Sonntag, 11. Dezember 2016

Singe, Seele

Bild: Adrian Hauffe



Singe, Seele. Der erste Herbststurm lässt die hohen Pappeln sich beugen. Alle Antworten sind benannt. Keine Frage ungefragt. Die Sonne. Das Licht. Der Wolken wanderndes Grau. Die Hölle, die Teufel, der Tod. Die Engel der Höhen. Der Schmerz. Keine Weigerung mehr, das anzunehmen.

Der Humor spricht zum Schmerz:
Ich lasse dich schwinden, indem ich erheitere.

Das Lachen spricht zum Schmerz:
Ich lasse dich schwinden, indem ich fröhlich stimme.

Die Liebe spricht zum Schmerz:
Ich lasse dich schwinden, indem ich
den Mantel des Schweigens über dir ausbreite.

Das Erwachen spricht zum Schmerz:
Ich lasse dich schwinden, indem ich die Welt hell werden lasse.

Die Barmherzigkeit spricht zum Schmerz:
Ich lasse dich schwinden, indem ich dir Balsam reiche.

Der Trost spricht zum Schmerz:
Ich lasse dich schwinden, indem ich
wohlige Wärme um dich hülle.

Es kommen so viele, die sprechen.

Der Schmerz blickt stumm. Er weiß um seine Stunde.
Da spricht das Annehmen zum Schmerz:
Schön, dass du da bist!

Und der Schmerz lächelt.

(und der erste Herbststurm lässt die Blätter auf dem Pfad tanzen)

Sonntag, 20. November 2016

Auf dem Pfade




Ich bin durchs Leben gegangen  - äonenlang.
Und alle Zeiten durchschwingt ein göttlicher Klang.

Durch mich hindurch schaut ein ewiger Geist,
Ich vermag ihn nicht zu benennen,
Er schaut durch mich in diese Welt
Und lernt in ihr sich selber kennen.




Dienstag, 1. November 2016

Das war das Apfelfest

Ein Bericht in der Hallo Northeim vom 22. 10. 16 über unser 1. Fredelsloher Apfelfest. Das Wetter hatte mit gespielt, und so wurde es ein rundum schöner Tag

Freitag, 19. August 2016

1. Apfelfest in Fredelsoh 15. / 16. Oktober 2016





1. Apfelfest in Fredelsloh 15. / 16. Oktober 2016

Samstag 15. 10.

19:00 Uhr MOVE ON & friends, Klosterkirche
Gospel - aber nicht nur!
Im Anschluss Gemütliches Beisammensein
mit Grill, Apfelcidre und Apfel-Zwiebelschmalzbroten
Am Kapellenbrunnen 9 (Hinter der Alten Schule)

Sonntag 16. 10.


Apfelsortenbestimmung

10 – 17 Uhr in der Klosterkirche

Mit Ariane Müller und Dankwart Seipp, Pomologen und Autoren des Buches „Norddeutschlands Apfelsorten“

Präsentation und Ausstellung von über 200 Apfelsorten

Für eine Sortenbestimmung bitte 5 – 6 Äpfel mit Stiel mitbringen,
hilfreich ist, wenn Sie etwas über Ihren Baum erzählen können.
Pro erfolgreich bestimmter Sorte wird ein Kostenbeitrag von 2,- € erhoben.


„Alles rund um den Apfel“

Infostände zu Anbau, Pflege und Verarbeitung der Äpfel; Streuobstwiesen
Kinderaktionen mit Saftpressen, Apfelstoffdruck u. a. 

14:00 Uhr Apfelerntedank-Gottesdienst, Klosterkirche (14:00)  
mit Vikarin Vanessa Franke und Pastor Peter Büttner "Der Apfel ist es!"
13:00 - 17:00 Uhr Apfelkuchenbuffet „Äpfel vom Dorf für´s Dorf“, Kaffee Kunst & Klüngel
10:00 - 17:00 Uhr Apfelstationen mit Apfelsuppe, Apfelpunsch und Apfelbrot
 Verkauf regionaler Produkte von Apfel bis Erdapfel,
Kinderprogramm mit Apfelstoffdruck und Apfelsaft pressen,
auf dem Apfelmarkt Am Kapellenbrunnen 9 (Hinter der Alten Schule)

Veranstalter: BLU e. V. Alte Schule Fredelsloh, Unterstützt von Klosterkirche Fredelsloh,
                       BUND Kreisgruppe Northeim, Gefördert durch die Hedi Kupfer Stiftung, Fredelsloh
Ansprechpartner: Dorothea Frank, Jörg Krüger BLU e. V. Alte Schule Fredelsloh Tel. 05555 / 522





Mittwoch, 17. August 2016

Kräuterbuschen und andere Ernten

Doros Kräuterbuschen und andere Fundstücke (Foto: Dorothea Frank)



Kräuterbuschen und andere Ernten

Zwischen Organisation vom ersten Fredelsloher Apfelfest, Küchenarbeiten und anderen Dingen, welche getan werden wollten, sind Dorothea und ich doch noch dazu gekommen, an Mariä Himmelfahrt, dem Kräuterweihfest am 15. August, unsere Kräuterbuschen zu sammeln. Ich denke, an einem Ort wie Fredelsloh, dessen Ursprung die Errichtung einer der Maria geweihten Kapelle an einer heiligen Quelle ist, gehört es wohl dazu, sich dieser alten Bräuche zu erinnern. Die Tradition des  Kräuterweihfestes an diesem Termin ist uralt, der Ursprung verliert sich in der Dunkelheit der so genannten „Vorgeschichte“.

Viele Orte, welche früher der dreigestaltigen Göttin geweiht waren, wurden später, nach der Christianisierung zu Marienweihstätten umgedeutet. Auch die Feiern und Feste, an welchen die Göttin gefeiert wurde, waren dann später halt. . .  Marienfeste. Um 745 n. Chr. wurde die Kräuterweihe erst verboten, dann unter den Segen Marias gestellt, seitdem feiert man die Kräuterweihe an Mariä Himmelfahrt. Ursprünglich war das Kräuterweihfest eines der variablen Feiern im Jahreskreis, an den Mondstand um einen Zeitpunkt herum begangen, im Gegensatz zu den „Festen“, die fest an ein Datum gebunden waren: Frühlings- und Herbsttag- und Nachtgleiche, Sommersonnenwende, Wintersonnenwende. Das Kräuterweihfest zu Ehren der dreigestaltigen Göttin fand an einem Vollmond um den 15. August statt.

Wie dem auch sei, Dorothea und ich begaben uns am Stichtag, eben dem 15. 8. mittags auf den Hainberg oberhalb von Fredelsloh, um unsere Kräuter für die Kräuterbuschen zu sammeln. Sicher, es gibt einige traditionelle Kräuter, die dabei sein sollten, wie etwa der Beifuß oder der Dost. Doch nicht alle ließen sich finden, hier wächst kein Alant in der Umgebung, als Beispiel, auch bin ich der Meinung, dass wir bei dem Sammeln von wirkkräftigen Kräutern an einem solchen Datum ruhig unserer Intuition folgen dürfen (wie eigentlich immer. . . )

So fielen unserer beiden Kräuterbuschen auch unterschiedlich aus: Dorothea hatte viel Schafgarbe darin, Dost, Rainfarn, Königskerze, Johanniskraut, Beifuß, Labkraut und Holunderblätter und –beeren und Wegwarte. Bei der Schafgarbe hatte Doro das Glück, einige rosablühende zu finden, die als besonders heilkräftig gelten.

