Es
verhaftet Sie die Bundesrepublik Deutschland wegen vorsätzlicher
Unterqualifizierung und damit verbundener
Arbeitslosengeld - Erschleichung. Das Urteil wird gesprochen: Lernen lebenslang.
Die sogenannte Qualifizierung von Arbeitslosen, besonders von Langzeitarbeitslosen, ist mittlerweile eine Branche (Zyniker sprechen von "Industrie") geworden, in der viele Menschen arbeiten (sehr oft als Honorarkräfte). Weder die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an den Maßnahmen noch die BetreiberInnen (welche nur davon leben) tauchen in den Arbeitslosenstatistiken auf. Das heißt, je rigider Maßnahmen ausgeschrieben und durchgeführt werden, um so niedriger die Arbeitslosenquote. Im Bremer Umland gibt es einen niedersächsischen Landkreis, da wird sehr zügig gehandelt, und ehe sie sich versehen, können Arbeitslose als In-Jobber (auch bekannt als 1-€-Kräfte) Transformatorenspulen drehen. Als Qualifizierung?
Ich selber hatte einmal an den Unfug mit der Qualifizierung von Langzeitslosen geglaubt. Das war Anfang der neunziger, als ich eine Arbeitsstelle als Ausbilder in einer Weiterbildungsmaßnahme für Menschen aus dem gärtnerischen Bereich antrat. Ich glaubte wirklich, dass ich dort fachliches Wissen vermitteln sollte, welches den Menschen nutzt. Irgendwann kam eine Delegation des Arbeitsamtes (so hieß das damals noch) in unsere Maßnahme, schaute sich alles an, was wir so trieben (wir arbeiteten vordringlich im Schulgartenbereich) sagten "schön, schön", und nachdem die Tür des Sitzungszimmers geschlossen war wurde Tacheles geredet: Entweder ihr bringt 30 % der Leute aus der Statistik, egal wie, oder ihr müsst euch einen anderen Job suchen.
Sylvia Christina Händel: Blickdicht (Ausschnitt) |
Warum nicht lässt man diese Menschen arbeiten, mit dem was sie können? Warum müssen alle Menschen für einen teilweise unerbittlichen (siehe Niedriglohndebatte) "ersten" Arbeitsmarkt "qualifiziert" werden? Warum gibt es für so viele Menschen nicht die Arbeit, die ihnen entspricht? (Während hier in Bremen die Parks verlottern, Schulgärten verwildern, Kinder keine Betreuung haben). Warum dürfen sie nicht so arbeiten, wie sie können und wollen? Sie werden doch so oder so vom Staate bezahlt.
Es gibt so viel zu fragen. Zu einem Ergebnis ist hier nicht zu kommen. Mein "Warum" wird wohl immer eine Kinderfrage bleiben, von jemanden, der die Welt nicht versteht. So richtig ist diese Art der Weltbetrachtung für mich aber auch nicht zu verstehen. . .
Doch ich lerne noch. Ein Leben lang. . .
"Blickdicht" (Ausschnitt) von Sylvia Christina Händel entstammt ihrem Album "Arbeiten 2011"
mit freundlicher Genehmigung:
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