Dienstag, 28. Februar 2023

Aus der Wortwerkstatt: Mein Herz, der Winter war sehr lang. . .

 



Mein Herz, der Winter war sehr lang,
doch heut liegt Frühlingsahnung über nahen Hügeln,
die Sonne trägt im Februar auf ihren goldnen Flügeln
diese Ahnung in die Gärten, in die Wiesen dort am Hang.

Ich bin so seltsam unmodern und träum davon
dass es für alle immer wieder Frühling werden mag,
dass wir aus dunklen Schächten steigen in den Tag,
und ein Kind schaut nach dem roten Luftballon,

der sich in blaue Luft erhebt,
in der die Sonnenflitter kreisen,
und mit dem die kleine Seele schwebt,

in andres Land zu reisen.
Mein Herz, der Winter war sehr lang.
Mein Herz, es kommt der Frühling, sei nicht bang.


Das Bild ist von S. Hermann & F. Richter auf Pixabay

Sonntag, 26. Februar 2023

Walnuss und Birne - Eine gute Kombination für einen Nachtisch

 


Das letzte Jahr war ein Walnussjahr, die Bäume trugen überreichlich, und wir konnten Mengen sammeln, sowohl auf der Streuobstwiese, welche die Alte Schule Fredelsloh zusammen mit dem BUND Northeim betreibt, als auch ein Dorf weiter bei einem Freund, an dessen Grundstück meherere Bäume wachsen. Grund genug, sich Verwendungszwecke für die Nusschwemme auszudenken. Noch sind die Abende lang, und so kann man sich abends hinsetzen und Nüsse knacken, denn das ist die meiste Arbeit mit den Dingern. Die Nusschalen kommen übrigens in einen mit Holz beheizten Küchenherd, den es hier noch gibt, zum Anheizen.

Sicher, Walnüsse lassen sich in vielerlei Hinsicht verwenden: Trocken angeröstet auf die Kürbissuppe, etwas kleingestoßen der Rote Bete – Apfel – Rohkost zugefügt; mit Öl, Knoblauch und Salz gemengt mit Petersilie oder den ersten Vorfrühlingskräutern wie Scharbockskraut (Giersch lässt sich auch schon blicken) zu Pesto verarbeitet; oder, fast schon klassisch, zusammen mit Gorgonzolasauce und Birnen auf einer Pizza.

Letztere Zusammenstellung hat mich zu einem Nachtisch inspiriert, der zwar ohne Gorgonzola auskommt, doch die gute Harmonie von Birne und Walnuss aufnimmt. Nun ist ja die „leichtere“ Zeit, Aschermittwoch ist durch, Zeit für die Vorfrühlingskur. (Das Wort „Fastenzeit“ klingt mir etwas streng).

Also, die Nüsse sind geknackt, und die Nusskerne werden in einem schweren Granitmörser fast zu Mus zerkleinert. Ich benutze hier den für einige altertümlich empfundenen Mörser und nicht einen elektrischen „Häcksler“, der sich auch in der Küche befindet. Das hat vor allen Dingen einen Grund: Die Küchenmaschine mahlt die Nusskerne zu Mehl oder Schrot, der verhältnismäßig trocken ist. Durch das Mörsern werden die ölhaltigen Kerne ganz anders zerkleinert, sogar etwas Öl tritt aus, was sich in der Feuchtigkeit im Mörser zeigt.

Ich gebe hier und jetzt keine konkreten Mengenangaben an, die sind hier nicht nötig, es werden etwa große vier Handvoll Nusskerne genommen. Ich bleibe bei der Zahl vier und nehme vier vollreife Birnen. Äpfel haben wir noch von unserer Streuobstwiese, gut gelagert, vom letzten Jahr, Birnen leider nicht. Diese lassen sich auch schlechter lagern, außer wir hätten einen wohltemperierten Kühlraum. Doch einmal die Woche kommt in Fredelsloh das Obstauto eines Obstbauern hier aus der Region vorgefahren, dort bekomme ich welche, erfreulicher weise eben nicht aus Sonstewo. Ich wähle hier die günstigen, die mit den leichten Fehlern und braunen Stellen. Diese sind für meine Zwecke gerade richtig, süß und reif.

