Giersch |
Kräutlein,
Kräutlein, mag ich dich?
„Lebensmittel müssen auf die
Physiologie des Körpers ´passen` und nicht auf Modetheorien. Sie müssen so
hergestellt sein, dass jedermann ohne nachdenken essen kann, was ihm schmeckt.
Eben so, wie es sich gehört.“ (Aus: Prost Mahlzeit! Udo Pollmer et al)
Der
Frühling kommt jetzt mit Macht, und die Welt wird täglich wieder grüner. „Sah
täglich neue Kräuter“ (Novalis)
Mit dem
Ergrünen wachsen nicht nur die Pflanzen und die Triebe, sondern auch in den
Medien die Tipps, welche supergesunden ernt-
und essbaren Dinge heranwachsen. Vieles wird da als ein „must have“
angepriesen.
Ich selber muss da nichts haben. Die Zeiten, als
ich mir Birkenblättertee, Löwenzahnknospen, Brennesselspinat „reingezogen“
habe, sind passé. Auch wenn ich diese drei in meiner Küche nicht mehr verwende,
weil sie mir nichts „sagen“, weil ich sie nicht mag, oder nicht so sehr mag,
dass ich mich der Mühe unterziehe, sie zu sammeln, zu putzen und zu
verarbeiten, brauche ich nicht zu darben. Es bleibt noch genügend
Frühjahrsunkraut für den Speiseplan übrig. Ich höre weniger auf die Stimmen aus
dem Internet, den Zeitungen und Büchern und mehr auf die Weisheit meines
Körpers, der mir rät: „Gut für dich ist, was dir gut mundet“.
Ich brauche
auch in dieser Hinsicht niemanden zu überzeugen, doch nur nach meinen Favoriten
Ausschau zu halten in der Frühjahrskur oder beim Sammeln des Jahrestees. Wenn
meine Liebste da ist, esse ich gerne auch einmal einen Brennesselspinat mit,
sie mag ihn, sie schwört darauf, und soooo schlecht ist er ja nun auch wieder
nicht.
Noch einmal
zu den drei oben genannten, Birke, Löwenzahn, Brennessel. Bei der Birke nehme
ich mir jedes Jahr wieder vor, einmal im zeitigen Frühjahr Birkensaft zu
zapfen, und tu es dann doch nicht, da gerade andere Dinge dringlicher sind.
Doch gedanklich reizt es mich schon, damit zu experimentieren. (Oder zu
„essperimentieren“, wie eine Schülerin in einem meiner Kinderkochklubs in
Bremen es nannte). Dieses Jahr ist es wieder einmal gelaufen, und dass, obwohl
ich schon die Erlaubnis zum Zapfen von einem Birkenbesitzer habe. Gut Ding will
Weile haben. . .
Vom
Löwenzahn verwende ich allenfalls die Blätter für Salate, und die am Liebsten
gebleicht. Das geht ganz einfach: Im zeitigen Frühjahr einen Topf oder Eimer
über die Löwenzahnrosette stülpen und ca. zwei Wochen darauf lassen. Dann habe
ich gebleichte Löwenzahntriebe, zart und knackig-lecker wie Chicoree.
Im Herbst
kann ich das wiederholen, indem ich Löwenzahnwurzeln ausgrabe und in eine Kiste
mit Sand einschlage. Diese Kiste kommt dann in den dunklen Keller, und je nach
Wärme habe ich früher oder später wieder leckeren gebleichten Löwenzahn.
Die Wurzeln
ließen sich dann theoretisch noch im Ofen trocknen und dann in der Pfanne
anrösten und zu Löwenzahn“kaffee“ weiter verarbeiten. Doch mein Ding ist auch
das nicht. Mit den Knospen und Blüten dieser Pflanze habe ich einiges versucht,
unter anderem Aufgesetzten aus Löwenzahnblüten, doch war das nichts, was meinen
Geschmackssinn befriedigte.
Dem
Brennesselspinat ziehe ich in jeder Hinsicht den Giersch vor. Der wiederum ist
eines meiner Lieblingsfrühjahrs-Wildgemüse. Gierschpesto, Gierschspinat,
Gierschsuppe, Giersch als Zutat zu Brühen und Salaten, alles erfreulich. Nur
„maigrün“ müssen die verwendeten Blättchen sein. Das lässt sich auch weiter im
Jahr erreichen, durch immer wieder absicheln oder –sensen und Nachwachsen
lassen der Bestände. Das einzige Mal, wo mir Brennesselblätter wirklich
gemundet hatten, war, als ich sie auf einen Tipp hin frittiert hatte. Und was
mich an der Brennessel wirklich zum
Verzehr reizt, sind später im Jahr die kleinen schwarzen Samen.
