Exoten unter sich: Hokkaidokürbis, Basilikum, Eberraute, Zitronenverbene |
Es war Mitte
der achtziger Jahre, wir lebten damals in einer Gemeinschaft auf einem kleinen
Resthof in Ostfriesland, „Kommune“ nannten die Einheimischen das, und
versuchten uns in Selbstversorgung. Wir bekamen Besuch von einen dieser
Weitgereisten, die damals von Projekt zu Projekt zogen, um hier eine Weile
mitzuwohnen und zu –arbeiten und dann wieder dort. Dieser Wanderer brachte uns
etwas ganz Wertvolles mit, ein Glas gefüllt mit einem Nahrungsmittel, welches
andernorts auf einem der Höfe hergestellt wurde und von dem er uns als
Gastgeschenk ein Glas überreichte.
In dem Glas
befand sich eine Art Kräutermus, hergestellt aus frischem Basilikum, Olivenöl,
Knoblauch, Pinienkernen, Salz und Parmesankäse; die Rezeptur kam aus Italien,
das Ganze nannte sich Pesto. Das war für uns damals unbedingt exotisch,
außerdem wurde uns die Heilkraft dieses Elixiers in lobenden Worten
beschrieben, ein kraftvolles echtes „Lebens“mittel mit den besten Zutaten, die
es sich denken lässt. Allein Basilikum: Herzerwärmend, den Organismus
kräftigend, fröhlich stimmend.
Heute, fast
dreißig Jahre später, ist Pesto ja ein „alter Hut“, neben dem traditionellem
aus Basilikum gibt es heuer alle Arten von Pesto: Aus Bärlauch, aus Ruccula,
aus Giersch. Apropo Ruccula und Bärlauch: Bärlauch hatten wir auf unserem Hof
ein kleines Pflänzchen, welches unser Vorgänger dort gepflanzt hatte und uns
als Rarität pries, Ruccola und wilde Rauke waren noch gänzlich unbekannt.
Koriander
wuchs uns zu, da er sich bei uns im Garten aus früherem Anbau her verwildert
hatte. Zuerst stand ich völllig ratlos vor dieser so seltsam riechenden Pflanze
(nicht umsonst wird sie auch „Wanzendill“ genannt, sie soll nach Wanzen
riechen, wobei ich nicht weiß, wie Wanzen eigentlich riechen), bis ich
herausfand, um was es sich handelte. Dann erntete ich vorerst nur die Körner
davon, die frischen Blätter zu verwenden, darauf wäre ich nicht gekommen, zu
merkwürdig war das Aroma.
Es war die
Zeit, wo gerade der Hokkaidokürbis in den Gärten der Biohöfe seinen Siegeszug
antrat, als wohlschmeckender Lagerkürbis mit vielen guten Eigenschaften. Heute
ist das alles unverständlich. Basilikum, Rauke, Hokkaidokürbis wird in jedem
Supermarkt angeboten, selbst frischer Koriander ist keine absolute Rarität
mehr, frischer Ingwer gar Massenware, Selbstverständlichkeit.
Das alles ist
einmal entstanden, weil die weltoffenen Biogärtner immer wieder auf der Suche
nach brauchbaren Neuem waren, um sich kleine Nischen im Markt zu schaffen, in
einer Wirtschaft, wo große Betriebe dominant waren. Doch war es nicht nur die
Suche nach der neuesten Exotik, es war auch ein Weg zu den Ursprüngen, ein Weg,
der mich zum Beispiel die kleinen Beeren der wilden Felsenbirnen sammeln ließ,
um daraus Fruchtmus zu kochen und welche in Ostfriesland schon lange in
Gebrauch waren und dort „Korinthen“ genannt wurden.
Auch
Koriander und Basilikum wurde in den Bauerngärten angebaut, dazu Kümmel,
Majoran und Anis, welche als frische Pflanze nicht minder „exotisch“ waren.
Es hat sich
viel getan seitdem und unsere Küche ist bunter und weltoffener geworden. Das
empfinde ich als sehr positiv, und das lässt hoffen. So gibt es denn heute als
Imbiss nach unserer Kräuterwanderung eine Kürbissuppe aus Hokkaidokürbis, mit
Ingwer und Koriander. . .
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