Ich
bin Dichter. Nicht Naturwissenschaftler, nicht Gelehrter, Germanist,
Journalist, Literat. Ich bin Dichter. So obliegt es mir, Geschichten
und Gedichte zu schreiben, nur mir selbst und der Göttin der
Dichter, Heiler, Kaufleute, Wanderer, Gauner verpflichtet: Mercuria.
Mercuria ist eine Frau, ihre Geschlechtsumwandlung in Merkur hat sie
nur unzulänglich kaschiert, immer noch ist Mercuria in den
Darstellungen hermaphroditisch, ist sowohl als auch. Bei mir ist sie
nicht auch, sondern ganz Frau. Eine der Inkarnationen der
dreigestaltigen Göttin, gleichzeitig Trickstergöttin und Muse der
schamanischen Dichter, welche die Heilgesänge für die Gemeinschaft
übermittelt bekommen.
Ich
bin Dichter. Daher brauche ich keine Rücksichten auf irgendwelche
Wahrheiten wissenschaftlicher Art zu nehmen. Ich schreibe keine
Doktorarbeiten, keine Romane, keine Reportagen, ich dichte
Geschichten. Es ist unwesentlich, ob sie geglaubt werden, ja, ob sie
glaubhaft sind. Es sind Geschichten, und damit Punktum.
Ich
stehe als Dichter in einer ehrwürdigen Tradition. Wir Sängerinnen
und Sänger, Geschichtenerzähler, Tänzerinnen, Gaukler, sind da,
solange es Sprache gibt. Sprache gibt es, solange es Menschen gibt.
Uns gibt es von Anbeginn der Menschheit. Wir sind das Gefäß für
die alten Sagen und Geschichten, und wir sind das Gefäß für das
Neue, was da kommen mag. Alles fließt durch uns hindurch, wird von
uns erspürt, vernommen, ergießt sich in unser Bewusstsein. Uns ist
die Gabe geboten, diese in Geschichten, Lieder und Gedichte zu
formen. Sie aussagekräftig zu machen. Mancher unserer Traditionen
sind keinen Tag alt. Gerade daher stehen wir im altehrwürdigen Strom
der Botschaften, die von den Ahnen kommen. Wir erahnen. Uns obliegt
es, das Alte und das Neue in Bilder zu formen und diese mittels
Rhythmus und Klang in die Seelen zu senden.
Sprache
ist Magie. Sie ist das Medium, mit dem wir mit unserer Mitwelt in
Kontakt treten. Die Worte und Klänge, die Geschichten und Gesänge
sollen uns von den Luftgeistern, den Elfen, gegeben worden sein. Sie
sind uns gegeben, um uns mitzuteilen. Mithin, um zu teilen.
Dieser Text ist entnommen aus meinem Heft
"Aus dem kleinen roten Wunderwanderbuch"
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