Die Birnen werden geschält. (Das müsste nicht sein, doch es macht meinen Nachtisch feiner). Dann werden sie in kleine Würfel geschnitten und kommen zu den gemörserten Nusskernen in die Porzellanschüssel. Ingwer haben wir auch im Hause, der ist jedoch nicht regional. (Auch wenn wir immer wieder ein paar Rhizome treiben lassen und sie zu Pflanzen ziehen, ist daraus die Ausbeute doch eher schmal). Für den Ingwer benutze ich eine Porzellanreibe, die extra für das Reiben von frischen Ingwerkollen hergestellt wurde und hier gut ihren Zweck erfüllt. Auch hier behalte ich mich in der Mengenangabe bedeckt, in Etwa ein Stück Knolle von der Größe einer kleinen Walnuss. Ich nehme hier weniger, als ich eigentlich nehmen würde, denn ein vier Jahre altes Enkelkind ist zu Besuch und isst mit.

Ingwer, Nussmus und Birnenwürfel werden gut miteinander gemischt, dann hebe ich Joghurt darunter, fünf, sechs, große Esslöffel etwa, und noch einmal gut durchgerührt. Das Ergebnis könnte etwas sämiger sein? Den Blick durch die Küche schweifen lassen: Ich werde fündig, es steht eine Flasche Rhabarbersirup auf dem Küchenbord, den meine Liebste letztes Jahr zubereitet hatte. Damit wird komplettiert. Zum Schluss abgeschmeckt. Ich entscheide mich noch für zwei, drei Teelöffel Zucker dazu, um abzurunden. Zu süß darf es nicht werden, das würde das feine Aroma der Birnen überlagern. Für eine Zeit in den Kühlschrank, zum Durchziehen, das war es denn schon.

Variieren lässt sich das auch: In die Richtung „Birne Helene“ etwa, dann kann ich noch geraspelte dunkle Schokolade (70 - 90 %) darunter mischen. Für einen solchen Fall habe ich noch Wildbirnengelee vom letzten Jahr auf Vorrat, der das Birnenaroma unterstützt, und von dem ein paar Teelöffel voll mit untergemischt werden.

Ich könnte aber auch mehr Ingwer nehmen und noch geriebene Zitronenschale und etwas Zitronensaft dazugeben. Auch hier muss ich wieder aufpassen, dass das Birnenaroma nicht überlagert wird. Wie dem auch sei, eine leckere und doch leichte Joghurtspeise, die auch dem Enkel geschmeckt hat. „Fastenzeit“? So gerne immer wieder.

Hier ein link zu einem anderen Rezept mit Birnen, "Birn out", wo auch geschrieben steht, wie Wildbirnengelee hergestellt wird: Birn out

Samstag, 25. Februar 2023

Aus der Wortwerkstatt: Mitte der Welt, Smaragd im Paradies

 



Mitte der Welt, Smaragd im Paradies

Sei wachsam und genieß -
was
sich dir zusammenfügt,
kein Herz aus Glas,
Ideale, ungerügt.

Topos Unendlichkeit:
Wir verlieren uns im Nirgendwo,
im Geäst des Winters
zwitschert der Vogel Istdasso?,
erlöse die Gespräche aus dem Digitalen,
segne die letzten Sonnenstrahlen,
verlasse die Eindeutigkeiten,
es gibt von allem zu viel,
eine Erosion der Menschlichkeiten,
als wäre immer nur zu fordern förderlich,
und enger werden Wirkungskreise,
und ich werd leiser, leise, leise;
müd vom Streiten,
der Mond im Fenster spricht von alter Sage,
vom nicht mehr so fernen Tage.

Sei wachsam und genieß
was dir gegeben ward,
so reich, so reich,
und nichts vom Munde abgespart. . .
Mitte der Welt, Smaragd im Paradies,
die Wärme einer Gegenwart.
Ich hör dich singen, deine Weise,
und ich werd leiser, leise, leise. . .


Das Bild ist von Maria Uhden (1892 - 1918)


Freitag, 24. Februar 2023

Aus der Wortwerkstatt: Agape

 



Aus der Wortwerkstatt, vor etwa einem Jahr geschrieben:

Agape

Nicht einverstanden mit dem Lauf der Dinge.
Mein Ruf verhallt, wie immer, ungehört.
Ich back mein Brot noch selber, und ich singe
mein Lied für wenige, die ähnlich sind wie ich: verstört.

Ein Grünspecht streift, und lacht auf seine Weise,
die Haselkätzchen baumeln wieder rum.
Sonne schickt erste Blüten auf die Reise,
Schneeglöckchen klingeln stumm.

Es treibt der Krokus Knospen, blau, gelb, bunt,
im Osten, hört man, wird es wieder kälter,
sein Winterfell verliert des Nachbars Hund:
Jahr und Winter werden langsam älter.

Das Tagwerk ruft: Fruchtbäume harren eines Schnittes,
Aussaaten für den Garten, so wie jedes Jahr,
ich schaue mir die Beete an, und ruhigen Schrittes
biete ich mich dem Garten und der Erde dar.

