenblüten blühn.
Grüne Frauenblüten glühn
am Ufer in den Zweigen.

Beltane,
das Frühjahr kehrt ein.
Deine holde Jahreszeit beginnt.
Die Säfte beginnen zu steigen.

Montag, 26. März 2012

Tee der Landschaft und der Jahreszeiten

Ein echter Jahrestee für den täglichen Gebrauch ist ein Kräutertee der Landschaft und der Jahreszeiten. Die Sammelzeit beginnt im März mit den ersten Veilchenblüten und endet im Oktober mit Eschenfrüchten und getrockneten Weißdornbeeren. Außerdem ist die Herstellung mit einer morgendlichen Meditation verbunden: Dem Morgenspaziergang.

Ich durchstreife die Landschaft am frühen Morgen, einfach, um den beginnenden Tag zu genießen. Je nach Witterung und Laune fällt dieser Spaziergang kürzer oder länger aus, an manchen Tagen wird sogar eine ausgedehnte Vormittagswanderung daraus. Es gibt bestimmte Orte, die ich häufiger ansteuere, zum Beispiel im Juli trifft man mich des morgens fast immer an einer Kartoffelrosenhecke, wo ich Blütenblätter für ein Gelee sammle. Der Rückweg führt mich dann einem Klarapfelbaum vorbei, wo ich für das erste Frühstück die in der Nacht vom Baum gefallenen Äpfel aufhebe.

Manchmal fällt der Morgenspaziergang auch sehr gezielt aus, wenn beispielsweise die Bachminze in der Teemischung wieder rar ist, oder das Mädesüß. Denn von jeder dieser kleinen oder großen Morgenwanderungen bringe ich etwas für meinen Landschaftstee mit: Mal ist es ein Büschel Johanniskraut, dann habe ich an einer Ruderalstelle Mutterkraut, Sonnenblumen und Ringelblumen gefunden. Von den Sonnenblumen nehme ich die gelben Strahlenblüten. Oder an einem Feldwegrand besonders schöne, rosa- bis tiefrosa blühende Schafgarbe.

All diese Mitbringsel werden schonend getrocknet und kommen in eine große, mit Pergamentpapier ausgekleidete Blechdose. Dazu gesellen sich noch getrocknete Gartenkräuter wie Melisse, Lavendel und Rosenblüten.

Das Foto zeigt eine Ringelblumenblüte, deren Blütenblätter den Tee farblich auffrischen, und wurde von Frederike Herrlich gemacht.  http://www.playtime-activities.de/website/


Samstag, 24. März 2012

Die ersten Märzveilchen

Gerade heute noch berichtet, was ich machen würde, wenn ich Märzveilchen finden würde, und schon stolperte ich fast über welche bei meinem Rundgang durch unser Parzellengebiet. So ein Dingefinder wie ich belässt es nicht dabei, sich über den Anblick zu erfreuen, sondern ich habe gleich kulinarische Hintergedanken. Dafür habe ich immer eine saubere Stofftasche im Rucksack, in die ich die duftenden Blüten füllen kann. Zuhause dann befreie ich die Blüten von ihrem grünen Kelch. Das hört sich mühselig an, aber es geht. Schließlich wohne ich ja im Lande der Krabbenpuhler. Wir sind Geduldspiele gewohnt.  Die Blüten kommen dann sofort in ein Glas- oder Porzellangefäß und werden eingezuckert. Das kann lange stehen und es kann jeden Tag die frische Ernte zugeführt werden und wieder eingezuckert. Wenn genügend beisammen ist, kann ich das ganze in so einer altmodischen elektrischen Kaffeemühle zu Veilchenpuderzucker vermahlen, mit dem ich Süßspeisen aromatisiere. Wichtig ist dabei halt, die grünen Kelchblätter zu entfernen.

Bei mir gibt es auch Lavendelzucker und von den (Bio-)Zitronen, von denen ich nur den Saft brauche schneide ich vorher mit einem Zestenschneider Streifen von der Schale und zucker die ein. 


Und noch ein Tipp: Wenn ich verschieden aromatisierte Zucker vermahle, dann kommt nach jeder Charge ein Reinigungsgang: Es wird zwei- dreimal Milchreis zu Mehl vermahlen, und schon sind alle Fremdaromen verschwunden. 

Nützliche Dinge für die Gartenarbeit

Jetzt hat die Gartensaison wieder mit Macht begonnen. Gestern war es hier im Parzellengebiet ganz deutlich zu sehen: Am Nachmittag, nach Feierabend noch anschwellend, belebten sich eins ums andere die Gärten. Mein Gartennachbar begann mit Möhren säen, dabei waren Ihm einige Erdbeerpflanzen im Wege, welche wir uns holen durften.

