Ein Päckchen ist abzuholen. Darin sind sicher die erwarteten Pflanzen. Also mache ich mich mit dem Fahrrad auf den Weg, um sie nicht zu lange warten zu lassen in ihrem Pappgefängnis. Ich fahre gerne einmal Umwege oder neue, mir noch unbekannte Routen, und das nicht nur wegen der Erhöhung der Ortskenntnis, sondern auch, um Orte kennenzulernen, wo für mich Neues zu finden wäre. So ist es denn auch diesesmal gewesen. An einer verschwiegenen Stelle, zu der mich der Radweg durchs Grüne führte, sah ich einen weißen ballförmigen Gegenstand im Grase "liegen". Mir war klar, was sich dort befand, denn nicht das erste Mal durfte ich solch ein Fundstück bestaunen. Es war ein Riesenbovist, zwar ein kleines Exemplar, "nur" zwanzig Zentimeter im Durchmesser, doch immerhin. Ich hatte früher auch schon einmal Exemplare gefunden von der Größe eines Basketballs.
Das Finden eines solchen Pilzes ist immer eine Freude, besonders, wenn sie noch jung sind, das heißt, innen noch weiß. Denn dann sind sie essbar und ob ihrer Größe ist eine sättigende Pilzmahlzeit garantiert.
Einmal hatte ich eine große Gesellschaft, zwölf Personen, zum Essen. Es war eine nette Abendrunde, die sich zum Klönen und Doppelkopf spielen sammelte, das ging reihum, und um dem Abend eine gute Grundlage zu geben, servierten die Gastgeberinnen oder Gastgeber des jeweiligen Abends das Beste aus Keller, Küche und Garten. Ich selber war am Vormittag noch unterwegs gewesen, und fand neben einer Reihe Champignins einen Riesenbovist, der gut für zwölf Personen ausreichte.
Dieses Trumm habe ich zu hause in zweifingerdicke Scheiben geschnitten, diese wurden blanchiert, gesalzen und dann paniert. Die panierten Pilzscheiben buk ich dann in einer Pfanne in reichlich Olivenöl fast schwimmend aus. Sie lassen sich sicher auch fritieren. So kamen dann den erstaunten Gästen diese Pilzschnitzel auf den Tisch, begleitet von Kartoffeln und einer Champignonsauce (gemeinerweise, denn so war Pilzaroma bei Tisch).
Das Rätselraten war sehr erheiternd: Fleisch? Nein. Tofu? Nein. Käse? Nein. Fisch? Nein. Wir hatten lange nicht mehr eine so heitere Runde bei Tisch.
Der "kleine", den ich fand an diesem Tag, wurde ähnlich behandelt, jedoch von Reis begleitet und Gierschgemüse.
In dem Päckchen dann Neuankömmlinge für den Dingefindergarten: Eine große Pflanze Frauenmantel, ein Rosengewächs, welches ich schon länger in meinem Garten entbehre, ein Wiesensalbei, einmal Pfennigkraut, diesen gelbblühenden bodendeckenden Wucherer, und eine Kolonie Walderdbeeren. Danke Antonie.
Besonders freue ich mich über den Frauenmantel, Alchemilla, schon in diesem botanischen Namen steckt so viel Geheimnis und Wertschätzung. Und so wurden früher denn auch die Tautropfen, die sich an den Blattspitzen des Frauenmantels bildeten, von den Alchemisten gesammelt. Wohl nicht nur, um damit Blei in Gold zu verwandeln, sondern eher, um damit heilkräftige Tinkturen anzureichern. Ich werde später, wenn die Pflanze groß genug ist, desgleichen tun, und überlege jetzt schon, was ich mit diesem Tauwasser späterhin "tingiere".
Doch auch die Walderdbeeren erfüllten mich mit Freude. Zum einen sind die Blätter als eine etwas herbe Teebeigabe zu Teemischungen gedacht, zum anderen sind sie nette Wucherer, wenn sie eingewachsen sind, heute nennt man das "Bodendecker". Vorerst haben sie ihren Platz an freien Stellen im Staudenbeet gefunden (während ich den Frauenmantel ins Rosenbeet pflanzte). Doch später einmal sollen sie die Baumscheiben der jungen Obstbäume bedecken. Die lustigen kleinen "Beeren" sind eine nette Dreingabe. Ich erinnere mich noch, wie meine Mutter jedes Jahr zwei Gläser Walderdbeermarmelade herstellte, aus ihrem Beet unter einer Kiefer, und diese beiden Gläser waren ihr ganzer Stolz und wurden nur zu ganz besonderen Ereignissen geöffnet. Wenn es so weit ist, werde ich es ihr gleichtun, und jedes mal beim Öffnen der Gläser an sie denken. Vielleicht bekommt dann ein Engel Schluckauf.
Antonie bekommt jetzt ein Päckchen von mir zurück. Ihre Wunschliste: Gänsefingerkraut, Orangenes Habichtskraut, Wiesenschaumkraut und Blauer Beinwell. So füllen sich unsere Gärten nicht nur mit Pflanzen sondern auch mit schönen Erinnerungen.
Eine Überraschung durfte ich noch erleben heute: Als ich den Kompost für die Neuankömmlinge holte, entdeckte ich in meinem Komposthaufen zwei Pflänzchen, welche neugierig in die Welt schauten. Ich hatte letztes Jahr Schwarznüsse gesammelt, und da ich hier in meinem KleinHäuschen keinen Schraubstock habe, um die Dinger zu knacken, die sind nämlich unglaublich hart, aber lecker die Kerne, habe ich nur die Schalen verwendet und die Nüsse dem Kompost zugeteilt. Zweie davon sind jetzt gekeimt und so hab ich zwei kleine Schwarznussbäumchen, vorerst in Töpfen, da ich noch nicht weiß, wohin damit. Die werden nämlich richtig groß im Alter. Ob ich es noch erleben werden, dass sie Früchte tragen, weiß ich nicht, denn das dauert. Doch mag ich diese majestätischen Bäume gerne, so dass sie mir auch ohne Nüsse ausnehmend gefallen. Und es ist auch ein schönes Gefühl, etwas der Nachwelt zu hinterlassen.
Der botanische Namen der Schwarznuss ist Juglans nigra, und sie ist mit der Walnuss verwandt, kommt ursprünglich aus Nordamerika. Und was ich mit den Schalen anstellte, hatte ich letztes Jahr hier beschrieben:
"Ein gutes Leben leben" - das könnte mein Motto sein. Ich berichte hier von meinem Leben als Dichter, Dingefinder und Gärtner im schönen Töpferdorf Fredelsloh von Garten, Topf und Magen und von der Kunst, den Alltag alltäglich zu genießen. Das geschieht auch immer mal wieder in Reimform. Manchmal lasse ich auch andere life durch Lesungen und Kräuterwanderungen an meinen Erfahrungen teilhaben. Viel Spaß auf diesem Blog wünscht: Jörg Krüger
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