Montag, 19. August 2013

Aus Dingefinders unergründlicher Plaudertasche: Brombeeren



Nach einer langen Reise zurück. Noch ist die Seele nicht ganz angekommen. Es mag daran liegen, dass die Verkehrsmittel unserer heutigen Zeit eine Geschwindigkeit haben, welche der Seele voraus läuft. Ist doch mein menschliches Maß die Schrittgeschwindigkeit. Wäre ich den langen Weg zu Fuß gegangen, dann wäre ich noch lange unterwegs. Immerhin habe ich die Eisenbahn gewählt, nicht das Flugzeug, welches mich noch schneller von Gegenwart zu Gegenwart getragen hätte. Ich muss noch im Nachhinein schmunzeln ob der Kommentare einiger Menschen: "Oh! Dreizehn Stunden unterwegs". Hätte ich gewählt das menschliche Maß, das Gehen, hätte ich die Wanderung aufgenommen, und Schritt um Schritt den Weg genommen, die Wegstunden gezählt, dann wäre ich noch nicht einmal am Ziele angekommen. Geschweige denn wieder zurück in meinem Garten mit dem KleinHäuschen.

Manchmal scheint es mir, als hätten wir Menschen Maß und Ziel verloren. Zwar spüren wir, dass da etwas aus dem Gefüge der Natur geraten ist, und wir beklagen uns bitter über das Unbill von Zeit und Welt, doch vermögen wir nicht, zurück zu treten und zu schauen.

Während ich die Ereignisse sortiere, welche mir an diesem anderen Ort begegneten, während ich eins ums andere durchdenke, anschaue, befrage, wandle ich durch den Garten. Der Versuch im Schauen heim zu kommen. In der Zwischenzeit sind die Brombeeren im Garten gereift. Noch bin ich nicht hungrig. Doch leuchten die nun reifen Brombeeren mir entgegen. Eine Woche lang war ich unterwegs. Genauer: acht Tage, zwei Tage der Hin- und Rückfahrt mit der Eisenbahn, sechs Tage des Verweilens und Erlebens. 

Noch bin ich nicht hungrig. Doch meine Hand nimmt die reife warme duftende Brombeere und führt sie zum Munde. Ohne Not und Notwendigkeit erliege ich der Verlockung der Frucht. Und während sich die sämige Süße in meinem Gaumen ausbreitet komme ich heim. In den acht Tagen meines Fortseins hat sich der Sommer gewendet. Etwas herbstliches ist in die sommerliche Stille eingetreten. Das Reifen der Früchte hat begonnen. So nimmt mich die Ernte in Empfang.

Ich verweile im Garten und nasche Brombeere um Brombeere, zu verlockend die Früchte, als dass ich sie nicht genießen könnte. Und mit jeder Frucht im Munde kommt meine Seele der Gegenwart näher.

 

8 Kommentare:

  1. Und mit jeder Frucht im Munde kommt meine Seele der Gegenwart näher. ---- Was für ein schöner Schlussatz.
    Gern gelesen.
    Lg vonner Grete

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    1. Heute morgen hängen die Brombeeren tropfenschwer an den Ranken. Der Garten trieft. So verweile ich noch etwas im KleinHäuschen und erfreue mich an den Kommentaren.

      Vielen Dank, Jörg

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  2. ... ja das verstehe ich gut :-)

    liebe Grüsse
    und willkommen auch daheim im Inet

    Karen

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    1. Liebe Karen, vielen Dank.

      Ja, das net. Einige Zeit wenig bis gar nicht darin gewesen, und es auch nicht vermisst. Doch möchte ich jetzt wieder meinen Blog täglich bedienen. Dein Kommentar hat dazu beigetrgen, und auch die anderen, dass ich wieder Lust habe, mehr von mir zu zeigen,

      liebe Grüße, Jörg

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  3. Bin berührt und neugierig, wo die Reise hin ging?
    Namastè

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    1. Die Reise ging ins Waldviertel in Niederösterreich. Wir haben uns dort ein Projekt angeschaut, mit der Option, uns in eine Gemeinschaft einzufügen. Doch wie es aussieht, geht die Suche weiter.

      Trotzdem ein schöner Urlaub, nette Leute kennen gelernt und gute Kontakte geknüpft. Das Waldviertel ist wirklich wunderschön. Ein bisserl bin ich noch da. Trotz Brombeeren. . .

      Namasté, Jörg

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  4. Der Text (Brombeere) über das Heimkommen, Ankommen und Genießen, die Ruhe und das Schauen, haben mich berührt. Danke.

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  5. Ich freue mich immer wieder, wenn ich Sätze lese wie: "haben mich berührt". Dann weiß ich, dass ich mich mit meinem Schreiben auf einen guten Weg begeben habe. Ich habe zu danken,

    liebe Grüße, Jörg

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