In meinem Buschen war das Hauptkraut der Beifuß, dazu Dost, Johanniskraut, Schafgarbe, Rainfarn, Odermennig, Wegwarte, Königskerze und Holunderblätter. Auf dem Hainberg wuchs an einer Stelle eine Beifußsorte mit stark geschlitztem Blatt und sehr kräftigem, fast schon eberrauteartigem Aroma. Der hatte es mir angetan, und von dem sammelte ich ordentlich. Die Wegwarte kam bei mir spontan dazu, die blauen Blüten hatten es mir angetan, auch wenn sie nicht in der Literatur zum Kräuterweihfest erwähnt wird. Das wird der Holunder auch nicht, doch als Doro damit begann, Blätter und Früchte davon ihrem Buschen hinzu zu fügen, leuchtete mir das ein, schließlich ist der Holunder die Pflanze von Hel, der Göttin der Helle und der Hölle, unserer guten alten Frau Holle, welcher der Busch hold ist.

Doro pflückte ihre Kräuter von Hand, während ich sie mit meinem neuen hölzernen Messer schnitt. So kamen die Kräuter während der Ernte mit keinerlei Metall in Berührung. Nach dem Sammeln brachten wir unsere großen Kräuterbuschen in die Klosterkirche Fredelsloh und legten sie dort auf den Altar. Zwar wurden sie nicht geweiht, unser Pastor ist sowieso gerade in Urlaub, doch so konnten sie etwas von der Atmosphäre dieses Kraftortes aufnehmen. Am frühen Abend holten wir sie dann ins Haus und teilten sie auf: Doro flocht ein Sträußlein für ihre Mutter, zwei weitere wurden in der Alten Schule zum Trocknen aufgehängt, ich band mir zwei Buschen, jeweils mit einem Stengel Königskerze in der Mitte, wovon der eine in unserem Zimmer am Fenster seinen Platz fand, der andere auch in der Küche der Alten Schule.

Die Kräuterbuschen dienen für sich als „Glückszauber“, sie schaffen eine wohltuende Atmosphäre. In besonderen Fällen können Kräuter davon auch zum Räuchern genommen werden, zum Beispiel, wenn Krankheiten auftreten. Die Kräuter für Heiltees können wir noch bis zum 12. September sammeln, so lange dauert der „Frauendreißiger“, der sich Mariä Himmelfahrt anschließt, in dieser Zeit sind die gesammelten Kräuter besonders heilkräftig.

Dass Doro und ich zum Abschluss des Tages, bei einem Rundgang auf der Weper, noch Birnen und Pflaumen einsammeln konnten, und etwas Quendel, und dass Doro dann bei einer Nachbarin noch einige der Birnen gegen Augustäpfel und eine Flasche Holunderblütensirup eintauschen konnte, rundete den Tag ab. Er hatte auch eine feierliche Note für mich, so, als würde etwas Neues beginnen.

Sonntag, 14. August 2016

Mariä Kräuterweihe

Die Fredelsloher Maria



Mariä Kräuterweihe

Der 15. August ist ein besonderes Datum: Es ist der Tag der Mariä Himmelfahrt, dass wohl älteste kirchliche Marienfest. Es ist auch das Kräuterweihfest, an dem die „Kräuterbuschen“  gesammelt werden, welche zur Abwehr der „bösen Geister“ in Haus und Hof aufgehängt werden. Die Kräuterbuschen enthielten verschiedene Kräuter in ungerader Zahl, es sollten sieben verschiedene Kräuter sein, oder auch neun. Aus der kirchlichen Tradition sind noch andere Zahlen bekannt, die einen Bezug zur christlichen Lehre haben. Auch die ursprünglichen Zahlen wurden in diese Richtung umgedeutet, so sollen sieben Kräuter die sieben Schöpfungstage bedeuten, und die neun steht für dreimal drei, als die heilige Dreifaltigkeit. Da jedoch der Ursprung dieses Festes älter ist als die christliche Religion, denke ich, dass die Zahlen einen anderen Sinn inne haben. 

Mit der Kräuterweihe beginnt auch der Frauendreißiger, fast dreißig Tage, vom 15. August bis zum 12. September, in dem die besonders heil- und zauberkräftigen Kräuter gesammelt werden. Also nicht nur die, welche die Küche und die Hausapotheke bereichern, sondern auch die, mit denen der Schutz von Haus und Hof gewährleistet wird, und mit denen zum
Mein hölzernes Erntemeser
Beispiel geräuchert werden kann, um die Atmosphäre zu klären. Sowohl die Kräuter für die Kräuterbuschen am Kräuterweihfest als auch die Kräuter, die im Frauendreißiger gesammelt werden, dürfen nicht mit Metall in Berührung kommen, also auch nicht mit einem eisernen Messer geschnitten werden. Wie gut, dass ich letztens ein Erntemesser aus Eschenholz geschenkt bekam, sozusagen genau zum richtigen Zeitpunkt.

In der Überlieferung werden viele Kräuter erwähnt, die den Kräuterbuschen zugefügt werden können. Immer wieder Alant, der hier in der Umgebung von Fredelsloh leider nicht wächst, dann Beifuß, Kamille, Dost, Johanniskraut, Schafgarbe, Bachminze, Eisenkraut, Thymian und andere. In die Mitte des Kräuterbuschens wurde oft ein Stängel Königskerze drapiert, außerdem bekamen Ähren von Weizen, Roggen und Gerste ihren Platz. 

Welche Kräuter morgen meine Kräuterbuschen komplettieren werden, weiß ich noch nicht, ich werde mich da ganz von meiner Intuition leiten lassen. Doch bin ich mir sicher, dass am Abend an den Türen zur Alten Schule und in meinem Zimmer Kräuterbuschen hängen werden und uns daran erinnern, das Fredelsloh ein Ort ist, der Maria geweiht ist. Und diese Orte waren vor der Christianisierung die heiligen Stätten der Göttin.

Samstag, 13. August 2016

Wilde Küche: Birn out




Wilde Küche: Birn out

Die Kombination Birne / Walnuss passt (fast) immer. Zum Beispiel in der klassischen Pizzavariante auf Gorgonzola – Sauce. Wenn dazu noch (Zitronen-) Thymian kommt: superb.

