Montag, 25. Februar 2013

Aus Dingefinders unergründlicher Plaudertasche oder: David gegen Goliath

 

Sylvia Christina Händel: IchSoldat      





 David gegen Goliath  -  Nicht jede Geschichte ist eine schöne Geschichte


Stellt Euch einmal vor, Ihr würdet folgende Geschichte eines morgens in Eurer Tageszeitung lesen: Im Staate X auf Kontinent Y ist aus welchen Gründen auch immer ein „Bürgerkrieg“ „ausgebrochen“. Zwei feindliche Heerhaufen stehen sich gegenüber. Kurz vor Beginn des Gemetzels bietet einer der beiden Heerführer, um zuviel sinnloses Blutvergießen zu vermeiden, folgenden Deal an: Jede Partei solle ihren stärksten Kämpfer benennen und in den Ring schicken, und diese beiden sollen nun, stellvertretend für alle, um den Sieg kämpfen.

Die Gegenpartei geht auf den Deal ein. Die Partei des Kompromiss-Anbieters schickt ihren starken Mann mit dem Namen Goliath ins Rennen. Vielleicht ein unsympathischer, muskelbepackter, grobschlächtiger und brutaler Prahlhans, vielleicht auch ein sympathisches, unbesiegtes Großmaul a la Muhammad Ali. Auf jeden Fall sehr siegesgewiss und dementsprechend selbstbewusst.


Die andere Partei hat dem nichts entgegenzusetzen. Sei es, dass da wirklich kein adäquater Gegner zu finden ist, sei es, dass sich niemand traut, an dieser verantwortungsvollen Stelle zu kämpfen. Während die internen Verhandlungen noch andauern, springt ein Kindersoldat mit seiner Kalaschnikow hervor und ballert Goliath ab. Während die anderen Soldaten der Kompromissanbieter noch völlig konsterniert sind ob dieses Vertrauensbruches, nutzt Davids (so heißt der Kindersoldat) Truppe die Verwirrung und metzelt die Gegner überraschend nieder.


Keine schöne, herzanrührende Geschichte zum Frühstück. Der Gedanke, dass sich die Geschichte von David gegen Goliath auch so lesen ließe, kam mir, als ich eines Tages in einer Illustrierten bei einem Artikel über nomadisch lebende Hirtenvölker hängen blieb. Ich fand dort die Schilderung über die älteste Distanzwaffe der Menschen, nach dem geschleuderten Speer: die Steinschleuder. In der Hand eines guten Schützen ist diese Waffe auf dreißig Meter sicher tödlich. Das heißt, bei einem verabredeten Faustkampf mit solch einem Gerät zu arbeiten, ist schlicht unfair, ähnlich der Benutzung einer Pistole bei einem Boxkampf. Ganz davon abgesehen, dass der kleine David später selber großer König wurde. In Zeiten, wo Könige von patriarchalischen Hirtenvölkern sicherlich nicht zimperlich waren.


So gesehen gefällt mir der „kleine“ David schon gar nicht mehr so gut, genausowenig, wie mir Guy Fawkes sympathisch ist, der ein Sprengstoffattentat vor hatte, auf Menschen. Als vor einiger Zeit hier in Bremen des samstags zu einer Demonstration aufgerufen war, kamen mir auf meinem morgendlichen Weg in den Garten Jugendliche um Jugendliche entgegen, welche diese Guy-Fawkes-Masken vor dem Gesicht hatten. Ich empfand es als gruselig, dass mir diese vielen Menschen mit dem Gesicht eines fundamentalistischen religiösen Attentäters entgegen kamen. Mögen die Ziele auch noch so hehr sein, es ist die Andeutung der Methode, welche da herumgetragen wird, die mich abschreckt.


Auch mag ich keine mordenden und marodierenden Männerbünde, auch wenn sie mittlerweile, unter anderem mit Hilfe des Kinos, zu Piraten romantisiert wurden, zu Freibeutern. Nicht jeder war ein Störtebecker, und auch die Wikinger waren so etwas wie Piraten. Die Frage ist wirklich die für mich: Braucht es gewalttätige Vorbilder, die sich bei näherem Hinsehen als den Taliban ähnlich anschauen? Für mich nicht. Friede beginnt schon mit dem Symbol, welches ihn ausdrücken soll. Ich werde mich also nicht hinter einer Terroristenmaske verstecken, werde mich nicht Pirat nennen, werde nicht als kleiner Terrorist mit Distanzwaffen Große umlegen, und werde mich auch nicht des Folterinstrumentes Kreuz bedienen, um meine Aussage zu kennzeichnen: Friede ist unteilbar. 




Sylvia Christina Händel: IchSoldat  
Mit freundlicher Genehmigung

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