Donnerstag, 26. Mai 2016

Kräutlein, Kräutlein, mag ich dich?

Giersch
Begonnen, das Folgende zu schreiben, hatte ich im März. Dann wurden die Tage nicht nur länger, sondern auch schneller, und es gab vieles zu schauen, zu tun, zu gestalten. So ist dieser Blogartikel etwas später fertig geworden, als gedacht, die Veilchen und Schlüsselblumen sind längst verblüht, der Bärlauch hat auch schon seine beste Zeit hinter sich. Doch noch ist nicht alles vorbei, und die Stängel des großen Weidenröschen warten auf das Geerntetwerden. . . Und die Gedanken dazu haben eh keine "Saison".


Kräutlein, Kräutlein, mag ich dich?

„Lebensmittel müssen auf die Physiologie des Körpers ´passen` und nicht auf Modetheorien. Sie müssen so hergestellt sein, dass jedermann ohne nachdenken essen kann, was ihm schmeckt. Eben so, wie es sich gehört.“  (Aus: Prost Mahlzeit! Udo Pollmer et al)

Der Frühling kommt jetzt mit Macht, und die Welt wird täglich wieder grüner. „Sah täglich neue Kräuter“ (Novalis)

Mit dem Ergrünen wachsen nicht nur die Pflanzen und die Triebe, sondern auch in den Medien die Tipps, welche supergesunden ernt-  und essbaren Dinge heranwachsen. Vieles wird da als ein „must have“ angepriesen.

Ich selber muss da nichts haben. Die Zeiten, als ich mir Birkenblättertee, Löwenzahnknospen, Brennesselspinat „reingezogen“ habe, sind passé. Auch wenn ich diese drei in meiner Küche nicht mehr verwende, weil sie mir nichts „sagen“, weil ich sie nicht mag, oder nicht so sehr mag, dass ich mich der Mühe unterziehe, sie zu sammeln, zu putzen und zu verarbeiten, brauche ich nicht zu darben. Es bleibt noch genügend Frühjahrsunkraut für den Speiseplan übrig. Ich höre weniger auf die Stimmen aus dem Internet, den Zeitungen und Büchern und mehr auf die Weisheit meines Körpers, der mir rät: „Gut für dich ist, was dir gut mundet“.

Ich brauche auch in dieser Hinsicht niemanden zu überzeugen, doch nur nach meinen Favoriten Ausschau zu halten in der Frühjahrskur oder beim Sammeln des Jahrestees. Wenn meine Liebste da ist, esse ich gerne auch einmal einen Brennesselspinat mit, sie mag ihn, sie schwört darauf, und soooo schlecht ist er ja nun auch wieder nicht.

Noch einmal zu den drei oben genannten, Birke, Löwenzahn, Brennessel. Bei der Birke nehme ich mir jedes Jahr wieder vor, einmal im zeitigen Frühjahr Birkensaft zu zapfen, und tu es dann doch nicht, da gerade andere Dinge dringlicher sind. Doch gedanklich reizt es mich schon, damit zu experimentieren. (Oder zu „essperimentieren“, wie eine Schülerin in einem meiner Kinderkochklubs in Bremen es nannte). Dieses Jahr ist es wieder einmal gelaufen, und dass, obwohl ich schon die Erlaubnis zum Zapfen von einem Birkenbesitzer habe. Gut Ding will Weile haben. . .

Vom Löwenzahn verwende ich allenfalls die Blätter für Salate, und die am Liebsten gebleicht. Das geht ganz einfach: Im zeitigen Frühjahr einen Topf oder Eimer über die Löwenzahnrosette stülpen und ca. zwei Wochen darauf lassen. Dann habe ich gebleichte Löwenzahntriebe, zart und knackig-lecker wie Chicoree.

Im Herbst kann ich das wiederholen, indem ich Löwenzahnwurzeln ausgrabe und in eine Kiste mit Sand einschlage. Diese Kiste kommt dann in den dunklen Keller, und je nach Wärme habe ich früher oder später wieder leckeren gebleichten Löwenzahn.

Die Wurzeln ließen sich dann theoretisch noch im Ofen trocknen und dann in der Pfanne anrösten und zu Löwenzahn“kaffee“ weiter verarbeiten. Doch mein Ding ist auch das nicht. Mit den Knospen und Blüten dieser Pflanze habe ich einiges versucht, unter anderem Aufgesetzten aus Löwenzahnblüten, doch war das nichts, was meinen Geschmackssinn befriedigte.