Ich selber kramte meine Gartenwerkzeuge wieder an das Sonnenlicht. Die Werkzeuge sind ein wichtiger Bestandteil der Freude im Garten. Mit gutem Werkzeug und guten Materialien macht das Werkeln Spass. Ich möchte in diesem Blog einiges von meinen liebsten Gebrauchsgegenständen vorstellen. Als erstes seien die scharfen Sachen genannt, die immer "am Mann" sind, wenn es in den Garten geht. Da ist einmal das unentbehrliche Gärtnermesser. Ich bevorzuge eine leichte Hippe mit leicht geschwungenem Blatt. Dass das Messer immer scharf ist, versteht sich von selbst. Ich erinnere mich noch, wie wir Lehrlinge (ja, ich habe noch zu einer Zeit Gärtner gelernt, als das noch nicht "Auszubildenede" hieß), lernten, unsere Messer zu schärfen.

Es gab häufig bei uns des morgens Messerappell, und wehe, wer sein Messer nicht dabei hatte. Oh, was konnte mein Meister böse gucken. Den nächsten bösen Blick erntete man, wenn das Messer nicht scharf war. Zugute halten kann ich meinem Meister, dass er mit unendlicher Geduld uns das Schärfen von Messern lehrte, meistens am "Belgischem Brocken", einem zweiseitigen Schleifstein, mit einer gröberen und einer feineren Seite, der immer in der Gärtnerei in einem Gefäß mit Wasser lag, da er zum Schärfen feucht sein musste. Oder auch die Schärfvariante am Leder beziehungsweise am Ledergürtel. Was hab ich oft Blut und Wasser geschwitzt, weil das verdammte Ding immer stumpfer statt schärfer wurde, weil ich mal wieder den richtigen Schleifwinkel nicht getroffen hatte. Wie gesagt, da bewies unser Meister eine Engelsgeduld, und wir hatten zum Glück alle Zeit der Welt, um das Schärfen richtig zu lernen. Scharf wurden unsere Stecklingsmesser dann genannt, wenn man damit die feinen Härchen auch dem Oberarm rasieren konnte. Das war immer der Abschlusstest. Später hörte ich von Japanischen Zimmerleuten, die im ersten Lehrjahr nichts anderes lernen, als Hobel etc. zu schärfen. Ob das eine Legende oder die Wahrheit ist, weiß ich nicht, aber vorstellen kann ich es mir.

Meine Hippe besitze ich jetzt zwanzig jahre, ihr Heft ist aus Nussbaumholz und fühlt sich immer warm in der Hand an. Mit der Zeit verwächst man mit seinem Werkzeug, man nimmt es förmlich mit in seine Aura, es wird zu einer Art "Körperteil". Ich weiß von alten Gärtnern, die sich an ihr Gartenmesser eine neue Schneide anbringen ließen, wenn die alte vom vielen Schleifen abgewetzt war.

Die zweite wichtige scharfe Sache ist die Rosen- oder Gartenschere. Hier macht mich jeder Spielkram aus dem Baumarkt rappelig. Auch wenn ich nicht dafür gesponsert werde, mache ich hier einmal Werbung für eine Marke. Das ist die Schweizer Firma Felco, welche unbestritten die besten Rosenscheren herstellt. Ich kenne keinen Baumschuler, der etwas auf sich hält, der nicht eine "Felco" hätte. Die sind dann zwar zwanzig mal so teuer wie die Dinger vom Grabbeltisch, halten dafür auch ewig. Auch meine Rosenschere begleitet mich schon über zwanzig Jahre. Selbstverständlich ist die Schneide auch hie rimmer scharf, und die Feder immer geölt. 

Das kleine Scherenmodell auf dem Bild ist eine Floristinnenschere, die ich meinem Sohn schenkte, als er drei Jahre alt war. Auch sie ist immer geschliffen, und mein Sohn hat von Anfang an einen großen Respekt vor ihr. Das Scherenschleifen war immer eine der beliebtesten Arbeiten der Kinder in meinen Schulgartenprojekten. Wir setzten unseren Ehrgeiz darein, dass man mit den Rosenscheren Papier und Fingernägel schneiden konnte. Ich habe es denn auch nie erlebt, dass die Kinder anders als vorsichtig mit den Werkzeugen umgingen. Schließlich lernten sie so früh mit Werkzeugen umzugehen und Beerenobst fachgerecht zu schneiden.

