Samstag, 23. Juli 2016

Mittelalterofenbrand Keramikum Fredelsloh: Fredelsloher Sagen neu erzählt

Der Mittelalterofen im Keramikum Fredelsloh



Fredelsloher Sagen neu erzählt

Der Mittelalterofen im Keramikum Fredelsloh soll vom 1. August an bestückt werden und ab dem 2. oder 3. August werden die Keramiken brennen. Die folgenden Tage und Nächte nähern wir uns wieder dem Schmelzpunkt des Fredelsloher Tons an und lassen die Feuerfüchse tanzen. Da das Feuer im Ofen Tag und Nacht unterhalten werden muss, ist der Mittelalterofenbrand auch eine Art Fest. Am Abend der ersten Nacht (also vom 2. auf den 3. 8. oder vom 3. auf den 4. 8.) werde ich eine Lesung mit Musik veranstalten, „Fredelsloher Sagen neu erzählt“.

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„Sehen sie die Kirche?“ Ich bejahte. „Es gibt da eine Geschichte aus dem früheren Klosterleben, die ich ihnen, junger Mann, gerne erzählen möchte“. Ich nickte und lauschte, und so begann er: 

Mittelalterofen, Detail
„Sie stammt aus der Zeit, als das Kloster und die Kirche noch von den Nonnen unterhalten wurde, das ist schon einige hundert Jahre her. Schon immer wurde das Tal, in dem das Kloster mit seiner Kirche gebaut war, von Unwettern heimgesucht, das ergab sich aus seiner Lage zwischen dem Hainberge, der Ahlsburg und dem Höhenzug der Weper, auf dem wir uns jetzt befinden. 

Doch damals war das nicht nur ein Gewitter, dass sich über dem Friedensort entlud, sondern, so heißt es in der alten Geschichte: `Einst entlud sich über dem Kloster Fredelsoh ein furchtbares Unwetter. Schon zwei Tage zuckten unaufhörlich die Blitze, rollte furchtbar der Donner und gossen wolkenbruchartige Regen hernieder`“

Während der alte Herr erzählte, sah ich, wie unten im Tale sich der Himmel um die Türme der Klosterkirche verdunkelte, als würde eine schwarzblaue Wolke herabsinken. „Und obgleich die frommen Klosterjungfrauen heiße Gebete gen Himmel sandten, so zeigte sich noch immer keine Hoffnung auf das Weichen des Unwetters, und den Frauen schien es, als sei die Hölle auf sie herab gekommen. Am Morgen des zweiten Tages trat eine der Nonnen, es war die jüngste von allen, vor die Äbtissin und sagte: 

`Mir träumte in der tiefen Nacht,
ich sei zum Opfer dargebracht,
mich in des Himmels Licht zu stellen,
um mich herum des Tages Nacht erhellen,
und werd´ durch diese tiefe Treue
entführt in des hohen Himmels Bläue`

Und die Nonne bat, hinaus aus den Mauern des Klosters geführt zu werden. Doch die Äbtissin wollte davon nichts wissen. Als dann die vierte Nacht anbrach, trat die Nonne wieder hervor: 

`Mir träumte in der tiefen Nacht,
ich sei zum Opfer dargebracht,
mich in des Himmels Licht zu stellen,
um mich herum des Tages Nacht erhellen,
und werd´ durch diese tiefe Treue
entführt in des hohen Himmels Bläue`

Und so harrten die frommen Frauen in den klammkalten Klostermauern eine weitere Nacht aus, singend, murmelnd, betend. Um das verdüsterte Kloster pfiffen und kreischten die Winde, rauschten die Regenfälle, zuckten die Blitze. Als auch diese dritte Nacht mehr schlecht als recht überstanden war, trat am im Morgengrauen die Nonne abermals vor die Äbtissin:

`Mir träumte in der tiefen Nacht,
ich sei zum Opfer dargebracht,
mich in des Himmels Licht zu stellen,
um mich herum des Tages Nacht erhellen,
und werd´ durch diese tiefe Treue
entführt in des hohen Himmels Bläue`

Als die Äbtissin wieder davon absah, dem Gesuch der Jungfrau nachzukommen, und die Klostertüren verschlossen hielt, da gelobte die junge Nonne bei der Jungfrau Maria selbst, sich hier und jetzt im Kloster zu entleiben. Da endlich erteilte die Äbtissin der jüngsten Schwester ihre Genehmigung zu dem Vorhaben, aber sie tat es nur mit schwerem Herzen, denn sie hielt sie besonders lieb und wert. Feierlich ward die Arme jetzt am Altar dem Himmel geweiht. Nachdem dies geschehen, führten zwei der Schwestern sie hinaus in den Klostergarten. Noch waren sie nicht weit gegangen, als auch schon ein Blitzstrahl hernieder fuhr und die Auserkorene augenblicklich tötete, während die anderen beiden unversehrt blieben. Noch ehe diese heimgekehrt waren, hatten sich auch schon die Wolken geteilt und verzogen, nach dem grausen Unwetter zeigte sich jetzt das reine, blaue, im Sonnenstrahl herrlich schimmernde Himmelszelt.“

(Die Sage ist entnommen dem Buch von Karl Scheibe „Fredelsloh. Geschichte des Dorfes und Klosters“ 1899, neu herausgegeben von Arno Schelle, Fredelsloh, ich habe sie in einigen Dingen geändert, doch der Prosa-Grundtext ist fast identisch)


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