Doch heute möchte ich einmal etwas anderes in dieser Kombination ausprobieren, eine Art Auflauf, oder, besser, eine Art warmer Kompott in einer Auflaufform im Ofen gebacken, doch nicht überbacken. Dazu brauche ich einige feste, doch süße Birnen. Gestern fand ich die ersten des Jahres unter einem Birnbaum auf einer aufgelassenen Streuobstwiese. Sicher, einige hatten Wurmgänge, doch da ich die Birnen aufschneiden und Stiel und Kerngehäuse entfernen musste, war das nicht so tragisch zu nehmen. Geschält wurden die Birnen nicht.

Eine kleine beschichtete Auflaufform wurde großzügig eingebuttert, und die Birnenschnitze (im Idealfalle, bei größeren Birnen, sind das Birnenhälften) mit der Schale nach unten darauf gelegt, möglicht so, dass wenig Zwischenräume entstanden. Auf diese Birnenschnitze verteilte ich dann mit einem Teelöffel großzügig Wildbirnengelee, welches noch vorrätig war.

Schon vorher hatte ich mir die Walnüsse des Vorjahres gegriffen und eine gehörige Portion davon geknackt. 250 g Nusskerne brauchte ich, die wurden in einer Kasserolle trocken geröstet und kamen in die Küchenmaschine, zusammen mit 2 bis 3 Esslöffeln Honig, in diesem Falle von unserem Bioimker ein Dorf weiter, Sommertracht, 50 g Butter und einer halben Tasse Sud von Juninüssen. (Beziehungsweise nahm ich Sud von eingelegten Schwarznüssen, davon hatte ich noch aus den Jahren davor. Auf die Juninüsse dieses Jahres muss ich noch ein Jahr warten, bis sie genügend durchgezogen sind). In der Küchenmaschine wurde das zu einer sehr flüssigen Paste verarbeitet. Die Walnusskerne durften ruhig eine gewisse Kernigkeit behalten. Mit dieser Paste wurden dann die Birnenschnitze in der Auflaufform begossen.

Dann verteilte ich weitere Birnenschnitze darauf, diesmal mit der Schale nach oben. Schließlich wurden noch üppig Blättchen vom Zitronenthymian darüber gestreut. Den hatte ich diesmal aus dem Garten am Keramikum Fredelsloh, doch hätte ich mir hier in der Gegend auch Zitronenquendel sammeln können, der an einigen Stellen reichlich wächst. Das ist die mit Zitronenaroma gesegnete Abart des Quendels, des heimischen Sandthymians.

Die Auflaufform kam dann in den vorgeheizten Ofen bei 200° auf der mittleren Schiene, für ca. 30 Minuten, bis die Birnenschnitze weich waren. Serviert wurde mit Vanilleeis. Letzteres kam so: Ich hatte den warmen Birnenkompott zum Keramikum getragen, für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Mittelalterofen, es war der Sonntag, der Ausräumtag. Und an diesem Tag fährt der Eiswagen durch Fredelsloh, so dass uns das Eis frei Haus gebracht wurde. Dass es dann noch frischen Waldblaubeerkuchen mit Sahne von der Liebsten gab, hat die süße Zwischenmahlzeit für alle abgerundet.

So weit so gut, doch woher solcherart Zutaten nehmen wie „Sud von Juninüssen“ oder „Wildbirnengelee“? Da ist es gut, wenn noch Vorräte im Keller sind, vom letzten Jahr oder vom vorletzten Jahr. Dieses Jahr hatte ich wieder Juninüsse zubereitet, doch die müssen jetzt mindestens 12 Monate unangetastet bleiben. Wer sich (nächstes Jahr) einmal daran versuchen möchte, hier ist ein Grundrezept:

Rezept für süße grüne Nüsse (Johannisnüsse):

500 g grüne Walnüsse, 600 g Zucker, 2 Nelken, ½ Zimtstange, einige Körner Kardamon ohne Schale, Schale von einer unbehandelten Zitrone, eventuell Apfelessig, 50 ml.

Die Nüsse waschen, anschließend mit einer Stricknadel rundherum einstechen und mit kaltem Wasser bedecken. Am nächsten Tag das Wasser abschütten und die Nüsse wieder mit frischem Wasser bedecken. Diesen Vorgang noch 6 – 8 mal im Abstand von einem Tag wiederholen. Ich habe auch weniger gewässert, auch einmal gar nicht, und immer gute Ergebnisse erzielt.  

Danach die abgetropften Nüsse in frischem Wasser (250 ml) und den Gewürzen kochen, bis sie weich sind (Garprobe mit Stricknadel). Sie werden dabei dunkler. Den Zucker hinzu fügen und die Flüssigkeit zu Sirup einkochen kochen. Die Nüsse mit den Gewürzen in Twist-Off-Gläser geben. Mit dem heißen Sirup übergießen. Falls die Nüsse nicht bedeckt sind, etwas heißes Wasser dazugießen. Ich bereite den Sud gerne mit Essig, die Nüsse werden dann pikanter.

Die Nüsse sollten mindestens ein Jahr lagern. Frühestens nach sechs Monaten probieren. Sie werden mit der Zeit immer besser.

Es gibt eine Vielzahl Rezepte für Juninüsse (Schwarze Nüsse), die meisten verwenden keinen Essig. Das ist Geschmackssache. Ich reiche den Sud gerne auch als Aperitif.

Wildbirnengelee

Dann kommt noch das Wildbirnengelee hinzu. Hier in der Umgebung von Fredelsloh gibt es einige Wildbirnenbäume. Die Früchte werden im Herbst gesammelt (!), wenn sie duftend gelbgrün vom Baume gefallen sind. Gepflückt sind sie hart und grün und haben kein Aroma. Die gesammelten Birnchen dürfen auch gerne innen schon etwas „angebräunt“ sein, also leicht überreif, was auch kaum zu vermeiden ist.

Die gewaschenen Früchte mit einem scharfen Messer in feine Scheiben schneiden, mit Schale und Kerngehäuse, und diese in eine Glasschüssel geben und Lage für Lage einzuckern. Mit einem Tuch abgedeckt mindestens 24 Stunden ziehen lassen. Den Sirup, der sich dann gebildet hat, abgießen und beiseite Stellen, die Birnenscheiben mit so viel Wasser, das sie leicht bedeckt sind, in einem Topf aufgießen und so lange kochen, bis sie weich geworden sind, in ein Siebgeben, abtropfen lassen und mit einem Holzlöffel auspressen.

Den so gewonnenen Saft mit dem Sirup mischen, Geliermittel zufügen, noch einmal aufkochen und heiß in Twist-off-Gläser abfüllen.

Wildbirnengelee hat ein ungemein „birniges“ Aroma, welches von anderen Früchten nicht nach zu ahmen ist. Ich benutze es für alle Arten Birnenzubereitungen, bei denen gekochte Birnen verwendet werden, zum Aromatisieren. Kompotte, Saucen, Quarkspeisen.


Hier geht es zum Schwarznussrezept:



Wer denn dieses Jahr alle Zutaten noch nicht beieinand hat, der oder die kann beginnen mit der Vorbereitung. Sicher gelingt das obige Rezept auch, wenn man den Schwarznuss-Sud wglässt, und es schmeckt auch ohne Wildbirnengelee. Der Honig-Nuss-Buttermasse kann man dann gemahlenen Kardamon zusetzen und Zitronenschale, als eine Möglichkeit. Kakaopulver passt sicher auch. Probieren geht hier über studieren. . .