Freitag, 23. März 2012

Aktion FindeKunst: Ein neuer Standort

Noch einmal kurz zum Geschehen: An verschiedenen Orten in Bremen, besonders aber am Amtsgericht in der Innenstadt, tauchen sporadisch kleine gerahmte Reimwerke auf.Wer eines der Werke findet und mitnehmen möchte: Dieses sei gestattet. Da die Rahmen, welche die Werke einfassen, gefunden wurden, ist ihre Anzahl begrenzt. Also: Wer an den KunstFundorten leere Rahmen hinterlässt, kann davon ausgehen, dass diese in kürzester Zeit gefüllt wieder auftauchen.

Wenn andere Künstlerinnen und Künstler Werke dazu stellen, wäre es mir eine große Ehre. Auf dass sich die Galerie Dingefind am Amtsgericht füllt.

Nun habe ich anlässlich meines Geburtstages was wohl geschenkt bekommen? Richtig: Eine Rahmenkollektion. so dass ich mich in der beneidenswerten Lage befinde, genügend Rahmen zu besitzen, um auch einen zweiten Standort zu bedienen. Den habe ich gefunden: Wieder eine nette Hauswand mit wundervollen Nischen und Vorsprüngen. Das ist sie: 

Frage nun an alle Bremer und Butenbremer: Wo ist sie? Wieder einmal gibt es für die erste richtige Einsendung eine von Dingefinders wundervollen Literarischen Wundertüten. Wieder einmal ist der Ausweg rechtsgeschlossen.



Dienstag, 20. März 2012

Frühlingsbeginn

Dingefinder & Sohn: Die Klingenden Berge




               Auf Anfang


Wenn hinter den Bergen die Sehnsüchte schweigen
   und sich vor dir das weite Meer sonnensatt
      von Horizont zu Horizonte dehnt,
als ein Spiegel die blauen Himmel trinkend,

und du, von langer Reise ermattet,
   vor den Blüten der großen Mutter kniest,
      deine Seele ganz Auge,
schauend das liebliche Gelb des Scharbocks,

und du, von langer Reise ermattet,
   den seligen Morgen begrüßt,
      deine Seele ganz Ohr,
lauschend dem Frühlingsliede der Amsel,

und du, von langer Reise ermattet,
   die Hände in den Staub senkst, dass er Erde werde,
      deine Seele ganz tastende Hand,
mit zärtlicher Leichtigkeit den Spuren der Zeit folgend,

und du, von langer Reise ermattet,
   das erste zarte Grün umarmst wie einen lange vermissten Freund,
      deine Seele ganz lüsterne Nase,
zwischen allen Mauern Blütendüften folgend,

und du, von langer Reise ermattet,
   einen dunkelrot funkelnden Wein im Glase,
      deine Seele ganz Zunge,
erspürend die trockenen Hügel der Weinstöcke,

und die langen Wellen des Atems der großen Mutter um dich
   und deine Wellen schwingen sich ein
      und erstaunt lauscht Du den Melodien,
die aus deinem Munde kommen. . .


Die Tage meiner Sehnsucht sind gezählt!


Mittwoch, 14. März 2012

Wenn alle Sterne leuchten. . .






Wenn alle Sterne leuchten,
und Dich Staunen, Wundern, Freude
bindet,
die Seele
unter Himmelslichtern
geheimes Wissen wiederfindet,
wenn neue Pfade
beginnen
sich
in neue Lande
auszuweiten,
dann trägt der Wind
Dir Worte zu:
Dies alles ist,
dies alles eins,
dies alles Du.


Dienstag, 13. März 2012

Aktion FindeKunst: Winterpause beendet

Noch einmal kurz zum Geschehen: An verschiedenen Orten in Bremen, besonders aber am Amtsgericht in der Innenstadt, tauchen sporadisch kleine gerahmte Reimwerke auf.Wer eines der Werke findet und mitnehmen möchte: Dieses sei gestattet. Da die Rahmen, welche die Werke einfassen, gefunden wurden, ist ihre Anzahl begrenzt. Also: Wer an den KunstFundorten leere Rahmen hinterlässt, kann davon ausgehen, dass diese in kürzester Zeit gefüllt wieder auftauchen.

Wenn andere Künstlerinnen und Künstler Werke dazu stellen, wäre es mir eine große Ehre. Auf dass sich die Galerie Dingefind am Amtsgericht füllt.

Da jetzt die kalte Jahreszeit endgültig vorüber ist, und es den Menschen wieder leichter fällt zu verweilen, erwachte auch in mir der Drang, die Galerie Dingefind am Bremer Amtsgericht wieder zu bedienen. Dieses löbliche Unterfangen wurde durch eine Rahmenspende unterstützt, so dass ich in der Lage bin, wieder für einige Zeit ohne Sorge um Nachschub Menschen zu erheitern und zum Nachsinnen zu bringen.