In etwa drei Minuten brauchts zum Lesen des Gedichts,
drei Minuten, in denen zig Kinder grad an Hunger sterben,
in denen Bomben fallen, Städte fallen, Menschen angesichts
des Kriegs, der gar nicht fern, im Untergang verderben.

Liebe liebt einfach - und hofft doch immer nur.
Die Weisheit hat noch eine Gnadenfrist,
so hoffe ich. Im Garten verlor sich meine Spur,
wo meine Melodie gerade am verklingen ist.

Das Bild „Der Gärtner“ ist von Georges Seurat (1859 - 1891)

Sonntag, 19. Februar 2023

Zum Gedenken an Andrea Rausch

 

              

Es ist jetzt sechs Jahre her, dass die Fredelsloher Künstlerin Andrea Rausch verstarb, am 16. 2. 2017. Hier noch einmal unsere Hommage an sie.

"Malerei als höchstpersönliches Ausdruckmittel, gleichzeitig leider auch so unzulänglich. Die Phantasie ist allgegenwärtig. Ich kenne es nicht anders seit es im Jugendalter aus mir heraus gebrochen ist wie ein Vulkan. Überbordend ohne Ende."

Mehr Bilder von ihr gibt es in diesem Video:


           

Montag, 13. Februar 2023

Von den Gärten der Erde - Elisabeth Dauthendey

 



Kinder weinen.
Narren warten.
Dumme wissen.
Kleine meinen.
Weise gehen in den Garten.


Joachim Ringelnatz, aus: Kinder-Verwirr-Buch, 1931

Ich möchte Auszüge aus einem Buch vorstellen, dessen Titel mich sofort ansprach, zumal mir die Schriftstellerin bekannt war: Von den Gärten der Erde - Ein Buch der tiefen Stille, von Elisabeth Dauthendey, Schuster & Loeffler, Berlin 1917

Spannend für mich ist auch das Erscheinungsjahr dieses Buches: 1917 - Es ist ein Kriegsbuch, auch wenn der Weltkrieg (damals wussten sie es noch nicht, dass es der erste sein sollte) dort nicht vorkommt. Es ist sowohl Sehnsuchtsbuch, das sich von der unerträglichen Welt abwendet, zugunsten eines kleinen, stillen Paradieses. Es ist jedoch auch ein Buch, das Stimmungen beschreibt, die ein Garten auslösen vermag, unabhängig von den Zeitläuften. Gerade ich als Gärtner weiß das. So mein Tipp: Dieses Buch mit in einen realen Garten nehmen, und zwischen den Gartenarbeiten sich ab und zu auf die Banke zu setzen, um darin zu lesen. Dann kann geschehen, was in diesem Buch beschrieben steht:

„Hier steht die Zeit still. Vor den Pforten deines Gartens lässt du sie zurück.“

Elisabeth Dauthendey, geboren am 19. Januar 1854 in Sankt Petersburg; gestorben am 18. April 1943 in Würzburg. Erfolgreich war sie vor allem mit ihren Märchen und Novellen, die eine mythische bis mystische Phantasiewelt entwarfen. Ihr Halbbruder war der Dichter Max Dauthendey.

Als „Halbjüdin“ drohten Elisabeth Dauthendey ab 1933 Berufsverbot und Verfolgung durch die Nazis. Sie versuchte dieser Gefahr mit konsequenter schriftstellerischer Enthaltsamkeit zu begegnen, um keine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Die letzten Lebensjahre waren deshalb von erheblicher finanzieller Not gekennzeichnet. Sie starb in ihrem neunzigsten Lebensjahr.

Das Foto zeigt eine Malerei an der Einfahrt des Verein der Gartenfreunde am Mittelwischweg e. V. Bremen, aufgenommen 2011

Verschiedene Kapitel und Gedichte aus diesem Buch werden nach und nach auf meinem Blog Die anderen Seiten eingestellt und sind dort nachzulesen. Hier sind  die links: 








Donnerstag, 9. Februar 2023

Ein Wandervogel in Fredelsloh

 



Aus einem Fundstück in unserer Bibliothek in der Alten Schule Fredelsloh (Die Bibliothek ist übrigens jeden Montag von 17 bis 19 Uhr geöffnet):

„Fredelsloh ist vor allem ein Außeneindruck. Steht man auf der letzten Weperhöhe und sieht das Dorf im ersten Schnee zusammengekauert zu seinen Füßen, so scheint der mächtige Kirchenleib mit den schweren Türmen wie ein ruhender Löwe dahingestreckt vor seinem Hügel zu wachen. Bursfelde ist in Buntsandstein gebaut, Fredelsloh in sorgfältigen Quadern. Durch Umbauten ist der Eindruck im Innern sehr erschwert. Aber das Querschiff und die aus dieser Breite mit einem Blick zusammengefaßten drei Apsidenrundungen, alles in strenger, herber Ziellosigkeit, das bleibt ein mächtiger Raumeindruck trotz des quälenden, großen Barockaltars. Ein Taufstein ist erhalten, rund mit kräftiger, sechseckiger Einfassung, einfach und gut“.