Mittwoch, 10. August 2016

. . . on Blueberry Hill





. . . on Blueberry Hill

Anfang August, nach zuerst großer Trockenheit und dann kühlen Regentagen mit der Liebsten einmal wieder in den Wald, um nach den Pilzen zu schauen. Doch diese machten sich noch rar. Zu unserem Glück hatten wir auch zwei kleine Sammeleimer dabei, denn wir kamen an eine Stelle, an der Blaubeeren wuchsen, und an den kleinen Sträuchern war sogar etwas dran. So sammelten wir denn Blaubeeren statt Pilze.

Das ist nun eine ganz andere Art Arbeit, als Pilze sammeln. Die Büsche sind niedrig, und die Beeren klein. Also, viel geduldiges Bücken und Pflücken (des Reimes willen: „mit schmerzendem Rücken“). Dazu kommen immer wieder irgendwelche aufdringlichen Fliegen an und brummen einem um den Kopf, setzten sich an Mund und Nase, und sind dabei auch noch hartnäckig und lassen sich nicht verscheuchen. Manchmal piekst es auch, dann wurde man wieder von einer „Blinden Fliege“, einer Bremse, gestochen. (Ganz zu schweigen davon, dass man sich abends nach Zecken absuchen muss, Sommerzeit ist Juckreizzeit).

Am Anfang dauert es, bis überhaupt der Boden des Sammeleimers bedeckt ist. Dann hat man schon ein bisschen Übung, und es scheint schneller mit dem Füllen des Sammeleimers zu gehen, bis er denn so halb voll ist. Ab da scheint sich wieder die Zeit zu dehnen, und bis „randvoll“ dauert es eine gefühlte halbe Ewigkeit. Zwischendurch richtet man sich auf, und genießt die Waldluft und den Sonnenschein, und bewundert die blauen Finger.

Später, wenn dann der Blaubeerkuchen fertig ist, zeigt es sich, dass sich die Zeitaufwendung doch gelohnt hat. In meiner Kindheit gab es am Abend der Blaubeertage Bickbeerensuppe, die so schön die Zunge färbte, und danach Kartoffelpuffer. Überhaupt ist das Sammeln der Blaubeeren so rechte „Kinderarbeit“, ich habe die Tage im Walde in guter Erinnerung. Mit Kind und Kegel, wie es so schön heißt, bei uns jedoch eher mit Kindern und ohne Kegel, dafür mit Sammeleimern, ging es hinaus in den Wald. Wir waren drei, später vier Kinder, dazu meine Eltern, und wenn man schon am frühen Vormittag begann, dann kam bis zum Abend einiges zusammen. Es war so ein kleiner Wettbewerb zwischen uns, wer am Abend die größte Menge zusammen hatte, wobei sich die Mutter außer Konkurrenz stellte, und der Vater immer gewann.

Genascht wurde zwischendurch nicht, das war Ehrensache. Erst zum Picknick mittags höhlte man eines der mitgebrachten Brötchen aus und füllte es mit frischen Blaubeeren. Das war lecker und färbte Lippen und Zunge so schön. Doch noch leckerer als frisch sind die Blaubeeren eben gekocht, als Suppe und als Fruchtmus oder Marmelade. Wie so manche anderen Früchte auch, wie etwa Himbeeren, gewinnen sie durch Erwärmung an Aroma.

Wir sammelten im Sommer Beeren und Pilze und verarbeiteten sie zum Wintervorrat. Das war ebenso wie das „Kartoffelstöppeln“, die Nachlese auf den Kartoffelfeldern, für eine sechsköpfige Familie auch eine wirtschaftliche Notwendigkeit. Was gesammelt wurde, brauchte nicht gekauft werden. Und, wie schon gesagt, diese Familienausflüge in die Beeren sind mir in guter Erinnerung, die glücklicheren Tage der Kindheit, die meine Seele für den Wald geöffnet haben, was bis heute anhält.

Etwas anderes ist es vielleicht, wenn nicht mehr gesammelt wird für den eigenen Wintervorrat, sondern für den Verkauf. In Schlarpe, einem anderen Sollingdorf, wird jeden Sommer das Heidelbeerfest gefeiert „zur Erinnerung daran, dass die kleinen blauen Früchte vielen Schlarper Familien Jahrhunderte lang halfen, einigermaßen über die Runden zu kommen. In den Monaten Juli und August zur Haupterntezeit der Beeren bekamen die Kinder spezielle Heidelbeerferien. Bereits ganz früh am Morgen gingen sie mit den Erwachsenen zum Pflücken in den Wald. Den größten Teil der Ernte brachten die Frauen damals zu Fuß auf die Märkte der Umgebung. Dazu mussten sie oft bereits mitten in der Nacht aufbrechen. Damit die bitterarmen Familien in dem kleinen Ort am Wald überleben konnten, war das Heidelbeergeld dringend notwendig.“, heißt es im Buch „Das Kochbuch Solling und Leinetal  -  Gerichte und Geschichten von Peker bis Polder“, von den LandFrauenkreisverbänden Northeim und Altkreis Einbeck in der Edition Limosa.

"Blueberry Hill, hier nicht im Solling, sondern im Waldviertel
Ob das dann für die Kinder die heiteren Tage im Walde waren, wie ich sie erlebt habe, das wage ich zu bezweifeln. „Bereits am frühen Morgen“ loszuziehen, den ganzen Tag in den Büschen, um das dringend benötigte Heidelbeergeld zu verdienen, das klingt eher nach anstrengender Arbeit. In diesem Zusammenhang wundere ich mich sowieso, zu welchen Schleuderpreisen Wildheidelbeermarmelade in den Discountern verkauft wird. Ich glaube nicht, dass die Sammlerinnen und Sammler in Polen, und wo überall Bickbeeren kommerziell gesammelt werden, besonders viel damit verdienen.

Auch in Fredelsloh, meinem jetzigen Wohnort, gab es wohl nicht nur die „gute alte Zeit“: „Die meisten Dorfbewohner lebten äußerst bescheiden am Rande des Existenzminimums. Viele Kinder, wie auch Engelschristines späterer Mann Hanfriech, konnten nicht einmal regelmäßig die Schule besuchen, weil die familiäre Erwerbsgemeinschaft dies nicht zuließ und sie infolgedessen mitarbeiten mussten. Die Sterblichkeit der Bevölkerung war größer als in den Nachbargemeinden. Besonders die Tuberkulose erforderte auch unter den jungen Menschen viele Todesopfer. Die miserablen Lebensbedingungen in diesem abgelegenen Walddorf führten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einer stetigen Abwanderung der Bevölkerung in das Umland, in die nord- und westdeutschen Industriegebiete und nach Amerika“, heißt es in dem von Ira Spieker und Wolfgang Schäfer geschriebenen Nachwort zu der Neuerscheinung des Buches „Engelchristine: Jugenderinnerungen aus einem Sollingdorf“ von Hanshenderk Solljer unter dem Titel „Mägdealltag und Mädchenträume“, Holzminden, 2000.