Selbstverständlich freue ich mich über weitere Zusendung von Rahmen!










               Sicht-Weise



Es liegt an einem „n“ weniger oder mehr,
Ob du „Traurige“ oder „Trauringe“ liest.
Oft kommt es von innen her,
Ob du die Welt traurig oder glücklich siehst.

An manchen Tagen sind die Bürgersteige
Voller Haufen Hundekacke.
Erste Blüten spiel´n die zweite Geige.
Du fühlst nur deine Zahnwehbacke.

Der Himmel reicht feucht und grau bis an die Erde.
Es gibt Tage, die für gar nichts taugen.
Du fluchst leise: „Merde!“ „Merde!“
Doch mit einem Mal schaust du in Kinderaugen.




Montag, 12. März 2012

Das erste Grün




Jetzt beginnt wieder die schöne Zeit des Sammelns. Es lässt sich endlich das erste Grünzeug finden, auf das so lange gewartet wurde. Während im Garten der Feldsalat abegeerntet ist und der Grünkohl nur noch ein paar Strünke aufweist, die sich zum Sprossenkohl auswachsen, was aber noch bis zum April dauert, wird die "Grünkramlücke" mit wildem Zeug geschlossen. Das erste, was sich hier jedes Jahr zeigt, ist das Scharbockskraut. Die kleinen, runden Blättchen sind zwar etwas mühsam zu ernten, doch es lohnt sich, denn sie haben einen angenehmen, leicht scharfen Geschmack. Die Blätter vom Scharbockskraut sollten geerntet werden, bevor die hübschen gelben Blüten auftauchen, da sich dann der Gehalt an Giftstoffen, die Pflanze ist ein Anemonengewächs, erhöht. Auf dem Bild sieht man unten schon die erste Blütenknospe erscheinen. Auch wächst das Scharbockskraut hier in schöner Mischkultur mit dem Giersch, der zwischen den dunkleren runden Blättern auftaucht. Während sich das erstgenannte nach dem Blühen komplett zurückzieht und als Knöllchen (die übrigens auch essbar sein sollen) "übersommert", beginnt der Giersch gerade mit seinem überschwänglichen Wachstum.

Er durchzieht mit seinen weißen Wurzelwürmern ganze Areale und gilt bei den Gärtnern als "unausrottbar", besonders wenn er sich erst einmal in Staudenpflanzungen festgesetzt hat. Auch wenn er im Mittelalter noch als ergiebiges Grüngemüse angebaut wurde, ist er heute meist weniger gerne gesehen. Ich selber toleriere ihn jedoch unter eingewachsenen Gehölzen als pflegeleichten Bodendecker, da ich seine würzigen Blätter gerne für Suppen und als Gierschpesto verwende. Dafür nehme ich nur die kleinen, zartgrünen Blätter, deshalb mähe ich meine Gierschbestände regelmäßig mit der Sichel. So wächst er immer wieder frischgrün nach.




Dritter im Bunde des frühen Grünkrams ist der Wiesenkerbel. Den kann man jetzt gut sammeln, da er sehr ergiebig ist. Mit unserem Gartenkerbel hat er zwar verwandschaftlich zu tun, jedoch geschmacklich leider nicht. Er schmeckt einfach nur "grün". Für die "Grünen Smoothies", Obst- und Gemüsemixgetränke mit Grünzeug, reicht er allemal, besonders da er häufig und in Mengen wächst. Den Wiesenkerbel sollten die Kräutersammlerinnen und -sammler gut kennen, dass sie ihn nicht mit anderen, giftigen, Doldenblütern verwechseln. Außerdem sollte der Sammelort gut ausgewählt werden, da er besonders üppig auf kräftig, sprich mit Gülle, gedüngten Wiesen wächst.

Selbstverständlich gibt es noch anderes Grünes, welches in dieser Zeit aus dem Boden kommt, Brennesseln, Gundermann, Löwenzahn, Gänseblümchen, Bärlauch. Letztgenannter wächst hier nur in den Parks, und da lasse ich ihn in Ruhe, einmal, da er angebaut wurde, und zum anderen, da mir dort zu viele Hunde sind. Die anderen beginnen bei uns gerade mit dem Wachstum, während die drei hier vorgestellten Kräuter ich jetzt schon ohne Mühe in meinem Garten und seiner Umgebung sammeln kann.



An dieser Stelle sei noch erwähnt, dass, wenn ich Tipps zum Sammeln von Heilpflanzen und Pilzen hier einstelle, diese nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert sind, sie aber nur als Anregung dienen sollen, und dass ich keine Haftung übernehme für eventuell auftretende gesundheitliche Schäden. Doch eigentlich versteht sich das von selbst. . .


