Mittwoch, 23. Oktober 2013

Verschiebungen

Heute war wieder ein sonnigmilder Oktobertag, sommerlich gar. Ich erinnere mich an letztes Jahr, wo der Herbst bis weit in den Dezember hinein uns ebenso mit Milde segnete. Dafür jedoch dauerte der Winter bis in den April hinein. 

Ich genieße diese Milde, und am Samstag wollen wir eine Art Erntedankfest mit lieben Freunden im Garten veranstalten, unser schöner großer Wirsingkohlkopf findet den Weg in Kochgefäß und Mägen, dazu einiges anderes aus den Gärten. Da kommt uns dieser Spät-Spätsommer wahrlich zum richtigen Zeitpunkt. 

Und doch arbeitet es in mir. Waren früher die Jahreszeiten nicht eindeutiger? Wird nicht immer häufiger in den Zeitungen gemeldet "der kälteste Februar seit. . .", "der wärmste Dezember seit. . .". So als wäre das geschenkte Oktobergold ein Vorbote von etwas unheimlichen: Der menschengemachten Klimaerwärmung. Eine Erwärmung, die eben nicht unsere norddeutschen Gebiete in ein sonniges Florida verwandelt, sondern die Jahreszeiten verschiebt: Der Herbst bleibt länger mild, dafür bleibt es länger Winter. 

Kaum wird darüber spekuliert, dass das Vorboten von etwas Tiefgreifenden seien, schon wedelt wieder irgendwer mit einer anderen Statistik: "Alles okay, unsere Erinnerungen trügen, und es gab immer solche Wetterschwankungen."

Nun können meine Erinnerungen mich trügen, und es wirklich so. Ein Rest Unheimliches bleibt und mischt sich in das Genießen der unverhofften Wärme. Dann kommt es mir vor, als bewegten wir uns als Menschheit auf dünnen Eis, auf schwankendem Boden, und während wir uns an der warmen Gegenwart erfreuen, bricht sich etwas Unheimliches Bahn. . .

Als Gärtner habe ich gelernt, die Witterungsverhältnisse einigermaßen stoisch hinzunehmen, denn etwas anderes bleibt mir so oder so nicht übrig. Doch manchmal beschleicht mich ein Gefühl der Trauer und des Abschiednehmens von Vertrautem. Auch das lässt sich nicht ändern. . .





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