Die Armut hatte neben den kargen Böden in der Umgebung des Sollingdorfes noch andere Gründe: „Das Klostergut besaß ausgedehnte Waldungen und beschäftigte sogar einen Förster. Die Hege des Wildes für ausschließlich herrschaftliche Jagden und infolgedessen die Vernichtung der Ernten durch die zahlreichen Wildschweine oder das Rehwild provozierten den Zorn der Einwohnerschaft und widersprachen ihrem Gerechtigkeitsempfinden. Auseinandersetzungen mit dem Gutspächter bzw. seinen Verwaltern und Vögten waren für viele Dorfbewohner an der Tagesordnung  . . .   Die steuerlichen Abgaben an die Klosterherrschaft und andere Grundherren lasteten ebenfalls schwer auf den meisten Einwohnern.“ (ebenda)

So ist man denn wieder bei den alten, bitteren Geschichten der Welt. Die Armut ist menschengemacht, und entspringt einem ungerechten Herrschafts- und Wirtschaftsgefüge. An der Auflösung dessen mitzuarbeiten, ist in einem gewissen Sinne Pflicht. Aus Fredelsloh zogen, oder besser, flohen ab Mitte des 19. Jahrhunderts hunderte Menschen in das gelobte Land Amerika. „Lebten um 1850 etwa 1400 Menschen in Fredelsloh, so waren es 50 Jahre später nur noch gut 700. ein erheblicher Teil von ihnen wanderte  -  zumeist in Gruppen von einigen Dutzend Menschen  -  nach Amerika aus.“ (ebenda)

Und: „Die Auswanderer erhofften sich nicht nur wirtschaftliche Aufstiegsmöglichkeiten jenseits des Atlantiks, sondern wurden auch von politisch-sozialen Zwängen der deutschen Obrigkeitsstaaten außer Landes getrieben. Während in Amerika für sie das Land der Freiheit war, bestimmten in Deutschland vielfältige Abhängigkeiten und Privilegien das alltägliche Leben.“ (ebenda)

Dieses „Land der Freiheit“ wiederum wurde auf Kosten der dort ansässigen Bevölkerung, den indianischen Völkern, rücksichtslos etabliert. So dass auch hier wieder der Satz stimmen mag, „der größte Wunsch des Sklaven ist nicht die Freiheit, sondern, selber Sklaven halten zu können“. Europa exportierte seine Gewaltkultur in alle Welt. Die Armen von hier lebten dann „dort“ sicherlich besser. Doch in der Gesamtsumme hat sich das Elend vermehrt.

Heute lebt es sich im idyllischen Dörfchen Fredelsloh ganz anständig, sofern man gewillt ist, die dörfliche „Langeweile“ gegen die Umtriebigkeit der Stadt einzutauschen. Das liegt zum einen daran, dass Deutschland noch ein verhältnismäßig reiches Land ist, zum anderen daran, dass es hier eine gute soziale Gemeinschaft gibt. Auch die dörfliche Infrastruktur trägt ihres dazu bei: Es gibt noch ein Lebensmittelgeschäft, einen Fleischer, einen Bäcker, zum Beispiel. Doch die Einschläge kommen auch hier näher: Das Dorf droht zu überaltern, da die Jungen weg ziehen, und keine nach kommen. Die Flurbereinigung hat einige Schneisen in das Landschaftsbild geschlagen. Dazu kommt, dass die industrielle Landwirtschaft den bäuerlichen Betrieben „das Wasser abgräbt“. Wir haben gerade noch einen Milchbauern im Ort, und der macht auch nur noch so lange, bis er in Rente geht. Der Preisverfall in der Milch“produktion“ lässt ihn keinen Raum.

Und was geschieht, wenn es einmal wieder Not gibt? So eine Weltwirtschaftskrise kann schneller kommen, als es gedacht wird. Dann gibt es zweierlei nicht mehr: Eine Infrastruktur für eine regionale Selbstversorgung, mit Mühle, Kleinmolkerei, Schlachterei etc., und es gibt kein „Amerika“ mehr, wohin es sich auswandern lässt.

Über all das lässt sich nachdenken bei so einfachen Tätigkeiten wie das Sammeln von Blaubeeren. Auch darüber, was wohl gewesen wäre, wenn die Weißen nicht als Eroberer und Kolonialisten in das gelobte Amerika gekommen wären, sondern als Lernende. Dann hätten sie vielleicht folgendes lernen können: „Es ist ein großer Fehler, irgendeine Gruppe oder irgendwelche Menschen als Gegner zu betrachten. Wenn du dies nämlich tust, drängst du sie genau in diese Rolle. Es ist nützlicher, jeden anderen Menschen als ein anderes Ich, jedes einzelne Individuum als einen Vertreter dieses Universums zu betrachten“, so der Indianerheiler Mad Bear, zitiert nach Heinz J. Stammel „Die Apotheke Manitous  -  Das Heilwissen der Indianer“.

Übrigens war es hüben wie drüben nicht so verschieden, auch die nordamerikanischen Indianer kannten die Heidelbeere: „Heidel- und Preiselbeere waren seit jeher für die Indianer ein wichtiges Nahrungs- und Heilmittel. Zur Erntezeit der Beeren beteiligten sich nicht nur Alte, Frauen und Kinder am Sammeln, sondern auch die sogenannten `Krieger`, wie Trapper berichteten. Die frischen Beeren wurden während der Reifezeit als Dessert gegessen, Getreide- und Gemüsesuppen beigegeben, hauptsächlich aber luftgetrocknet und für den Winter aufbewahrt“ (ebenda)

Also, so wie bei uns „zuhause“, wenn wir allesamt mit Oma und Opa, Tante und Onkel, Mama, Papa, Kinder in den Sommerferien „in die Beeren“ zogen, um unseren Wintervorrat einzusammeln. Während ich dem nachspüre, summe ich vergnüglich vor mich hin. Ein Lied, aus Amerika, dem gelobten Land: „I found my freedom on blueberry hill“.

p. s. Nach dem Sammelerlebnis von meiner Liebsten und mir backte die Liebste noch einen mächtigen Blaubeerkuchen am nächsten Tag, mit Streuseln und mit Walnusskernen aus Fredelsloh. Den brachten wir dann den fleißigen Helferinnen und Helfern beim Mittelalterofenbrand am Keramikum. Es war Sonntag, und der Ofen wurde nach einer Woche Brenndauer gerade ausgeräumt. Lecker war´s für alle, das Kuchenschlecken (mit Sahne und Vanilleeis!)

Blaubeerkuchen. . .

