Beim Topfen der Tomatenpflanzen |
Von 2007 bis 2009 durfte ich das Schulgartenprojekt "Gärten zum Naschen, Spielen und Lernen" leiten. Das Projekt wurde von Slowfood Bremen und dem Verein "Spiellandschaft Stadt e. V". unterstützt und vom Verein "Bremen Kinder leicht gesund e. V. " über Bundesmittel finanziert.
Zweieinhalb Jahre lang konnte ich an mehreren Schulen Bremens mit Kindern im Schulgarten arbeiten und dabei ganz neue Wege gehen. Schwerpunktschulen waren die Grundschule an der Karl Lerbs Str. und die Schule am Baumschulenweg. Über dieses Projekt liegt eine Dokumentation vor, die ich hier vorstellen möchte. Sie trägt den Titel "Ein Garten zum Naschen, Spielen und Lernen" und dokumentiert die Geschehnisse in der Grundschule an der Karl Lerbs Straße. Hier die Einführung:
Ein Garten zum Naschen, Spielen und Lernen
Dazu eine Begebenheit: Lasse, der Pressesprecher unserer Garten-Schülerfirma sagte ganz spontan, als er den Konfuzius-Spruch „Erzähle mir und ich vergesse.Zeige mir und ich erinnere.
Lass es mich selber tun und ich verstehe.“ in dieser Mappe las: "Ja, das tun wir!"
Der
vorhandene Schulgarten wurde weitergeführt, Beet- und Wegstrukturen
weitestgehend belassen. Die Beete wurden mit Steinen und/oder
Buchsbaum eingefasst. Die Steine setzten die Kinder selber.
Zweieinhalb Jahre lang konnte ich an mehreren Schulen Bremens mit Kindern im Schulgarten arbeiten und dabei ganz neue Wege gehen. Schwerpunktschulen waren die Grundschule an der Karl Lerbs Str. und die Schule am Baumschulenweg. Über dieses Projekt liegt eine Dokumentation vor, die ich hier vorstellen möchte. Sie trägt den Titel "Ein Garten zum Naschen, Spielen und Lernen" und dokumentiert die Geschehnisse in der Grundschule an der Karl Lerbs Straße. Hier die Einführung:
Ein Garten zum Naschen, Spielen und Lernen
„Erzähle
mir und ich vergesse.
Zeige
mir und ich erinnere.
Lass
es mich selber tun und ich verstehe.“
Konfuzius
Onkel
Otto hatte einen Garten. So einen richtigen Schrebergarten mit
Gemüsebeeten, bunten Blumen, Erdbeerbeeten und Johannisbeerbüschen.
Wenn ich in den großen Ferien bei Onkel Otto war, konnte ich in
seinem Garten so viele Johannisbeeren naschen, bis meine Zunge ganz
pelzig war. Seinen Garten fand ich toll. Die Gemüse aus dem Garten,
die Tante Hilde einmachte, zum Beispiel süßsauren Kürbis, fand ich
nicht immer so toll.
Meine
Großmutter hatte einen Dachboden, auf dem die selbstgesammelten
Kräuter getrocknet wurden. Linden- und Weißdornblüten, Schafgarbe
und anderes. Meine Großmutter machte selber Leberwurst in Gläsern
und wenn ich einen kratzigen Hals und Husten hatte, gab es frischen
Zwiebelsaft von rohen Zwiebeln.
Meine
Eltern wohnten in der Großstadt, aber wir fuhren bei jeder
Gelegenheit hinaus und sammelten Pilze und Beeren. Auch wurden jedes
Jahr Kartoffeln „gestöppelt“, das heißt, auf den
Kartoffelfeldern Nachlese betrieben. Zwei typische Erinnerungen an
die Aromen meiner Kindheit: Der Geruch von dem brennenden
Kartoffelstroh auf dem Feld, in dem die Kartoffeln gebacken wurden
(„Kartoffelfeuer“) und Blaubeersuppe als Vorsuppe zu den
Pfannkuchen.
Wir
Kinder lernten „Ernährung“ im Garten und in der Küche, weil zu
Hause viel selbst geerntet und gekocht wurde. Erfahrungen, die
Kindern heute sehr häufig fehlen. Kinder lernen durch Nachmachen.
