Orangenmarmelade |
Es
ist zur Zeit eine Art Mode allerorten, alle möglichen (und
unmöglichen) Früchte und Gewürze zu neuen Kompositionen zu
vereinen, sei es in Joghurts, Fruchtsäften, Schokoladen, oder eben
auch in Marmeladen. Das hat wohl zum einen seinen Grund darin, dass es
immer wieder Versuche gibt, neue Marktnischen aufzutun, gerade kleine
Manufakturen sind oft groß darin, diese zu besetzen und so ihr
Auskommen zu haben (bis ein Großer die erfolgreicheren Ideen
aufgreift. . . ) Zum anderen habe ich das Gefühl, dass viele
Menschen sich „verschmeckt“ haben, will meinen, dass ihnen das
sogenannt Normale eintönig dünkt, und sie mit möglichst exotischen
Mischungen guten Geschmack beweisen wollen. Vielleicht liegt es
jedoch daran, dass die Früchte der industriellen Fertigung auf ihre
Art so gleich schmecken, dass es dieser exotischen Mischungen bedarf,
um überhaupt noch etwas Geschmack an den Pamps zu bekommen.
Im
Sortiment einer Marmeladenmanufaktur, welche um die hundert
verschiedene Sorten herstellt und diese auf einem Feinschmeckerevent
vorstellte, entdeckte ich unter anderem die Kombination
Erdbeere/Banane. Dass hat mich denn doch verwundert. Da hatte ich
mich im letzten Jahr so bemüht, in meinem Garten die Früchte der
Erdbeersorte Senga Sengana (leider hatte ich keine „Mieze
Schindler“) tiefrot ausreifen zu lassen, also knapp bis zur
Überreife, und sicher nicht mehr transportfähig (was die meisten
richtig reifen Früchte nicht mehr sind, schon allein das ist ein
Argument für den eigenen Garten). Das klingt schwieriger, als es
sich anhört. Da sind die netten Tierchen wie Schnecken und Amseln,
welche gerne der Ernte teilhaftig werden möchten, und da sind die
netten Mitbewohnerinnen und Mitbewohner, welche auch einmal gerne
„absichtslos“ durch den Garten schlendern, und dann ist da noch
die eigene Begierde, ich bin ein Erdbeeresser vor dem Herren, und es
gibt für mich zur Saison kaum etwas schöneres, als tiefrote, von
der Sonne gewärmte Erdbeeren direkt in den Mund zu verfrachten. Das
sei zur Größe meines Opfers gesagt.
Wenn
diese Erdbeeren nun diesen duftigen Reifegrad erreicht haben, werden
sie gewaschen und halbiert und über Nacht eingezuckert stehen
gelassen. Am wird der Sirup, der sich über Nacht gebildet hat,
abgegossen und zurückgestellt, dann die Früchte zu Mus gekocht, das
Geliermittel und der Sirup zu gesetzt und noch einmal drei Minuten
gekocht. Das war es dann. Mit all diesen Schritten habe ich das größt
mögliche Aroma, welches mit gekochten Marmeladen zu erreichen ist.
Diese
Marmelade duftet und schmeckt wirklich „Erdbeer“.
Wie
kommt nun jemand auf die Idee, diesen so hocharomatischen Früchten
nichtssagende Bananen beizugeben? Es wird mir für immer ein Rätsel
bleiben. Entweder die Früchte sind wirklich vollreif, dann wäre die
Banane ein billiger Füllstoff, um am Ende doch noch etwas zu haben,
was entfernt nach Erdbeere schmeckt, oder aber, die Erdbeeren
schmecken, wie die meisten industriell hergestellten nach nichts,
dann wäre es wohl zweimal nichts, aber wenigstens süß.
Es
gibt jedoch Kombinationen, welche „Sinn“ machen, mithin eine
sinnfällige Ergänzung sind, und das Ganze zu einer guten
Kombination machen, welche auch feine Zungen überzeugt. Bei
Erdbeeren ist es zum Beispiel ein Auszug aus
Damaszenerrosenblüten (Rose de Resht aus meinem Garten), welchen ich gerne hinzufüge. Erdbeer-Rose
ist eine umwerfende Mischung, die gehört dann auch nicht profan aufs
morgendliche Toast gestrichen, sondern ich verrühre sie mit Joghurt
und geschlagener Sahne und lasse daraus in der Eismaschine
Erdbeer-Rosen-Yoghurteis werden.