. . . mit Streusel

Dienstag, 2. August 2016

Pizza - Kunst



Pizza - Kunst

Eigentlich wollte ich ja nicht mehr mit Kindern kochen und backen, lieber mit Erwachsenen, Esskunst gestalten. Noch eigentlicher wollte ich Pizzagedichte schreiben, Haiku auf buntem Hintergrund, Lyrik und ein gemeinsames Mahl mit einander verbinden. Am eigentlichsten wollte ich das in ein großes Fest des Lebens einbinden, ein Tag mit Lesungen, Musik und eben essbaren Haiku am Abend. Nun gut, das werden wir sicher alles einmal machen. Doch vorerst kam es anders.

Schon letztes Jahr wurde ich einmal gefragt, ob ich meine Erfahrungen in der Arbeit mit Kindern in der Küche nicht einbringen wolle, für ein Projekt in den Herbstferien. Und ich willigte ein. Leider wurde daraus nichts, bedingt durch einen Todesfall. Dieses Jahr dann erneut, und es klappte, zwei Vormittage in der Küche der Alten Schule Fredelsloh, Sommerferienprogramm.

Impressionen von diesen zwei Vormittagen:



Vor dem Bemalen und Belegen der Pizzaböden die Vorbereitungen: Gemüse schnibbeln, Formen aus den Gemüsescheiben ausstechen, Teig kneten, Saucen rühren, Blüten zupfen



Arbeitstisch



Die Farbpalette der essbaren Blüten: Kornblumen, Flockenblumen, Calendula, Sonnenblumen, Rosen, Stockrosen, Malven
Schließlich ist es so weit: Einmal "Pizza Fredelsloh" bitte!
Wir waren das!
Pizzakunst, gemeinsam erstellt
Mehr Pizzakunst. Die Pizzasaucen (hier: Spinat) sind übrigens in den Ausstechformen aus Metall in den Ofen gekommen, damit die Formen nicht verlaufen
Pizzakunst mit Herz




Noch eine Ergänzung: Die Rezepte dazu habe ich hier Veröffentlicht: Bunte Gemüsepizzas

Dienstag, 26. Juli 2016

Frühstück regional, oder: Fredelsloher Wilde Küche - Frühstück

Nussbrötchen, Butter, Frischkäse, Ei, Waldhimbeer- und Walderdbeermarmelade, Wildschweinleberwurst im Glas, alles aus Fredelsloh und "umzu"




Frühstück regional, oder: Fredelsloher Wilde Küche  -  Frühstück

Anlässlich des Ferienbesuches meines Sohnes in Fredelsloh präsentierte ich einmal ein Frühstück, bei dem (fast) alles aus der Gegend, oder, wie man in Bremen sagen würde, aus Fredelsloh und umzu kam: Die Brötchen wurden selbst gebacken, aus einem Hefeteig mit Dinkelmehl. Ich benutze für meine Hefeteige (Pizza, Brötchen etc.) immer einen Quark-Öl-Teig, wobei ich statt Backpulver, das normalerweise für diesen Teig benutzt wird, Hefe nehme. Dinkel wird ein Dorf weiter bei einem Biobauern angebaut, der damit eigenes Brot backt. Wenn ich, wie bei den obigen Brötchen, statt Olivenöl Butter nehme, kann ich auch die selber machen aus Bauernmilch. Nur in die Quarkbereitung muss ich mich noch (wieder) einarbeiten, dafür wird Lab verwendet. Die Körner in den Brötchen sind Walnusskerne, wir haben auf unserer Streuobstwiese auf dem Tönnieshof auch Nussbäume. Später im Jahr können in der Umgebung auch Haselnüsse gesammelt werden, dann wird das Wilde Küche – Frühstück durch Nuss-Nougat-Creme komplettiert.

Auch Butter und Frischkäse waren selbstgemacht. Aus 10 Litern Milch kann ich etwa 250 g Butter und ein Kilo Kräuterfrischkäse herstellen, in unaufwändiger Form. Die Molke, die bei der Käseproduktion entsteht, bekommt der Nachbar für seine Hühner. Von denen wiederum kommen die Eier für das Frühstück. Bei so einem Frühstück komme ich ins Erinnern: Früher hat ein Kleinbauernhof alles gehabt, ein, zwei Kühe, dito Schweine, eine Hühnerschar, dazu Kartoffelfelder, Getreide für die Tiere, Heuwiesen. Unser Nachbar der Alten Schule Fredeloh, ein „Eingeborener“, erzählt mir oft davon, dass sie so einen Hof hatten. „Wir brauchten kaum etwas kaufen“. Von der heutigen Zeit aus klingt das idyllisch, anheimelnd, doch nicht umsonst hat der Nachbar später den Hof nur noch nebenbei betrieben und ist in der Maschinenfabrik in der nächsten Stadt angeheuert. Auch war das Leben auf so einem Hof menschlich gesehen nicht immer unkompliziert, mit mehreren Generationen unter einem Dach.

Die passende Tasse dazu: "Wildfänge" (Fredelsloher Töpferware)
Anfang der siebziger Jahre, meiner Jugendzeit, war es en vogue in der Alternativbewegung, vom unverfälschten Leben auf dem Lande zu träumen. Das „Land“ schien der utopische Friedensort der Gegenwart. Auch ich wurde von diesem Virus befallen, und er ließ mich nicht mehr los. Nach einer Gärtnerlehre begab ich mich mit einer Gruppe Gleichgesinnter aufs gelobte Land. Hier stießen wir mit unseren Träumen schnell an unsere Grenzen. Zum einen waren wir als Stadtkinder den Umgang mit Tieren nicht gewohnt, und es wurde ein schweres „learning by doing“, das uns erwartete, oft zum Nachtteil der von uns gehaltenen Tiere. Zum anderen war unsere Gruppe auch so etwas wie eine Großfamilie, und auch das Leben in einer solchen will gelernt sein. Kurz, die Anfänge gestalteten sich sehr chaotisch, und ohne die gegenseitige Hilfe mit anderen Kleinbauern aus der Umgebung wären wir gründlich gescheitert.

So zeigte sich schon damals, bei der Autopsie der Utopie, dass es wohl doch nicht erstrebenswert ist, alles selbst her zu stellen, sondern sich in eine Art genossenschaftlichen Austausch mit den anderen Dörflern zu begeben. Das ist auch das, was ich hier in Fredelsloh anstrebe, nicht die Abschottung in einer vermeintlich homogenen Gruppe Menschen, die quasi „im eigenen Saft“ schmoren, sondern ein Geben und Nehmen, ein Zusammen mit anderen aus dem Dorf. Dass das hier in Fredelsloh so möglich ist, erfüllt mich mit Freude.

Zurück zum Frühstück: Die Wildschweinleberwurst aus dem Glas kommt wieder aus eigener Herstellung, die damit begann, dass ich vom Schlachter ein Kilo Wildschweinleber geschenkt bekam. Und die beiden Marmeladen wurden aus selbstgesammelten Walderdbeeren und Waldhimbeeren hergestellt. Es sind recht intensive Geschmackserlebnisse, die diese Produkte bescheren, gesamt hat es etwas Urwüchsiges, das ich sehr schätze. Für meinen Sohn hingegen ist einiges gewöhnungsbedüftig. Doch bei den Marmeladen langt er ordentlich zu. . .