Wolkenohren


Wolkenohrpilze. . .

. . . was für ein Name. Ohren, die im Himmel den Wolken lauschen. . . Wolken, die sich aus Pilzen zu Ohren formen. . . Pilzohrwolken. . .

Um Mein Avalon herum wächst viel Holunder, und wenn ich im Winter Holundersträucher und -heister sehe, bekommen meine Augen den Sucherblick, besonders, wenn die Äste der Pflanzen alt und brüchig sind.

Der Sucherblick wurde mir in meiner Kindheit anrtainiert. Jeden Sommer ging es mit Eltern, Großeltern, Tanten, Onkeln und Geschwistern „in die Pilze“. So lernte ich die Essbaren von Giftigen zu unterscheiden, und die Augen wurden darin geschult, die Umgebung auf ihre Möglichkeit des Pilzwachstums hin anzuschauen. Zum Beispiel, wenn der Unterwuchs im Walde wechselte, wenn etwa dieses feine, dunkelgrüne Gras, moosdurchsetzt, unter Kiefernstämmen auftauchte. Noch bevor ich es bewusst registrierte, hielt ich schon nach Maronenröhrlingen ausschau.

Genauso ist es, wenn ich im Winter die kahlen Holunderäste betrachte. Augenblicklich sucht mein Auge die Stämme ab nach Wolkenohrpilzen. Im Deutschen heißen sie Judasohren, aber das klingt mir irgendwie obszön. Der himmlischere Name kommt aus dem Chinesischen. Sie heißen auch Mu-Err und es sind die gleichen, die als glibberige schwarze Stücke in den chinesischen Suppen herumschwimmen. Zu kaufen gibt es sie als Chinesische Morcheln getrocknet in Feinkostgeschäften. 

Dieser Pilz lässt sich bei uns auch im Winter finden. Er wächst bevorzugt an altem Holunderholz und ist unverwechselbar. Die meisten Exemplare, welche im Winter zu sammeln sind, sind sozusagen am Stamm gefriergetrocknet, sie sind schwarz und brüchig, wie die getrockenten aus dem Laden. Doch gibt es an milden Tagen auch immer wieder frische Pilze zu finden, mit der knorpeligen Konsistenz der chinesischen Suppenpilze. Ich verwende sie sowohl frisch als auch getrocknet. Ihr Geruch und Geschmack ist mild mit leichtem Pilzaroma.

Wie so viele Baumpilze haben auch die Wolkenohrpilze einen hohen gesundheitlichen Wert. In der Chinesischen Medizin sind die Pilze hinsichtlich ihrer gesundheitlichen Bedeutung viel mehr im Blickpunkt als bei uns. Als nachgewiesener Inhaltsstoff sei hier das Vitamin B 1 genannt. Auch ist der Pilz reich an Mineralstoffen.

Da es für einen Dingefinder im Winter verhältnismäßig wenig zu finden gibt, freue ich mich über die Auswahl an Winterpilzen, die mich meiner Leidenschaft auch in dieser Jahreszeit fröhnen lassen, Stockschwämmchen, Austernseitlinge, die ich auch schon in der Waller Feldmark fand und eben Wolkenohrpilze. 

An dieser Stelle sei noch erwähnt, dass, wenn ich Tipps zum Sammeln von Heilpflanzen und Pilzen hier einstelle, diese nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert sind, sie aber nur als Anregung dienen sollen, und dass ich keine Haftung übernehme für eventuell auftretende gesundheitliche Schäden. Doch eigentlich versteht sich das von selbst. . .


Sonntag, 11. März 2012

Aus Dingefinders Literarischer Wundertüte

Taschengedichte

Die Taschengedichte sind entstanden aus den Dingzetteln, kleine kryptische Papierchen, die ich auf meinen Wanderungen fand und die ich mir in Reimform übersetzte. Diese und andere Reime finden sich jetzt auf den Kärtchen mit den Taschengedichten wieder. Taschengedichte heißen sie, da sie als kleine gedruckte Erinnerung, dass es noch eine andere Welt gibt, in jeder Geldbörse mitgenommen werden können. Wie Kredit-  und Visitenkarten nehmen sie kaum Platz weg. Anders aber als die ersten beiden, nimmt man sie jederzeit gern zur Hand. Mittlerweile gibt es 99 leichtfüßige Texte, und es werden fast täglich mehr.

Sie können die Taschengedichte selbstverständlich auch als ihr tägliches Handorakel nutzen, daher habe ich auch immer Kärtchen mit Bildern von gefundenen Dingen und ähnliches beigelegt. Anders als beim Tarot, wo die Deutungen durch Jahrhunderte langen Gebrauch vorgegeben sind, brauchen sie bei den Taschengedichten und Dingefinderbildchen nur schauen, lesen, staunen, und die Deutung oder Antwort auf eine gestellte Frage ergibt sich von selbst. 
 
