Es tut gut, ein jeden Morgen etwas inne zu halten und die Welt zu betrachten und zu sinnieren. Nein, ich benutze hier nicht das Wort "Meditation", darin schwingt mir zu viel Absicht und Wille und Zielgerichtetheit mit ein. Bilder tauchen auf vor meinem inneren Auge, von Menschen in Yogastellung sitzend mit gekreuzten Beinen, mehr oder weniger versunken in sich. Oder von kahlgeschorenen Zen-Adepten, welche ernst und dunkel gewandet, irgendwie asketisch wirkend, in langer Reihe sitzen.
Ich geh einfach hinaus, und wandle im Garten umher, oder ich liege im Bett und schau aus dem Fenster, während die Morgensonne verspielte Kringel an die Wand wirft. Es ist so etwas wie ein "Einfädeln" in das Tagesgeschehen. Manchmal klingt ein Traumgebilde nach oder einige Sequenzen aus Geträumten in der Nacht. Manchmal drängt etwas nicht zu Ende gedachtes in das Sinnieren, manchmal ist da sprachloses Schauen.
Auch ein rechtes Zeitmaß gibt es da nicht. Oft schon möchte ich nach kurzem Sosein tätig werden, es fällt mir zum Beispiel ein, dass ich mir für den Morgen vorgenommen hatte, noch diesen oder jenen Brief zu schreiben; ein anderes Mal braucht es seine Zeit, und dann bin ich glücklich darüber, mir diese gewähren zu können.
Schön auch, morgens zu zweit aufzuwachen und sich gemeinsam diese "blaue Stunde" zu gewähren. Sich noch bettwarm ineinander kuscheln, und sich einfach das so zu erzählen, was gerade in den Sinn kommt.
Es geschieht einfach, dieses "Einfädeln", und doch hat es etwas von einem Ritual für mich. Ich möchte es nicht mehr missen. "Ritual", dieses Wort birgt etwas ähnliches in sich, wie das Wort "Meditation". Zielgerichtetheit, Eingrenzung in einem vorbestimmten Ablauf, ein Tun, welches auch ohne innere Anbindung an dieses Tun vollführt werden kann. All das ist hier nicht gemeint. Eigentlich meine ich einfach nur Einfachheit.
Einfachheit
Des Morgens
die stille Hütte
am Berge.
Berglilien
stehn in der Sonne,
tropfenbehangen.
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