Frühstückstee mit Blüten und Honig von der Liebsten
Um das Ganze abzurunden, habe ich als Getränk einen Blütentee dazu gestellt, der aus Malvenblüten aufgebrüht wurde. Die geben beim Aufbrühen eine phantastische, fast ins Türkis gehende Farbe ab. Gesüßt wird der Tee mit Honig, welcher aus den Bienenstöcken der Liebsten kommt. Meinem, unserem Traum aus der Jugendzeit, dem „unverfälschten Leben auf dem Lande“, bin ich letzlich doch recht nahe gekommen, auch wenn er sich im Ergebnis anders gestaltet, wie ich / wir früher dachten. Es ist letztlich eine sehr persönliche Utopie, die in diesem Frühstück ihren Niederschlag findet, die Lage der „Welt“ ist wesentlich komplexer, als dass sie sich mit einem Exodus aus den Städten auf das Land und mit Selbstversorgung einfach bereinigen ließe. Möge es ein Anstoß sein, sich auszutauschen. Wenn ihr mich einmal besucht, können wir uns gerne bei einem ausgiebigen Frühstück darüber unterhalten, was wohl wünschenswert wäre für Mensch und Welt. . .

Mein Sohn und ich jedenfalls gehen gleich erst einmal in den Wald, um Pilze zu sammeln. Für das Mittagessen.  

Montag, 25. Juli 2016

Die beiden Schäferjungen - Ein Märchen aus Fredelsloh

Die Einbandzeichnung des Buches "Aus Niedersachsens Märchenschatz" von Gustav Olms



Die beiden Schäferjungen  -  Ein Märchen aus Fredelsloh

Dies ist ein Märchen, das ich in dem Buch „Aus Niedersachsens Märchenschatz  -  Schöne alte Volksmärchen und Schwänke aus Niedersachsen, gesammelt und herausgegeben von Karl Henniger und Johann von Harten“ (1923) mit dem Zusatz „Aus Fredelsloh im Solling“ gefunden habe. Illustriert hat das Büchlein Gustav Olms (1864 – 1930).

Schrieben doch schon die Gebrüder Grimm, unsere vertrauten Märchenonkel: „Es wird dem Menschen von Heimatswegen ein guter Engel beigegeben, der ihn, wenn er ins Leben auszieht, unter der vertraulichen Gestalt eines Mitwandernden begleitet  . . . Diese wohltätige Begleitung ist das unerschöpfliche Gut der Märchen, Sagen und Geschichten, die uns die Vorzeit als einen frischen, lebendigen Geist nahe zu bringen suchen.“

Nun ist das Märchen von den beiden Schäferjungen eher ein Alltagsmärchen, ohne Prinzessinnen, die erlöst werden wollen, ohne Rätselfragen und ohne des Teufels Großmutter. Allenfalls eine Räuberbande kommt darin vor. Ich mag auch gar nicht so viel in diese eher drollige Geschichte hineingeheimnissen, doch beim Lesen schien mir manches als eine Parabel auf unsere traumdunklen Zeiten. Fürchten wir uns nicht auch vor unserem eigenen Schatten, und werfen ihm unsere Speisen und Löffel hin, anstatt einmal inne zu halten und ihn uns genauer anzuschauen? Versuchen wir nicht auch, das freie Schweifen von Gefühlen und Gedanken wie der Schäfersjunge die ungezogenen Schafe durch Abtöten still zu bekommen? „So, nun lauft ihr mir nicht mehr weg!“

Und wenn wir dann feststellen, dass unsere Dummheit Schaden angerichtet hat, versuchen wir nicht auch, einfach weg zu laufen? Da ist der Klügere nicht klüger als der Dumme. Und beide sind gefräßig genug, um sich in der Nacht noch unrechtmäßig ihren Teil zu holen. Nur, wenn sie dann noch Dümmeren begegnen, geht die Geschichte wenigstens gut aus. Im Märchen. In der heutigen Zeit hoffe ich dennoch, dass sich die Menschen noch einmal besinnen, und lernen, dass sich weder das Räubern lohnt, noch die Dummheit, die sich als Klugheit ausgibt, und nach Hause kommen und. . . Schafe hüten.

Auf jeden Fall zeigt dieses Märchen, dass früher auch nicht alles besser war, und Dummheit und Gefräßigkeit und Raubgier herrschten. Es sieht wohl auch heute noch so aus: „Sicher haben die Dummen oft das meiste Glück in der Welt“. Doch haben wir noch heute in Fredelsloh eine Schäferin, und die ist alles andere als dumm, und lässt ihre Schafe zusammen mit Ziegen die Kalkmagerrasen auf der Weper abweiden, so dass uns die dort ansässige seltene Flora erhalten bleibt und nicht von Gesträuch und Gestrüpp überwuchert wird. Landschaftspflege. Kein Märchen.

Vor alter Zeit lebte einmal ein Schäfer, der hatte zwei Jungen, einen dummen und einen klugen. Eines Tages hatte der Vater keine Zeit, und die beiden mussten die Schafe hüten. Als es nun gegen Mittag kam, sagte der Kluge zum Dummen: „Geh nach Haus und iss, und bring mir auch einen Topf voll Essen mit; vergiss aber den Löffel nicht!“

Der Dumme tat, wie ihm sein Bruder gesagt hatte. Es war aber Sommer, und die Sonne schien hell. Wie der Junge auf dem Herwege sich einmal umguckte, sah er seinen Schatten hinter sich; in seiner Dummheit aber glaubte er, es wäre ein schwarzer Mann, der etwas von seinem Essen abhaben wollte. „Geh weg!“ sagte deshalb der Junge und blieb ärgerlich stehen. Nun blieb der Kerl auch stehen. Als der Junge aber weiterging, war der Schwarze wieder hinter ihm. „Na, da hast du einen Löffelvoll; damit gibt dich zufrieden!“ sagte der Junge und warf seinem Schatten einen Löffelvoll Essen hin. Doch das half nichts: der Schatten blieb ihm nach wie vor auf dem Hacken. Da gab er ihm noch einen Löffelvoll, dann noch einen und so fort, bis nichts mehr im Topfe war. Und als der Kerl immer noch mitging, warf er ihm auch noch den Löffel und den Topf hin.

Als er nun zu seinem Bruder kam, fragte der nach seinem Essen. Da erzählte der Dumme, wie es ihm mit dem schwarzen Kerl ergangen wäre. „Ach“, rief der andere, „habe ich je so einen Dummerjahn gesehen! Das war ja dein Schatten. Mit dir ist´s schlimm, und mit deiner Dummheit nimmt es mal kein gutes Ende!  -  Doch du hast nun gegessen; jetzt bleib du bei den Schafen, und ich gehe hin und esse. Aber dass du mir die Schafe immer hübsch beisammen hältst und keins verlierst!“ Der Dumme versprach alles, und der andere ging.