Zu Ende ist die Zeit auf Wolke sieben.
Es kommt die achte Wolke
angeschwebt.
Ein jedes Wölkchen lässt sich lieben,
und wer jedes Wölkchen liebt, der lebt.




Sich von Herz zu Herz erreichen ist
Ursprung der Menschenwesen,
und wenn ihr voneinander wisst,
dann könnt ihr vertraut genesen.
 
Heute habe ich den Mut.
Ich schaue mich im Spiegel an
und sage mir sodann:
Ich bin gut!

Ich lebe – lebe! – einfach nur!
Das aber pur!



 
Ein Bauer hatte ein Feld bestellt,
so tausend mal tausend Meter.
Der Spediteur sagte:
Das passt in kein Auto der Welt.
Ich liefere vielleicht später.




 
Eines kannst du ganz vergessen:
Im Übermaß mit Maßen messen,
und des Weit´ren lässt sich streichen
dieses ewige Vergleichen.

Hast du all das ausgestrichen,
bist du so unvergleichlich
ausgeglichen.










  

Samstag, 10. März 2012

Wenn Du mir sagst. . .

Sylvia Christina Händel: AhninnenTafel (Ausschnitt)

 


Wenn Du mir sagst,
ich solle Deine Welt schauen,
Göttin.

Wenn Du mir sagst,
ich solle nicht mehr trauern,
Göttin.

Wenn Du mir sagst,
ich soll Dir keine
steinern kalten Tempel bauen,
Göttin.

Wenn Du mir sagst,
ich solle meinem Stern vertrauen,
Göttin.

Dann werde ich es tun
und nicht zurückschauen,
Göttin.




Sylvia Christina Händel, AhninnenTafel (Ausschnitt) Mit freundlicher Genehmigung



Freitag, 9. März 2012

Aus dem Tierleben


Die kleinen Reimereien und Ungereimtheiten unter dem Titel „Aus dem Tierleben“ fanden sich das erste Mal in einer unserer Textrevuen. Nicht zuletzt durch das Auftauchen in einem Internetforum hat das „Aus dem Tierleben“, diese Arche des Ungewöhnlichen bis Albernen ein (un)heimliches Eigenleben begonnen.

Mit einem Male zeigte sich in unserem Zoo ein Wimmeln, von überall her kamen Viecher gekrochen, gehüpft, gesprungen, gekrabbelt, geflogen. So entschlossen wir uns, eine eigene „tierische“ Textrevue herauszugeben. Hier sind einige Gedichte daraus. Viel Spaß.

                                                                                      Dingefinder & Sohn
 
 
Elsa,
die Kuhfladenfliege,
macht vor jedem Pferdeappel
die Biege.
Und Hasenköddel, eieiei,
sind ihr gänzlich einerlei.

Sonntags jedoch
sieht man sie schmausend
auf den feinen Tellern
der oberen Zehntausend.




 
Dem Besitzer von einem
Salzwasseraquarium,
den trieb es eines morgens
ganz schön um.
Er war völlig benommen.
Er hatte bei E-bay
ein Seepferdchen bestellt
und ein Nilpferd bekommen.




 
Ein Specht, der trommelte so vor sich hin,
auf einem morschen Baumast.

Taketina tamtam

Das störte seine Nachbarin,
der waren die Synkopen verhasst.

Taketina tamtam

Die wünschte sich ganz ungefragt
Dreivierteltakt.

Tam ta ta tam ta ta tam

Doch der Specht, der sagte sich,
was ich nicht will, das kann ich nicht.

Taketina tamtam

Da hat er recht,
der Specht.



Donnerstag, 8. März 2012

Ein Fahrradklingeldeckelxylophon

Fahrradklingeldeckelxylophon, das  Der Gemeine Bremer Radfahrer ist so mit dem gemeinen Bremer Radfahren beschäftigt, dass er nicht einmal das spontane Sichlösen seines Fahrradklingeldeckels und dessen Aufschlagen auf den Gehwegplatten hört (pingpadaping pada pingpingping) Diese Dissoziation ermöglicht es dem Dingefinder genügend Fahrradklingeldeckel einzusammeln, um daraus ein mehrstimmiges Idiophon zu bauen, ohne dem Drang nachgehen zu müssen, sich einfach Fahrradklingeldeckel von rastenden Drahteseln zu schrauben.