Aus: Frank Fischer „Romanische Kirchen in Südhannover“, Wandervogel e. V., Fahrtenblatt des Gaues Niedersachsen, 1914, Heft 1, gefunden in: „Wandern und Schauen“, gesammelte Aufsätze von Frank Fischer, für die deutschen Wandervögel herausgegeben von Fr. Brauns und W. Liebenow, Göttingen 1918

„Frank Fischer, ein geborener Balte, ist hervorgegangen aus dem früheren `Wandervogel e. V. zu Steglitz“. Seit den ersten Gründungswochen im Jahre 1904 hat er ihm angehört und als Führer und Schriftleiter des `Nachrichtenblattes` großen Einfluß auf die Gestaltung des Bundes ausgeübt. Nach der Steglitzer Zeit kam Fischer 1909 zum Abschluss seiner Studien nach Göttingen. Bald fand er auch hier den Anschluß an den Wandervogel“ (Aus: „Wandern und Schauen“)

Frank Fischer war kein Freund des lärmenden Hurrapatriotismus, so schreibt er unter anderem 1909 im „Nachrichtenblatt des Wandervogels“: „Der Gewinn, den wir schaffen, ist auf lange Zeit unscheinbar, und auch da, wo er als echter Gewinn der Seele heller leuchtet, läßt er sich eben nicht mit raschem Griff für vorgefaßte Ziele verwerten. Vor allem spröde ist, was im Wandern gelernt wird, gegen den `Patriotismus`, der gerade in diesen Tagen durch vergleichende Ermahnung von vielen Seiten erweckt werden soll. . . . So kommen für uns keine Vorträge und Schlachtfeldbesichtigungen in Frage, alle die von außen und äußerlich eingreifenden Versuche, Geschichtslehren oder gar Gesinnungen und Instinkte, zum Beispiel die des primitiven Raubtieres, einzuimpfen.“ (Aus dem Aufsatz „Unser Wandern“, Steglitz 1909, gefunden ebenda)

Trotzdem meldete sich Fischer beim Ausbruch des 1. Weltkrieges als Freiwilliger, um schon nach kurzer Zeit am 10. November 1914 beim Sturm auf Langemarck den Tod zu finden.

Sonntag, 5. Februar 2023

Jeden Tag ein Gedicht? Warum nicht

 


Jeden Tag ein Gedicht?  -  Warum nicht. Auf Facebook mache ich das schon seit längerer Zeit, dass ich jeden Morgen ein Gedicht für den Tag poste. Nicht eigene, sondern Gedichte, die mir gefielen, meist von Dichterinnen und Dichtern der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts geschrieben, und jeweils mit einer Illustration oder einem Foto versehen. 

Seit Januar dieses Jahres habe ich mir nun angewöhnt, dieses Gedicht für den Tag auch auf meinem Blog Dingefinders Lesebuch einzustellen, genauso bebildert. (Die Illustration oben ist übrigens von dem amerikanischen Künstler Coles Phillips, der von 1880 bis 1927 lebte). 

Vielleicht hat die eine oder der andere ja auch hier Interesse an einem Gedicht für den Tag? Daher füge ich einmal den Link zum Lesebuch-Blog an und hoffe, dass es Menschen gibt, die daran gefallen finden. 

Heute war übrigens folgendes Gedicht zu finden: 

Suleika

Nicht im Rosenschmuck der Jugend
fand ich dich und liebt ich dich,
grau schon ringelten die Locken
um der Stirne Weisheit sich,
doch in deinem Kusse lodert
ungezähmte Jugendkraft,
stimmt die Harfe meiner Seele
zur Musik der Leidenschaft. -

Deine grauen Haare bergen,
was in deiner Seele ruht,
wie die Asche des Vulkanes
Zeuge ist der innern Glut,
und aus deiner Augen Tiefen,
sprühet blitzend, göttlich rein,
ewig junges Leben kündend,
deines Geistes Feuerschein.

Aus: Clara Müller-Jahnke: Gedichte, herausgegeben und illustriert von Oskar Jahnke, Berlin: Buchhandlung Vorwärts (Hans Weber) [1910]

Hier geht´s zum Dingefinders Lesebuch