Auf die
Spur gekommen bin ich denen, als ein alter Gärtner mir riet, diese als
kräftigendes Futter für die Hühner zu sammeln, die ich damals hielt. Dass dann
meine Liebste auch auf diese kleinen Dinger schwört, hat mich animiert, in
diese Richtung weiter zu sichten. Brennesselsamen auf Müsli, in Brot, alles für
mich vorstellbar, auch wenn das Sammeln eine „kitzlige“ Angelegenheit ist.
Diese Samen
sind mir auf alle Fälle lieber, als die, die uns in den (Bio-) Supermärkten als
modisches „Powerfood“ angepriesen werden. Gerade sind es Chia-Samen, die
sündteuer in den Regalen stehen, und gegen alle Leiden der Welt helfen sollen.
Neben
Giersch habe ich jedoch andere Favoriten für meine „wilde Küche“: Bärlauch,
Ahornblätter, Knoblauchrauke, Scharbockskraut, Märzveilchen, das große
Weidenröschen, Distelwurzeln, Ahornblätter, Buchenkeimlinge, Weidenknospen.
Als ich
noch in Bremen weilte, war Bärlauch eher rar. Zwar wächst er dort im
Rhododendronpark und in den Wallanlagen, doch leider sind in der Stadt
öffentliche Grünflächen Hundeklos. Das verleidete mir das Sammeln. Hier in der
Umgebung von Fredelsloh gibt es ihn dagegen reichlich. So viel, dass ich mir
dieses Jahr als „Essperiment“ „Bärlauchkapern“ eingelegt habe, also nur die
Bärlauchblütenknospen sammelte, und diese in Essig einlegte. In Kürze werde ich
das erste Glas öffnen. Dann kann ich berichten, ob das lohnenswert ist.
Bärlauch
ist ein lecker Kraut, blutreinigend soll es auch noch sein, wie so viele
Frühjahrskräuter, und es passt an so viele Gerichte: Bärlauchbrötchen,
Bärlauchquiche, Bärlauchfrischkäse, Kartoffelsalat mit Bärlauch. . . Mit
Bärlauchpesto stehe ich etwas auf Kriegsfuß, doch wenn ich die Blätter statt
Knoblauch an das Gierschpesto gebe, habe ich ein wundervolles Ergebnis.
In Bremen
hatte ich den Bärlauch durch Knoblauchrauke ersetzt, und zwar von derer ganz
jungen Blättern, ältere werden bitter. Die brauche ich hier kaum. So kann ich
geduldig warten, bis die Knoblauchrauke reife Samen gebildet hat und diese
sammeln und zu einem Raukesenf verarbeiten.
Die
Märzveilchen verarbeite ich zu Sirup (ich gestehe, dass mir das Kandieren der
Blüten zu „fisselig“ ist, und mich diese Arbeit vogelig macht). Außerdem werden
Blüten, wie auch Schlüsselblumenblüten, für meinen „Tee der Landschaft und der
Jahreszeiten“ getrocknet.
Die
Schösslingen des großen Weidenröschen sammle ich, wenn sie doppelt handhoch
sind. Ich kann sie mitsamt den daran haftenden Blättern zu einer Art
„Weidenröschenspargel“ verarbeiten. Die noch saftig grünen Knospen der
weiblichen Salweide sammle ich gerne für Salate. Genauso wie die ersten Blätter
des Scharbockskrautes, die leider nur bis zum Blühen der Pflanze gesammelt
werden dürfen. Dann folgen die Blüten des Wiesenschaumkrautes, um Wildsalaten
die richtige Würze und Schärfe zu geben.
Buchenkeimlinge,
geerntet noch vor dem Erscheinen des ersten Laubblattes, und die jungen Blätter
des Feldahorns taugen auch für schmackhafte Salate. Letztere möchte ich auch
einmal milchsauer einlegen, ich las irgendwo, dass das lohnenswert sei.
Distelwurzeln
lohnen sich im Frühjahr immer zu sammeln, vorausgesetzt, die Pflanzen stehen
auf nicht zu kargen Boden. Distelrosetten im Gartenboden ausgraben, manche
können beträchtlichen Umfang annehmen, und dann schmecken sie sogar roh.
Gedünstet sind sie ein gutes Wurzelgemüse.
Das sind
nur einige der Kräuter, „die ich mag“. Nächstens mehr. . .
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