Sonntag, 20. Oktober 2013

Die guten Früchte

Noch vor der Fahrt die guten Früchte geerntet: Hingen doch die letzten Äpfel und Birnen am Baum, und der erste leise Nachtfrost zog über das Land. Es sind die späten Sorten, die Lagersorten, die jetzt geerntet werden. Jeder Tag, den sie länger am Baume bleiben dürfen, um auch noch die letzten Sonnenstrahlen des Oktobers aufzunehmen, fördert den Wohlgeschmack der Früchte. Es ist ein Abwägen, sind doch die Herbstsonnentage diejenigen, welchen oft die ersten Frostnächte folgen. 

Wir ernteten, da wir mehrere Tage verreisen, und wir nicht Gefahr laufen wollen, dass wir nach dem Heimkommen nur noch beschädigte Früchte vorfinden würden. Diese Vorsicht erwies sich als berechtigt, denn schon am nächsten Tag beutelte ein Herbststurm die Baumkronen.

Dieses Jahr hatten wir nicht so viele Äpfel der Sorte Ontario, der Baum trägt nur alle zwei Jahre reichlich, "alternierend" heißt das in der Fachsprache. Doch dafür trug der kleine Boskop das erste Mal. Diese Früchte, die länger im Lager liegen müssen, um wohlschmeckend zu werden, erhalten eine besondere Behandlung. Handgepflückte Exemplare werden einzeln auf Papier in Holzstiegen gelegt, ohne dass sie sich gegenseitig berühren. Im geeigneten Lagerraum können sie dann lange Zeiten verbringen. Die letzten Ontarioäpfel des letzten Jahres aßen wir dieses Jahr im Mai.

In diesem Jahr trug der eine Birnbaum das erste Mal. Auch dies Birnen, die erst nach einer Zeit des Liegens ihren ganzen Wohlgeschmack entwickeln. Da sie in Bälde gegessen werden, dürfen sie auch etwas gehäufter in der Holzstiege liegen.

Mit dem Essen jener Früchte verleiben wir uns all die Sorgfalt und Liebe ein, die wir ihnen angedeihen ließen, ihnen und den Fruchtbäumen. Es ist eine Art Kreislauf: Das Schneiden der Bäume im Winter, um die Kronen in eine gefällige Gestalt zu bringen, das geduldige Schauen auf das Wachsen, das Ausschneiden der Gespinste der Apfelspinners, das Begleiten der Birnbäume, als sich die ersten orangefarbenen Flecken des Birnenrostes auf den Blättern zeigten. Der Befall war dann nicht so stark, dass wir eingreifen mussten; die Vorfreude auf die Ernte, als wir sahen, dass die Bäume angesetzt hatten, und die Früchte größer und größer wurden.

All das essen wir mit, wenn wir uns im Winter einen Apfel aus dem Lager holen und ihn verzehren.





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2 Kommentare:

  1. Ein schöner Bericht. Ich kenne das Apfellagern nur von meiner Oma. Kartoffeleinkellern haben auch noch meine Eltern gemacht. Ich selber ..nie. Eigentlich schade.
    Gruß vonner Grete

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  2. :-) Wenn Du einmal bei uns vorbei kommst, schenken wir Dir sicher einen Apfel!

    Lieben Gruß vom Dingefinder

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