Doch die Schafe wollten dem Jungen nicht gehorchen; bald liefen sie hierhin, bald dahin; er konnte sie nicht beisammen halten, so große Mühe er sich auch gab. Da wurde er zuletzt wütend, nahm sein Messer, schnitt den Tieren der Reihe nach den Hals ab und warf sie alle auf einen Haufen. „So“, sagte er, „nun lauft ihr mir nicht mehr weg!“

Als der Bruder wiederkam und sah, was der Bengel angerichtet hatte, erschrak er nicht schlecht. „Junge“, rief er, „was hast du gemacht? Jetzt können wir nur Reißaus nehmen; denn zu Hause dürfen wir uns nicht mehr blicken lassen. Habe ich´s nicht immer schon gesagt, dass du noch einmal was anrichten würdest! Nun ist das Unglück geschehen!“ Das sah denn auch der Dumme ein, und sie machten sich, was siehst du, was hast du, davon.

Sie gingen den ganzen Tag. Gegen Abend kamen sie auf einen Bauernhof, und weil es schon dunkel wurde, so fragen sie, ob sie dort wohl über Nacht bleiben könnten. „Ja“, sagte die Bauersfrau, „das könnte ihr; aber morgen früh müsst ihr mir dreschen helfen!“ Damit waren die beiden einverstanden. Als nun das Abendbrot aufgetragen wurde, mussten die Jungen mit an den Tisch setzen. Es gab  Erbsensuppe, und die beiden ließen sich´s gut schmecken. Doch als sie gerade im besten Zuge waren, meinte der Bauer: „Mit Erbsen kann man sich leicht den Magen überladen, und dann gibt es schwere Träume. Besser ist es, wir hören jetzt auf.“ Damit legte er den Löffel weg, und die anderen hörten auch auf. Noch ganz hungrig mussten die beiden Schäferjungen vom Tische weg auf den Heuboden, wo sie schlafen sollten.

Als sie eine Weile gelegen hatten und im Hause alles still war, sagte der Dumme zu den andern: „Ich bin aber noch so hungrig.“  -  „Ich auch“, flüsterte der Kluge. Nach ´ner Weile fing der Dumme wieder an: „Du, ich habe gesehen, wohin die Frau den Topf mit Erbsen gestellt hat. Weißt du was: Ich hole ihn her!“  -  „Ja, das tu!“ sagte der Älteste. Da schlich sich der Junge herunter und brachte auch den richtigen Topf mit den Erbsen, und die beiden aßen sich tüchtig satt.

Darauf sagte der Kluge zu seinem Bruder: „Nun können wir nur die Tür auf den Nacken nehmen und weglaufen; denn hier ist unsers Bleibens nicht länger!“  -  „Gewiss“, meinte der andere, „ich bin dabei; dreschen ist sowieso nicht mein Fall. Doch erst will ich noch einen Topf voll Erbsen mit auf den Weg nehmen; ich habe vorhin gesehen, der Stieltopf steht im Ofen und ist noch ganz voll.“ Damit schlich er sich noch einmal in die Stube und holte noch einen Topf voll Erbsen, und dann nahm er  -  da er doch alles wörtlich verstand  -  die Hecketür auf den Nacken und machte sich hinter seinem Bruder her.

Sie gingen nun immer weiter, bis sie in einen großen Wald kamen; darin war es so finster, dass sie keine Hand vor Augen sehen konnten. Sie beschlossen daher, hier über Nacht zu bleiben. In dem Walde gab es aber Räuber; deshalb sagte einer zum andern: „Lasst uns auf einen Baum steigen; denn sonst, wenn uns die Räuber finden, sind wir verloren!“ Das taten sie denn auch, und der Jüngste nahm die Tür samt dem Topf voll Erbsen mit hinauf.

Kaum hatten sie oben Platz genommen, so kamen auch richtig Räuber daher, die setzten sich gerade unter diesen Baum und fingen an, ihr Geld zu zählen. Den beiden Jungen klapperten vor Angst die Zähne im Kopfe; aber keiner rührte und regte sich. Als die Spitzbuben stundenlang sitzen blieben und keine Anstalt zum Weggehen machten, wurde dem Jüngsten zuletzt seine Last zu schwer, und er flüsterte seinem Bruder ins Ohr: „Ich kann meinen Topf nicht mehr halten; ich gieße etwas heraus.“  -  „Tu das ja nicht“, flüsterte der andere, „sonst kommen die Räuber herauf und machen uns tot!“ Doch der Dumme sagte: „Ich kann nicht mehr. Ich tu es doch!“  -  „Na, denn in Gottes Namen!“ sagte zitternd der andere. Und gleich goss der Jüngste die Brühe aus dem Topfe, dass es nur so herunter pladderte, gerade den Räubern auf die Köpfe. Die Spitzbuben waren aber so mit ihrem Gelde Beschäftigt, dass sie nicht weiter aufsahen und bloß vor sich hin sprachen: „Gott beschert uns einen warmen Regen!“

Eine Zeitlang verhielt sich der Dumme ruhig; dann fing er wieder an: „Der Topf ist noch so schwer, weißt du was, ich schütte alles heraus.“  -  „Junge“, meinte der Bruder, „tu das nicht; sonst kommen die Räuber herauf und machen uns tot!“  -  „Und ich tu es doch!“ trumpfte der Kleine auf. „Na, denn in Gottes Namen!“ sagte leise der Große. Nun schüttete der Dumme auch die Erbsen herunter. Als die den Räubern um die Köpfe tröpfelten, sagten sie: „Gott beschert uns warmen Brei!“

Eine ganze Weile war alles still; dann fing der Dumme wieder an: „Die Tür drückt mich sehr; das beste ist, ich werfe sie herunter.“  -  „Dummer Junge“, schalt der Große, „weshalb hast du sie mitgeschleppt? Nun behalt sie auch oben! Wirfst du sie hinunter, so kommen die Räuber herauf und machen uns tot!“  -  „Du hast es mir doch selber gesagt! Und ich kann sie nicht mehr halten; ich werfe sie weg.“  -  „Na, wenn du nicht hören willst“, sagte der andere, „dann wirf sie weg in drei Teufels Namen!“ Jetzt ließ der Dumme die Tür fallen, dass sie nur so im Baume herunter klabasterte. Als das die Spitzbuben hörten, ließen sie sich ins Bockshorn jagen, dass sie aufsprangen und riefen: „Der Himmel zerbricht! Der Himmel zerbricht!“ Sie liefen ohne ihr Geld davon und ließen sich auch nicht wieder blicken.

Am andern Morgen stiegen die Jungen vom Baume herunter, nahmen das Geld, das die Räuber hatten liegen lassen, und gingen wieder nach Hause zu ihrem Vater, und der war froh, dass er die Jungen wieder hatte. Noch mehr freute er sich, als sie ihm das Geld gaben; denn nun konnte er sich wieder eine Herde Schafe kaufen, mehr noch, als er gehabt hatte. So haben die Dummen oft das meiste Glück in der Welt.