Als
Präambel könnten über dem Konzept für die Gärten zum Naschen,
Spielen und Lernen folgende Sätze aus dem Heft „Das Auge schläft
bis es der Geist mit einer Frage weckt – Krippen und Kindergärten
in Reggio/Emilia“ von Gisela Hermann et al, Berlin 1984, stehen:
„Wahrnehmen
ist mehr als nur ein Reagieren der Augen auf Reize. Es ist ein
aktiver Vorgang, in dessen Prozess sich das Kind mit all seinen
Sinnen seine Umwelt aneignet, die Welt für sich persönlich neu
`erschafft´. Der Einsatz aller Sinne, wie Sehen, Hören, Tasten,
Riechen und Schmecken, verstärkt das Erleben, Lernen und Verstehen.
Für das Kind ist das Wahrnehmen ein In-Beziehung-Setzen zwischen
Gegenstand, Menschen und persönlicher Erfahrung.
Die
geistigen Fähigkeiten des Kindes entwickeln sich in Wechselbeziehung
zu seiner Umwelt: Das Kind ist auf die Reize und Informationen durch
seine Umwelt angewiesen. Es hat die Fähigkeit, diese seiner
Altersstufe entsprechend auszuwählen und umzuformen – es ist ein
aktiver Lerner.“
Ziel
ist es, den Kindern ohne pädagogischen Schnickschnack das zu zeigen,
was sie zu Hause häufig nicht mehr sehen: Arbeiten im Gemüsegarten,
Kochen, Backen, häusliche und handwerkliche Produktion.
Dazu
ist es hilfreich, dass ich für die Kinder der „Gärtner von außen“
bin. Ich habe bei ihnen einen Sonderstatus, da ich kein Lehrer
sondern „der Gärtner“ bin. Ich lehre den Kindern sinngemäß
das, was ich selber als geborenes Stadtkind in meiner Gärtnerlehre
und auf den Lehrhöfen, auf denen ich arbeitete, erfahren durfte, und
das, was ich mir in der Küche selbst angeeignet habe.
Düngen mit Federn |
Während
es mir im Garten wichtig ist, bestimmte Dinge „professionell“ zu
machen (schließlich sind wir eine Schülerfirma!), z. B. das
Schneiden auf Ertrag der Obstgehölze; kommt es mir in der Küche
darauf an, „wie zu Hause“ zu kochen. Abgesehen von unseren
„Essperimenten“ (Wie die achtjährige Helen unsere Versuche wie
z. B. die Herstellung von Nuss-Nougat-Creme nannte) nahm ich das auf,
was bekannt war: Tomatensaucen, Kürbisbrot etc. Wichtig ist, dass
immer etwas aus dem Garten in den Gerichten auftaucht (abgesehen von
der unerlässlichen Weihnachtsbäckerei).
Ein
„Garten zum Naschen, Spielen und Lernen“ ist keine neue Form
eines Schulgartens, sondern eine Form der Projektarbeit in einem
Schulgarten mit dem Ziel, den Kindern die gesamte Spannbreite der
Nahrungsmittelproduktion erfahrbar zu machen. Von der Urproduktion im
Garten zu der Verwertung in der Küche und als Schülerfirma, bis hin
zu Exkursionen in handwerklich arbeitende Betriebe (wozu das
eingenommene Geld aus der Schülerfirma genutzt wird).
Die
Kinder sind schnell zu begeistern für die Arbeiten, besonders, wenn
sie „echtes“ Werkzeug benutzen dürfen (d. h. Werkzeug für
Erwachsene). Ein Hit war das Schärfen der Rosenscheren. Die
Rosenscheren sind wohl noch nie so gut gepflegt worden, wie von den
Kindern.
Lass es mich selber tun und ich verstehe.“ in dieser Mappe las: "Ja, das tun wir!"
Der Garten
Foto: Adrian Hauffe (1-A-Schulgärtnerei) |
Es
erfolgt möglichst der Anbau von mehreren Obst- und Gemüsesorten
einer Art, um vergleichende Geschmacksstudien betreiben zu können
(siehe Kartoffeltest).
Es
werden alte erhaltenswerte Sorten mit regionalem Bezug integriert und
weitervermehrt (z. B. der Bremer Scheerkohl).
Es
werden möglichst Namenssorten verwendet. Dadurch ist es möglich,
bei den Kindern besonders beliebte Sorten weiterhin zu verwenden. Als
besonderer „Renner“ erwies sich die Kartoffelsorte „Blauer
Schwede“. Sie bekam bei den Verköstigungen das meiste Lob, auch
von den Lehrerinnen.
