Freitag, 15. November 2013

Vom Wünschen

Er sagte sich:
"Ich will hier raus!"
 Und rutschte beim Spaziergang aus.
 Und wachte auf
 im Krankenhaus.

Er schaute auf´s gebrochne Bein
und dachte sich: "Oh nein,
auch das Wünschen will gelernet sein!"

Es ist vielleicht ähnlich wie bei den Fragen und den Antworten: Je genauer die Frage formuliert wird, um so genauer kann die Antwort gegeben werden. Doch manchmal hilft Wünschen wirklich. Das durfte ich einmal erfahren. 

Es  war zu der Zeit, als ich noch in der Nähe von Bremerhaven auf dem Dorf wohnte. Ich hatte zum Samstag Abend einmal wieder zu wenig Geld. Am liebsten wäre ich mit dem Zug nach Bremen gefahren, um in  meine Lieblingsdisco zu kommen. Doch dafür reichte es ganz sicher nicht. Doch hatte ich erfahren, dass es in Bremerhaven ein Deichkonzert gab. Zwar nicht Musik von meiner Lieblingsband, doch immerhin, und es war zu erwarten, dass ich dort alte Schulfreunde treffen könnte.

Also schnappte ich mir mein Fahrrad, gab an der nahegelegenen Tankstelle mein letztes Geld für eine Flasche Wein aus, und machte mich radelnd auf den Weg nach Bremerhaven. Schon nach einer verhältnismäßig kleinen Wegstrecke fand ich rechts auf dem Grünstreifen einen Zehn-D-Mark-Schein (Ja, so lange ist das schon her!). Ich hielt an, nahm ihn auf, und fuhr weiter. 

Kurze Zeit später musste ich schon wieder anhalten. Lag doch rechts auf dem Grünstreifen ein Zwanzig-D-Mark-Schein. Ich musste da schon lachen. Mit nix los gefahren, und nun hatte ich schon dreißig DM.

Manchmal spielen sich im Leben Geschichten ab, die man als Drehbuchautor besser nicht erzählt. Sonst könnte der Kommentar kommen: "Das können wir nicht annehmen. Der Plot ist zu unglaubwürdig!" So war es an diesem Abend. Noch eine kurze Wegstrecke weiter hielt ich erneut an. Lag doch rechts auf dem Grünstreifen ein Fünfzig-D-Mark-Schein. 

Diesmal lachte ich nicht nur, sondern ich staunte. Ich schüttelte den Kopf, und ich wischte mir die Augen, und ich zwickte mich. Es blieb dabei: Dort lag ein Fünfzig-D-Mark-Schein. Ich bückte mich und nahm ihn in die Hand. Er verschwand nicht wie ein Traumgebilde. Also packte ich beherzt zu und steckte ihn in meine Tasche. Dann fuhr ich mit dem Fahrrad noch eine Weile weiter, da ich erhoffte, dass jetzt der Hundert-D-Mark-Schein kommen müsse.

Der kam dann doch nicht. So machte ich dann eilens kehrt und fuhr zur nächtsliegenden Bahnstation. Kaum hatte ich mein Fahrrad abgestellt, fuhr dort der Zug nach Bremen ein. Damals konnte man noch die Fahrkarten im Zug lösen, und so stieg ich ein, fühlte mich wie Krösus und ließ mich nach Bremen fahren. In meiner Lieblingsdisco dann lernte ich eine sehr nette Frau kennen. Doch das ist eine andere Geschichte. . .

Oft frage ich mich seither, was ich mir an diesem Abend eigentlich wirklich wirklich gewünscht hatte. . . 




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2 Kommentare:

  1. Was eine hübsche Geschichte! Ein erfrischendes herzhaftes Lachen gleich nach dem Eingangsvers - das allein hätte schon gereicht. Dann folgte die anschauliche und amüsante Erzählung und der kleine nachdenkliche Schlusspfad...

    Das lob ich mir zum Freitag abend.
    Meinem Schwiegervater ist sowas übrigens auch mal geschehen, im Urlaub in Österreich. Ich habe aber keine Ahnung, was er sich gewünscht hatte.

    Lieben Gruß C.

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  2. :-)

    Es ist übrigens alles so geschehen wie geschrieben. Ich besuche den netten ausgerutschten Herren jetzt zweimal die Woche im Krankenhaus.

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