Laut einschlägiger Literatur wird ein Fahrradklingeldeckelxylophon mit Vorbohrern mittlerer Größe (für die Klingeling-Glockentöne) oder mit hölzernen Esstäbchen (für die weicheren Klänge) angeschlagen. Es gibt einie gewisse Ähnlichkeit im Instrumentalsound mit dem präparierten Klavier eines John Cage.

Eingesetzt wird das Fahrradklingeldeckelxylophon vordringlich bei den Textrevuen des Dingefinders. So auch wieder am 31. 3. dieses Jahres bei der Frühjahrstextrevue "Auf Anfang" im Atelier Laubenpiep in Bremen.

http://www.dingefinder.de/termine.html 

 

Mittwoch, 7. März 2012

Ein Märzmorgen im Garten


Ein Garten Anfang März, kurz vor dem Frühjahrsputz, und noch ohne Grün, das ist, mit nüchternen Augen betrachtet, nicht unbedingt ein erhebender Anblick. Zwar gibt es da noch die Augen der Liebe, die, noch verklärt von den inneren Bildern des vergangenen Gartenjahres die Clematis sehen, die Hortensie (die dieses Jahr hoffentlich nicht wieder bis auf den Boden heruntergefroren ist), die schon die ersten Spitzen der blauen Schwertlilien voll Vorfreude erblicken, doch wenn dann wieder so auf den Garten geschaut wird, als käme man selber von außen und sähe ihn das erste Mal. . .  siehe oben.

Doch jetzt beginnt das Gärtnerjahr, der Tag schickt sich an, sonnig zu werden, was die Vögel freudig begrüßen, und da fühle ich, wie richtig es war, mal wieder im Klein Häuschen "auf Parzelle" zu übernachten. So bin ich wieder mehr mit dem Garten vereint, kann sofort nach dem Aufstehen meinen Gartenrundgang tätigen (und der Garten genießt das tägliche Betrachten, allein dadurch lebt er auf. Und der Gärtner auch), und die Augen wieder auf "Liebe" schalten, und sehen: Da, die Knospen der Felsenbirne schwellen schon, und da: wo kommt dieses Büschel Schneeglöckchen her?, und, ja, an diesem Apfelbaum muss noch etwas ausgeschnitten werden. . .

Wie schön auch, dass es moderne Technik gibt, die es ermöglicht, einiges von dem schriftlichen Kram hier direkt zu erledigen, und eine Mail und auch diesen kleinen Bericht drahtlos in die Welt zu schicken, um sich dann wieder, sei es um das Sitzfleisch zu entlasten, sei es um den Kopf für neue Gedanken frei zu bekommen, sich draußen körperlich zu betätigen. Zu tun gibts da immer was. . .

Ich bin einmal vor Jahren, in meinem "letzten Leben", als ich unter anderem noch Existenzgründerseminare gab, in einem dieser Seminare gefragt worden, was ich wohl für meine "Geschäftsidee" benötige. Zum Erstaunen der Fragerin antwortete ich ohne eine Sekunde nachzudenken: "Eine Parzelle mit Laptop". Wie schön, wenn im Leben sich einmal Wünsche erfüllen. In diesem Sinne wünsche ich allen einen schönen Vorfrühlingstag!

Jörg Krüger aus "Meinem Avalon"

Dienstag, 6. März 2012

Ich bin kein Held in diesem Leben



Ich bin kein Held in diesem Leben

Ich bin kein Held in diesem Leben.
Ich trage Sternenstaub als Souvenir.
Manche Stelle ist vergeben.
Ich bin schon lange hier.

Sich all die großen Worte einzuscannen,
um mitzureden von den großen Dingen dieser Welt,
um all die Täter zu benennen,
das liegt mir nicht, ich bin kein Held.

Der kleine Laden an der Ecke ist längst pleite.
„Wirtschaftskrise“ nennt sich das.
Wer da noch was Verstand hat, sucht das Weite.
Und findet es vielleicht. Das wär doch was.

Die Zeit der Zärtlichkeit ist längst zu Ende.
Ein rauher Wind ists, der um Ecken weht.
Es ist, als wenn der Mond am Firmament verschwände,
und Dunkelheit sich leise über alle Stätten legt.

Wenn das Neue nur das Alte wäre,
das wäre wunderbar bequem.
Doch das Leichte ist gewiss das Schwere,
und zu verharren, das bleibt angenehm.

Gehalten werden wollen wir doch alle. Es lohnt,
dafür so viel wie möglich loszulassen,
       auch wenn die Taschen gut gefüllt mit Schätzen sind.
Auch wenn wir uns manchmal dafür hassen,
es gibt Zeiten, da wären wir gerne wieder Kind.

Es ist dann, als ob sich eine unsichtbare Hand
auf deinen Scheitel legt,
sie ruht dort warm und unverwandt,
und du stehst staunend herzbewegt.