Dem Brennesselspinat ziehe ich in jeder Hinsicht den Giersch vor. Der wiederum ist eines meiner Lieblingsfrühjahrs-Wildgemüse. Gierschpesto, Gierschspinat, Gierschsuppe, Giersch als Zutat zu Brühen und Salaten, alles erfreulich. Nur „maigrün“ müssen die verwendeten Blättchen sein. Das lässt sich auch weiter im Jahr erreichen, durch immer wieder absicheln oder –sensen und Nachwachsen lassen der Bestände. Das einzige Mal, wo mir Brennesselblätter wirklich gemundet hatten, war, als ich sie auf einen Tipp hin frittiert hatte. Und was mich an der Brennessel wirklich zum Verzehr reizt, sind später im Jahr die kleinen schwarzen Samen.

Auf die Spur gekommen bin ich denen, als ein alter Gärtner mir riet, diese als kräftigendes Futter für die Hühner zu sammeln, die ich damals hielt. Dass dann meine Liebste auch auf diese kleinen Dinger schwört, hat mich animiert, in diese Richtung weiter zu sichten. Brennesselsamen auf Müsli, in Brot, alles für mich vorstellbar, auch wenn das Sammeln eine „kitzlige“ Angelegenheit ist.

Diese Samen sind mir auf alle Fälle lieber, als die, die uns in den (Bio-) Supermärkten als modisches „Powerfood“ angepriesen werden. Gerade sind es Chia-Samen, die sündteuer in den Regalen stehen, und gegen alle Leiden der Welt helfen sollen.

Neben Giersch habe ich jedoch andere Favoriten für meine „wilde Küche“: Bärlauch, Ahornblätter, Knoblauchrauke, Scharbockskraut, Märzveilchen, das große Weidenröschen, Distelwurzeln, Ahornblätter, Buchenkeimlinge, Weidenknospen.

Als ich noch in Bremen weilte, war Bärlauch eher rar. Zwar wächst er dort im Rhododendronpark und in den Wallanlagen, doch leider sind in der Stadt öffentliche Grünflächen Hundeklos. Das verleidete mir das Sammeln. Hier in der Umgebung von Fredelsloh gibt es ihn dagegen reichlich. So viel, dass ich mir dieses Jahr als „Essperiment“ „Bärlauchkapern“ eingelegt habe, also nur die Bärlauchblütenknospen sammelte, und diese in Essig einlegte. In Kürze werde ich das erste Glas öffnen. Dann kann ich berichten, ob das lohnenswert ist.

Bärlauch ist ein lecker Kraut, blutreinigend soll es auch noch sein, wie so viele Frühjahrskräuter, und es passt an so viele Gerichte: Bärlauchbrötchen, Bärlauchquiche, Bärlauchfrischkäse, Kartoffelsalat mit Bärlauch. . . Mit Bärlauchpesto stehe ich etwas auf Kriegsfuß, doch wenn ich die Blätter statt Knoblauch an das Gierschpesto gebe, habe ich ein wundervolles Ergebnis.

In Bremen hatte ich den Bärlauch durch Knoblauchrauke ersetzt, und zwar von derer ganz jungen Blättern, ältere werden bitter. Die brauche ich hier kaum. So kann ich geduldig warten, bis die Knoblauchrauke reife Samen gebildet hat und diese sammeln und zu einem Raukesenf verarbeiten.

Die Märzveilchen verarbeite ich zu Sirup (ich gestehe, dass mir das Kandieren der Blüten zu „fisselig“ ist, und mich diese Arbeit vogelig macht). Außerdem werden Blüten, wie auch Schlüsselblumenblüten, für meinen „Tee der Landschaft und der Jahreszeiten“ getrocknet.

Die Schösslingen des großen Weidenröschen sammle ich, wenn sie doppelt handhoch sind. Ich kann sie mitsamt den daran haftenden Blättern zu einer Art „Weidenröschenspargel“ verarbeiten. Die noch saftig grünen Knospen der weiblichen Salweide sammle ich gerne für Salate. Genauso wie die ersten Blätter des Scharbockskrautes, die leider nur bis zum Blühen der Pflanze gesammelt werden dürfen. Dann folgen die Blüten des Wiesenschaumkrautes, um Wildsalaten die richtige Würze und Schärfe zu geben.

Buchenkeimlinge, geerntet noch vor dem Erscheinen des ersten Laubblattes, und die jungen Blätter des Feldahorns taugen auch für schmackhafte Salate. Letztere möchte ich auch einmal milchsauer einlegen, ich las irgendwo, dass das lohnenswert sei.

Distelwurzeln lohnen sich im Frühjahr immer zu sammeln, vorausgesetzt, die Pflanzen stehen auf nicht zu kargen Boden. Distelrosetten im Gartenboden ausgraben, manche können beträchtlichen Umfang annehmen, und dann schmecken sie sogar roh. Gedünstet sind sie ein gutes Wurzelgemüse.

Das sind nur einige der Kräuter, „die ich mag“. Nächstens mehr. . .







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