Zu
meiner Himbeermarmelade gebe ich gerne Vanille, das unterstreicht den
Geschmack der Früchte, als wäre es von vornherein eine natürliche
Mischung. Andere Kombinationen, welche ich ausprobierte, und die
wirklich lecker sind, sind Aprikose/Zitronenverbene und
Pfirsich/Duftjasminblüte. Hier werden jeweils also nicht zwei
Fruchtsorten gemischt, sondern Blüten- oder Kräuterauszüge
beigegeben. Meine Liebste mischt Zwetschgen mit Äpfeln und Birnen,
und dazu kommen Zimtschalen, das Ganze bleibt „stückig“ ist also
eine Art Kompott, ein Familienrezept, und sehr lecker.
Ich
selber habe heuer zu meiner Orangenmarmelade, und damit wäre ich
wieder beim Thema, auf zwei Kilo Orangen eine Pink Grapefruit
zugegeben. Das machte das Ganze ein wenig herber und auch
farbenfroher. Eine gute Mischung, wie alle Probierenden unisono
erklärten. Eine andere gute Kombination habe ich mit der damaligen
Schulgartenklasse entwickelt. Ich war der „Schulgärtner“ und die
Gartenklasse wollte zu Weihnachten gerne etwas aus dem Garten den
Eltern schenken. So haben wir zuguterletzt Orangenmarmelade
hergestellt, und aus dem Garten kam der Rosmarin dazu. Eine
ausgezeichnete Kombination, die auch den Eltern gefiel.
Dieses
Jahr habe ich noch etwas anderes ausprobiert, zwei Mischungen
lagen mir sozusagen auf der Zunge. Zum einen stand die Idee im Raum, Orange mit
Ingwer zu kombinieren, zum anderen mit Tanne. Richtig gelesen, mit
Tanne. Diese Idee ist entstanden beim gemeinsamen Sinnieren über
Citrusmarmeladen in einem Internetforum. Eine Dame bestand auf Chili,
doch dem kann ich nichts abgewinnen. Die Kombination Orange/Tanne
hielten wir für ausprobierenswert, und so habe ich es einmal
versucht. Ja, ich bin sogar noch einen Schritt weiter gegangen, und
habe Ingwer dazu getan. Und da ich zu meiner Ingwerbowle immer
Zitronenschale beigebe, habe ich auch noch mit Zitronenschalenzesten
ausgeholfen.
Bunte Mischung |
Also:
Zesten, Tannennadel (Abies nordmanniana in diesem Fall, hatte leider
keine Balsamtanne zur Hand), wie gewohnt mit den von (fast) allem
weißen Häutchen befreiten klein geschnittenen Orangenstückchen
eingezuckert und über Nacht ziehen lassen. Paralelll dazu einen
Ingweransatz. Den frischen Ingwer mit einem scharfen Messer in
hauchfeine Scheiben geschnitten und Lage für Lage in ein eine
Glasschüssel gegeben und eingezuckert, ebenso über Nacht ziehen
lassen. Da ich nicht wollte, dass die Tanne oder der Ingwer die
feinen Orangenaromen übertönen, bin ich hier moderat geblieben: Auf
ca. 1 kg Orangen 50 g Ingwer und eine Handvoll Tannennadeln, dazu die
Zesten von zwei Zitronen. Die Marmelade schmeckt dann nicht nach
Ingwer oder Tanne, sondern diese Aromen schwingen kaum verortbar mit,
es ist, als würde sie auf der Zunge eine Geschmacksdimension mehr
bekommen. Erst im Abgang ist dann eine leichte Schärfe zu spüren.
Am
nächsten Tag habe ich erst einmal den entstandenen Sirup auf dem
Ingweransatz abgegossen, der wird erst wieder beigefügt, wenn das
Geliermittel zur Marmelade gekommen ist, vor dem dreiminütigen
Aufkochen. Dann etwas Wasser zu den eingezuckerten Ingwerscheiben
geben (ca. eine Tasse), und zehn Minuten köcheln lassen. Den Kochsud
zu dem Oranegenansatz in einen Topf geben und alles zusammen
aufkochen lassen, mit dem Pürierstab glatt ziehen (die Tannennadeln
bleiben dabei erhalten), mit gegebenenfalls noch etwas Zucker und
Zitronensaft abschmecken, Geliermittel und Ingwersirup dazu, drei
Minuten köcheln lassen und in „ausgekochte“ Twist-off-Gläser
einfüllen. Deckel drauf, Gläser auf den Kopf stellen für fünf
Minuten und fertig.
Eines
sei nicht verheimlicht: Ebenso wie die Orangenmarmelade mit Rosmarin
hat diese Mischung „Gräten“. Ganz weich werden bei diesen kurzen
Kochzeiten die Nadeln nicht. Doch das ist angesichts des
Geschmackserlebnisses zu verschmerzen.
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