Montag, 11. November 2013

Früchte im November

Noch ist es mild, und, für Bremen besonders ungewöhnlich, verhältnismäßig trocken. Das mich manchmal anfliegende Unbehagen, dass es wohl doch eine Art Wetterverschiebung mit Auswirkungen gibt, und dass der Winter später beginnt, dafür aber länger dauert, wird von der Freude überlagert, dass es noch die späten Früchte gibt. Letztens kam die Liebste mit einer Freundin nach hause, im Gepäck Ungewöhnliches aus einem versteckten Stadtgarten. 

Gesammelt hatten sie unter anderem kleine Kiwis, die sich unter einer Pergola fanden. Ja, wirklich gesammelt, denn die meisten Früchte waren schon abgefallen. Sie waren nicht groß, etwa so wie kleine Zwetschgen, und einige waren noch recht hart. Doch nach nur zwei Tagen im Zimmer liegen gab sich auch das. Ob der Größe, oder besser, Kleinheit, war das Verarbeiten etwas mühselig, besonders, da es sich um eine behaarte Sorte handelte. Es gibt auch Sorten mit einer glatten Schale bei den hier anbauwürdigen Minikiwis, da stecken meist Wildarten mit drin, die aus Nordostchina bis in das Himalaja-Gebirge und Sibirien stammen und entsprechend frosthart sind. 

Doch war die Liebste fleißig, und so gab es am Ende ein leckeres Fruchtmus. Etwas davon kam auch in Gläser für den Winter. Ein weiterer Fund sah aus wie eine kleine Pomeranze und duftete auch ähnlich, wenn auch mit einer herben, harzigen Note. Das sind die Früchte der dreiblättrigen Zitrone, Poncirus trifoliata, dem einzigen Gewächs aus der Familie der Zitrusfrüchte, welches winterhart ist und auch bei uns draußen gezogen werden kann. Die Früchte gelten als nicht verwertbar, doch ich habe einmal Zesten davon geschnitten und diese einem Orangenmarmeladenansatz beigegeben. Das gab eine herb-geheimnisvolle Note, die gerade in Süßspeisen für Überraschungen sorgte. Die Früchte, die fälschlich auch Bitterorangen genannt werden, liegen bei uns in der Küche, und wenn man diese betritt, empfängt einem gleich der Duft der Schalen dieser Früchte.

Beim Spaziergang durch das Parzellengebiet am Samstag gab es Ähnliches zu entdecken, etwa gleich groß, etwa gleich gelb, und auch mit einem gutem Duft ausgestattet. Das sind die Früchte der japanischen Zierquitte. Die Vorsilbe "Zier" bezieht sich unter anderem auf die schönen roten, weißen oder rosa Blüten, welche dieses Rosengewächs zieren. Die gelben Früchte im Herbst sind jedoch auch sehr zierend, und oft wird vermutet, das sei ihr einziger Zweck. Allenfalls werden sie ob ihres guten Duftes eingesammelt und in den Wäscheschrank gelegt, wie ich einige Male gehört habe. Dass sie durchaus in der Küche ihren Platz finden können, wissen die wenigsten. Zum Beispiel in Mischfruchtmusen, zusammen mit Äpfeln oder eben Zieräpfeln, die sich auch zu guten Marmeladen verarbeiten lassen. Hier heißt es Probieren und Studieren, und sich immer wieder an den erstaunten Blicken der Gäste erfreuen, wenn es heißt: "Was ist denn das? Das schmeckt ja lecker!"

Tomatillos mit Hülle
Doch auch der Gemüsegarten hatte noch etwas zu bieten. Die im Frühjahr vorgezogenen und eigentlich viel zu spät gepflanzten (der Winter dauerte viel zu lang!) Tomatillos trugen noch immer ihre grüngelben, in Hüllen versteckten Früchte. Sie sind verwandt mit der Andenbeere und der Blasenkirsche, Nachtschattengewächse allenthalben, und ähnlich wie Tomate und Paprika recht wärmebedürftig. Jedoch anders als die Andenbeere, die eine Kurztagspflanze ist, und damit bei uns zu spät ins Blühen kommt, um noch ausgereifte
Chili in Nachbars Garten
Früchte im Freiland zu tragen, beginnt die Tomatillo mit dem Blühen und Fruchten früher. Und sie ist recht unermüdlich damit. Die Tomaten hatten sich schon braun vor einem Monat verabschiedet. 


Die Früchte sind Bestandteil der mexikanischen Salsa verde, sie werden dafür von ihrem Hüllkelch befreit, gewaschen (sie sind etwas klebrig), und zusammen mit Knoblauch, Chili, Koriandergrün und etwas Salz pürriert. Diese scharfe grüne Sauce reicht man zu Tacos. Ich habe einmal eine warme Variante ausprobiert, bei der ich ohne Koriandergrün auskommen musste, da dieses unser Garten nicht mehr her gab. 

Dazu köchelte ich die enthüllten und gewaschenen Früchte ca. zwanzig Minuten auf kleiner Flamme. Währenddessen wurden zwei gewürfelte Zwiebeln, ein kleiner geschälter und gewürfelter Apfel und eine frische klein geschnittene Chilischote, deren Samengehäuse ich entfernt hatte, zusammen mit einer afrikanischen Würzmischung in Butter gedünstet. Die Würzmischung mit dem Namen "Sekem" enthält unter anderem Koriander, Kumin und Kurkuma, und bringt durch Pfeffer und Chili weitere Schärfe mit. Als die Früchte weich waren, wurden sie zusammen mit der Würzmischung pürriert. Schließlich kam noch eine kleine geschälte und in Würfeln geschnittene Schmorgurke dazu, die ich vorher in einet hohen Pfanne bissfest gedünstet hatte. Der Clou ergab sich jedoch zum Schluss, als ich die Liebste abschmecken ließ. Sie war der Meinung, es fehlte noch etwas. Nach kurzem Überlegen kam der Tipp: Quittengelee. 

Ich stutzte im ersten Augenblick, doch dann rührte ich beherzt zwei Esslöffel Quittengelee in die Mischung. Superb, und unbedingt exotisch. Tomatillos werden also sicher bei uns wieder angebaut nächstes Jahr, und ich werde dafür Sorge tragen, dass es frische Korianderblätter gibt, denn die hätten zu dieser Mischung sicher auch gepasst.


Zuguterletzt wurden wir noch an der Weinrebe fündig, die in eine Konifere hineinwächst. Daran hingen die letzten grünen Trauben, säuerlich zwar und klein, doch sehr aromatisch. Auch die wurden nicht hängen gelassen, sondern geerntet, von den Stielen befreit und in einer Glasschüssel über Nacht eingezuckert. Am nächsten Morgen mit Wasser aufgekocht hatten wir einen leckeren warmen süßsauren Morgentrunk, der uns auch unvergoren sehr fröhlich stimmte.

Mein Vater hatte zur Herbsteszeit immer wieder diesen Spruch auf den Lippen: "Hasch mich, ich bin der Herbst, und habe auch noch meine warmen Tage". Dieser Herbst hat sie bestimmt, und gerade scheint wieder die Sonne durch das Fenster, und die Liebste ist der Meinung, dass es heute noch einmal an der Zeit sei, die kleinen Zieräpfel zu pflücken und zu verarbeiten. . .









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