Samstag, 2. November 2013

Materie

Es ist einmal wieder so weit. Die Materieanhäufung in unserem kleinen Universum hat zu einer unzumutbaren Verdichtung geführt. Es ist einmal wieder an der Zeit, zu sichten und aus zu räumen. Das begann schon damit, dass wir merkten, dass ein 700 qm - Garten und dazu eine Ausweichfläche im Gemeinschaftsgarten eigentlich reicht, um zwei Personen gut in Arbeit und auch Obst- und Gemüseversorgung zu halten. Da zu dem anderen Garten auch ein KleinHäuschen gehört, mit sämtlichen Interieur, Küchenutensilien, Tisch und Bank, ergab sich daraus schon eine Sichtung des Notwendigen und Schönen. 

Die kupferne Pfanne für das Anrösten von Nüssen, der schwere steinerne Mörser, der Alembic und die Cataplana, beide selten gebraucht doch wunderbar gestaltete Geräte; das Geschirr mit dem einfachen blauen Rand auf weiß, all das findet Platz in der neuen Küchengemeinschaft, während einiges von dem weniger ansehnlichen doch noch brauchbaren in die abzugebende Küche transferiert wird. Die Gaskochplatten wurden statt des Elektroherdes installiert, so eine Zusammenführung hat auch ihre Vorteile.

Dann die alljährliche Durchsicht der Bücher (eigentlich macht "man" so etwas ja im Frühjahr, doch für uns fiel es dieses Jahr auf das keltische Neujahr, was ja auch kein schlechter Termin für einen Beginn ist). Was ist unentbehrlich? Was ist wertvoll, da so viele liebevolle Erinnerungen daran hängen? Was wird schon lange nicht mehr gelesen? Letzteres wird gnadenlos aussortiert. Am besten ist es, gar nicht weiter darüber nach zu denken, sondern ab in die Kiste und die Kiste in kürzester Frist ab in die nächste Bücherverschenkstation. Es ist immer wieder erstaunlich, wie schnell etwas in Vergessenheit gerät, wenn es nicht mehr da ist. 

Der Blick fällt auf die Schallplattensammlung. Seitdem ich täglich die Gitarre und die Flöte in der Hand habe und auch vor mich hin singbrumme, höre ich so gut wie gar nicht mehr Konserven. Da ist die reine Nostalgie am Werken. Nun gut, ein eiserner Bestand darf bleiben, all das, was ich zu meinen Zeiten als DJ gerne auflegte, um die Verhältnisse zum Tanzen zu bringen. Wenn wir hier draußen unsere Sommerfeste haben, erweist sich solch ein Bestand das eine oder andere Mal als nützlich. Also: Einen Teil, auch davon nur das Beste, einbunkern, und der Rest wird weiter gegeben.

Auch im Kleiderschrank die Überfülle des Niegebrauchten. Aussortieren und verschenken. So geht es in einem fort, und die Materie reduziert sich auf ein kleines Häufchen Auserwähltes. Das wiederum ist so schön und so wertvoll, dass es eine Freude ist, diese Dinge anzuschauen und zu benutzen. 
 
"In den wenigen noch bestehenden mutterrechtlich organisierten Gemeinschaften (zum Beispiel bei einigen Stämmen im Hoggar und Tassili, Algerien) sind alle alltäglichen Arbeiten Ritual. Essen, Töpfern, Weben, miteinander sprechen, alles findet in der sehr bewussten Form des Rituals statt. Nichts wird unbewusst oder lustlos abgewickelt. Das Essen wird nicht verschlungen, sondern gefeiert. In jede Decke werden Gedanken, Mythen, Gespräche und Erlebnisse gewebt."

Aus: „Mond – Tanz – Magie: Magie A-Z ´Ritual`“ von Luisa Francia

Die Reduzierung auf das Wesentliche und Schöne erleichtert das Feiern dieser alltäglichen Rituale enorm. Es sind oft Kleinigkeiten, zum Beispiel, dass ich nur Messer mit einem Holzgriff in Küche und Garten verwende, deren Klingen ich immer schön scharf halte. Sie fühlen sich warm in der Hand an und es ist eine Freude damit zu arbeiten. Ich schneide mein Gemüse auch auf Holzbrettern. Diese werden ab und zu sanft wieder glatt geschmirgelt und dann eingeölt. So geht das fort. Diese Dinge erhalten mit der Zeit Patina und Austrahlung. Sie bekommen Seele. Was von außen betrachtet wie eine Reduzierung aussieht ist von innen betrachtet eine Wertsteigerung, ein Wachsen in die Qualität, Teil einer Transformation. 

"Lasst schöne Dinge um mich sein!" Da bin ich ganz und gar Materialist.




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