"Gefühlt" ist es gerade Sommerzeit. Selbst die Nacht ist mild und eine freundliche Mondsichel illuminiert den erwachenden Garten. Doch das ist sicher nicht mit "Sommerzeit" gemeint. Die "Zeitumstellung" zeigt uns die Willkür, mit der wir regiert werden. Ich denke, bei einer Direktabstimmung würde der Unfug, die Uhr turnusmäßig eine Stunde hin- und her zu verstellen, aufhören.
Sie zeigt uns jedoch auch etwas anderes: Die Entfremdung des Wesens Mensch von der umgebenden Natur. Als gäbe es nichrt Körperrhythmen und Jahreszeiten- und Tagesrhythmen und noch mehr in einander verwobenes Schwingen, wird einfach getaktet. Der Tag wird getaktet nach dem TickTack der Uhr (Ein Geräusch, das im Zeitalter der Digitalisierung kaum noch jemand kennt), die Schul- und Arbeitszeiten nach diesm Tick-Takt eingerichtet, die Menschen durch Strafmaßnahmen ("Du bist ja wieder zu spät!") so lange einge-nordet, bis sie die Orient-ierung verlieren.
Wohl der und dem, die sich die Zeit etwas freier einteilen können, und den Wecker nicht brauchen. Ganz einfach ist das nicht, denn die Eingriffe in die Lebensrhythmen der Menschen greifen diktatorisch tief in die gesamte gesellschaftliche Organisation ein, und erreichen somit so ziemlich jede und jeden. Und der Widersinn geht ja noch weiter. Las ich doch, dass zum Beispiel in Spanien die Siesta, welche die Mittagshitze mit einer Ruhepause überbrückt, zugunsten eines durchgehenden Arbeitstaktes abgeschafft wurde.
Manchmal hat der ganze Unfug auch erheiternde Erlebnisse zufolge. Einmal hatte ich vergessen, die Uhr schon am Samstagabend von Sommerzeit auf
normale Zeit umzustellen. Es war ein sonniger Oktobersonntagmorgen und ich war spät
dran. Ich sollte eine Kräuterwanderung leiten. Ich schwang mich aufs Fahrrad
und kam hechelnd wie ein Hund kurz vor knapp am verabredeten Treffpunkt an.
Die Gruppe war schon da. Aber sie benahm sich so komisch.
Als ich auf die Gruppe zustürmte und eine Entschuldigung loswerden wollte,
interessierte das niemanden. Ich wurde in etwa wie ein Ausirdischer angeguckt, was mich sehr irritierte. Es war jedoch gar nicht meine Gruppe, sondern eine
fröhliche Wanderschar, die sich an diesem Morgen an dieser Stelle traf. Ich war eine Stunde zu früh.
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