Ich bin kein Held in diesem Leben.
Und doch bin ich kein Untertan.
Man kann gemütlich am Entsetzen kleben.
Man kann. "Man". . .

Montag, 5. März 2012

Mythen. . . oder nicht jede Geschichte ist eine schöne Geschichte.


Stellen Sie sich einmal vor, Sie läsen folgende Geschichte eines morgens in ihrer Tageszeitung: Im Staate X auf Kontinent Y ist aus welchen Gründen auch immer ein „Bürgerkrieg“ „ausgebrochen“. Zwei feindliche Heerhaufen stehen sich gegenüber. Kurz vor Beginn des Gemetzels bietet einer der beiden Heerführer, um zuviel sinnloses Blutvergießen zu vermeiden, folgenden deal an: Jede Partei solle ihren stärksten Kämpfer benennen und in den Ring schicken, und diese beiden sollen nun, stellvertretend für alle, um den Sieg kämpfen.

Die Gegenpartei geht auf den deal ein. Die Partei des Kompromiss-Anbieters schickt ihren starken Mann mit dem Namen Goliath ins Rennen. Vielleicht ein unsympathischer, muskelbepackter, grobschlächtiger und brutaler Prahlhans, vielleicht auch ein sympathisches, unbesiegtes Großmaul a la Muhammad Ali. Auf jeden Fall sehr siegesgewiss und dementsprechend selbstbewusst.

Die andere Partei hat dem nichts entgegenzusetzen. Sei es, dass da wirklich kein adäquater Gegner zu finden ist, sei es, dass sich niemand traut, an dieser verantwortungsvollen Stelle zu kämpfen. Während die internen Verhandlungen noch andauern, springt ein Kindersoldat mit seiner Kalaschnikow hervor und ballert Goliath ab. Während die anderen Soldaten der Kompromissanbieter noch völlig konsterniert sind ob dieses Vertrauensbruches, nutzt Davids (so heißt der Kindersoldat) Truppe die Verwirrung und metzelt die Gegner überraschend nieder.

Keine schöne, herzanrührende Geschichte zum Frühstück. Der Gedanke, dass sich die Geschichte von David gegen Goliath auch so lesen ließe, kam mir, als ich eines Tages in einer Illustrierten bei einem Artikel über nomadisch lebende Hirtenvölker hängen blieb. Ich fand dort die Schilderung über die älteste Distanzwaffe der Menschen, nach dem geschleuderten Speer: die Steinschleuder. In der Hand eines guten Schützen ist diese Waffe auf dreißig Meter sicher tödlich. Das heißt, bei einem verabredeten Faustkampf mit solch einem Gerät zu arbeiten, ist schlicht unfair, ähnlich der Benutzung einer Pistole bei einem Boxkampf. Ganz davon abgesehen, dass der kleine David später selber großer König wurde. In Zeiten, wo Könige von patriarchalischen Hirtenvölkern sicherlich nicht zimperlich waren.

So gesehen gefällt mir der „kleine“ David schon gar nicht mehr so gut, genausowenig, wie mir Guy Fawkes sympathisch ist, der ein Sprengstoffattentat vor hatte, auf Menschen. Als vor einiger Zeit hier in Bremen des samstags zu einer Demonstration aufgerufen war, kamen mir auf meinem morgendlichen Weg in den Garten Jugendliche um Jugendliche entgegen, welche diese Guy-Fawkes-Masken vor dem Gesicht hatten. Ich empfand es als gruselig, dass mir diese vielen Menschen mit dem Gesicht eines fundamentalistischen religiösen Attentäters entgegen kamen. Mögen die Ziele auch noch so hehr sein, es ist die Andeutung der Methode, welche da herumgetragen wird, die mich abschreckt.

Auch mag ich keine mordenden und marodierenden Männerbünde, auch wenn sie mittlerweile, unter anderem mit Hilfe des Kinos, zu Piraten romantisiert wurden, zu Freibeutern. Nicht jeder war ein Störtebecker, und auch die Wikinger waren so etwas wie Piraten. Die Frage ist wirklich die für mich: Braucht es gewalttätige Vorbilder, die sich bei näherem Hinsehen als den Taliban ähnlich anschauen? Für mich nicht. Friede beginnt schon mit dem Symbol, welches ihn ausdrücken soll. Ich werde mich also nicht hinter einer Terroristenmaske verstecken, werde mich nicht Pirat nennen, werde nicht als kleiner Terrorist mit Distanzwaffen Große umlegen, und werde mich auch nicht des Folterinstrumentes Kreuz bedienen, um meine Aussage zu kennzeichnen: Friede ist unteilbar.