Die
Kinder machen selbst! Es kommt nicht auf Perfektion an. Sie bekommen
eine genaue Anleitung der anfallenden Arbeiten. Dann tut man gut
daran, einfach einmal wegzuschauen. Die Pflanzen sind meist stoischer
im Hinnehmen, als erwachsene Ungeduld. Kinder fragen schon, wenn sie
nicht mehr weiterwissen.
Der Kinderkochklub
Es
gibt Regentage, an denen man lieber im Trockenen sitzt. Es gibt den
Winter, wo nicht viel im Garten zu tun ist. Dann ist die ganze
Gartenklasse am Verarbeiten der Ernte. Kartoffelchips waren der große
Renner (siehe Rezept), Orangenmarmelade mit Rosmarin (aus dem
Schulgarten) wurde als Weihnachtsgeschenk „in Großproduktion“
hergestellt. Aber nicht allen Kindern macht das regelmäßige Kochen
Spaß. Deshalb wird Dienstags ein Kinderkochklub als AG angeboten,
dessen Finanzierung dankenswerterweise die VHS Bremen Süd übernommen
hat.
Im
Kinderkochklub finden sich die Kinder wieder, die Spaß am Kochen
haben. Da er einmal die Woche stattfindet, sind die Kinder mit der
Zeit ziemlich fit in der Küche. Die Kochklubkinder übernehmen bei
Veranstaltungen die Anleitung der anderen Kinder, wenn es um die
Zubereitung von Essbaren geht.
In
der Regel werden Gerichte und Backwaren zubereitet, die einen
unmittelbaren Bezug zu der Lebenswelt der Kinder haben. So stellen
wir zur Freimarktzeit auch schon einmal Berliner her. Ziel ist es
nicht, die Kinder zu kleinen Köchen heranzuziehen.
„Alltagstauglichkeit“ ist das Stichwort. Es wird aber immer ein
Bezug zu den Produkten aus dem Garten bei den Rezepten gewählt.
Selbst die Berliner waren mit Birnen-Holunder-Marmelade gefüllt, und
die verarbeiteten Holunderbeeren kamen aus dem Schulgarten.
Eingespielt
hat sich, dass immer frisches Gemüse, vor allen Möhren, zur
Verfügung steht, welches in Arbeitspausen geputzt, geschnibbelt und
geknabbert werden kann. Im Sommer wird Kräutertee (Melisse/Minze)
aus dem Garten getrunken.
Die
Schülerfirma
Der Verkaufsstand auf dem Schulfest |
Häusliche
Produktion ist das eine, das andere ist, Verständnis zu wecken
dafür, wie Lebensmittel entstehen und verkauft werden. Dem Handwerk,
auch dem Lebensmittelhandwerk, fehlt häufig der Nachwuchs. Um
Einblick darin zu gewähren, wie ein Betrieb funktioniert, wurde aus
der Gartenklasse eine Schülerfirma. Den Namen „1-A-Schulgärtnerei“
gaben sich die Kinder selber. Zum einen begann die Klasse als „1
A“, zum anderen bedeutet 1 A „wirklich Klasse!“. Die Kinder
waren sich über die Doppeldeutigkeit des Namens sehr bewusst und
sind stolz auf ihre Namensfindung.
An
einem verregneten Gartentag wurden in der Klasse die Funktionen der
Kinder besprochen. Für bestimmte Aufgaben wurden jeweils eine
Verantwortliche/ein Verantwortlicher und jeweils ein
Stellvertreter/Stellvertreterin gewählt. Bei diesem Prozess war sehr
erstaunlich, wie gut die Kinder ihre Stärken und Schwächen
einschätzen konnten.
Jedes
Kind hatte schließlich eine Funktion oder eine Stellvertretung in
der Schülerfirma: Kassenwart, Pressesprecher, Verantwortlicher für
die Pflanzenanzucht usw. Produkte, die angeboten werden sind
Jungpflanzen (Tomaten, Kräuter etc.), Kräuterbunde,
selbstgeerntetes Saatgut vom Bremer Scherkohl (womit zum Erhalt
dieser fast vergessenen Gemüseart beigetragen wird) und Marmeladen
und Kräutergelees. Letztere dürfen wir verkaufen, da die Lehrküche
der Karl-Lerbs-Schule regelmäßig vom Gesundheitsamt kontrolliert wird.
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