Der Mittelalterofen im Keramikum Fredelsloh |
Fredelsloher Sagen neu erzählt
Der Mittelalterofen im Keramikum Fredelsloh soll vom 1.
August an bestückt werden und ab dem 2. oder 3. August werden die Keramiken
brennen. Die folgenden Tage und Nächte nähern wir uns wieder dem Schmelzpunkt
des Fredelsloher Tons an und lassen die Feuerfüchse tanzen. Da das Feuer im
Ofen Tag und Nacht unterhalten werden muss, ist der Mittelalterofenbrand auch
eine Art Fest. Am Abend der ersten Nacht (also vom 2. auf den 3. 8. oder vom 3.
auf den 4. 8.) werde ich eine Lesung mit Musik veranstalten, „Fredelsloher
Sagen neu erzählt“.
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„Sehen sie die Kirche?“ Ich bejahte. „Es gibt da eine
Geschichte aus dem früheren Klosterleben, die ich ihnen, junger Mann, gerne
erzählen möchte“. Ich nickte und lauschte, und so begann er:
Mittelalterofen, Detail |
„Sie stammt aus der Zeit, als das Kloster und die Kirche
noch von den Nonnen unterhalten wurde, das ist schon einige hundert Jahre her.
Schon immer wurde das Tal, in dem das Kloster mit seiner Kirche gebaut war, von
Unwettern heimgesucht, das ergab sich aus seiner Lage zwischen dem Hainberge,
der Ahlsburg und dem Höhenzug der Weper, auf dem wir uns jetzt befinden.
Doch damals war das nicht nur ein Gewitter, dass sich über
dem Friedensort entlud, sondern, so heißt es in der alten Geschichte: `Einst
entlud sich über dem Kloster Fredelsoh ein furchtbares Unwetter. Schon zwei
Tage zuckten unaufhörlich die Blitze, rollte furchtbar der Donner und gossen
wolkenbruchartige Regen hernieder`“
Während der alte Herr erzählte, sah ich, wie unten im Tale
sich der Himmel um die Türme der Klosterkirche verdunkelte, als würde eine
schwarzblaue Wolke herabsinken. „Und obgleich die frommen Klosterjungfrauen
heiße Gebete gen Himmel sandten, so zeigte sich noch immer keine Hoffnung auf das
Weichen des Unwetters, und den Frauen schien es, als sei die Hölle auf sie
herab gekommen. Am Morgen des zweiten Tages trat eine der Nonnen, es war die
jüngste von allen, vor die Äbtissin und sagte:
`Mir träumte in der tiefen Nacht,
ich sei zum Opfer dargebracht,
mich in des Himmels Licht zu stellen,
um mich herum des Tages Nacht erhellen,
und werd´ durch diese tiefe Treue
entführt in des hohen Himmels Bläue`
Und die Nonne bat, hinaus aus den Mauern des Klosters
geführt zu werden. Doch die Äbtissin wollte davon nichts wissen. Als dann die
vierte Nacht anbrach, trat die Nonne wieder hervor:
`Mir träumte in der tiefen Nacht,
ich sei zum Opfer dargebracht,
mich in des Himmels Licht zu stellen,
um mich herum des Tages Nacht erhellen,
und werd´ durch diese tiefe Treue
entführt in des hohen Himmels Bläue`
Und so harrten die frommen Frauen in den klammkalten
Klostermauern eine weitere Nacht aus, singend, murmelnd, betend. Um das
verdüsterte Kloster pfiffen und kreischten die Winde, rauschten die Regenfälle,
zuckten die Blitze. Als auch diese dritte Nacht mehr schlecht als recht
überstanden war, trat am im Morgengrauen die Nonne abermals vor die Äbtissin:
`Mir träumte in der tiefen Nacht,
ich sei zum Opfer dargebracht,
mich in des Himmels Licht zu stellen,
um mich herum des Tages Nacht erhellen,
und werd´ durch diese tiefe Treue
entführt in des hohen Himmels Bläue`
Als die Äbtissin wieder davon absah, dem Gesuch der Jungfrau
nachzukommen, und die Klostertüren verschlossen hielt, da gelobte die junge
Nonne bei der Jungfrau Maria selbst, sich hier und jetzt im Kloster zu
entleiben. Da endlich erteilte die Äbtissin der jüngsten Schwester ihre
Genehmigung zu dem Vorhaben, aber sie tat es nur mit schwerem Herzen, denn sie
hielt sie besonders lieb und wert. Feierlich ward die Arme jetzt am Altar dem
Himmel geweiht. Nachdem dies geschehen, führten zwei der Schwestern sie hinaus
in den Klostergarten. Noch waren sie nicht weit gegangen, als auch schon ein
Blitzstrahl hernieder fuhr und die Auserkorene augenblicklich tötete, während
die anderen beiden unversehrt blieben. Noch ehe diese heimgekehrt waren, hatten
sich auch schon die Wolken geteilt und verzogen, nach dem grausen Unwetter
zeigte sich jetzt das reine, blaue, im Sonnenstrahl herrlich schimmernde Himmelszelt.“
(Die Sage ist entnommen dem Buch von Karl Scheibe
„Fredelsloh. Geschichte des Dorfes und Klosters“ 1899, neu herausgegeben von
Arno Schelle, Fredelsloh, ich habe sie in einigen Dingen geändert, doch der
Prosa-Grundtext ist fast identisch)
Mehr über das Keramikum Fredelsloh hier:
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