Samstag, 15. Juli 2023

Aus dem Tierleben - Eine Auswahl

 


Aus dem Tierleben  -  Eine Auswahl

Eine Flunder,
wohnhaft vor Neuwerk,
hatte ihr Leben
als Plattfisch leid.
Sie schaute voller Neid
auf alle
Schwimmblaseninhaber.

Sie schluckte
einen Luftballon
und bat den Seehund,
diesen aufzublasen.
Der blies.
Und ließ
beim Aufblasen leider
zu früh los.

Das Aufsehen war groß:
Eine - pfrrrt - fliegende Flunder!
Famos!

* * *


Eine etwas bigotte
Kieler Sprotte
sagte zu ihrem Sprott:
„I be Gott!“

* * *


Ein Spatz mit einem Tigerherz
schickte "Tschilp" um "Tschilp" nach oben,
das nervte einen Edelnerz,
der konnt es einfach nich globen.

Er hörte "Tschilp" im Morgengraun,
er hörte "Tschilp" am Gartenzaun,
er hörte "Tschilp" um Mitternacht
(das war die Nachtigall, die hatt sich einen Spaß gemacht)

er hörte "Tschilp" beim Frühstücksei,
rief nach Notarzt, Feuerwehr, nach Polizei,
doch trotz groß "Tatütata",
das "Tschilp" blieb da. . .


* * *


Ein Regenwurm, der in eine Steckdose kroch
erlebte seine Erleuchtung noch.
Worauf er zum Wattwurm transformierte
und fortan als My sweet Ohm residierte.

* * *


Eine Schnecke und ein Schneckerich,
die liebten sich ganz inniglich.
Oder waren es Schneckerich und Schnecke?
So richtig wussten sie das nicht. . .

Als Zwitterwesen gerieten sie in Streit,
wer den nun Schnecke und wer -erich wäre. . .
und tragisch endet die Geschicht,
die Liebe lief ins Leere. . .

* * *


Das entliche Häslein

Eine Hasenmutter ein Häslein gebar,
das wuchs heran und wurde sonderbar.

Es hatte einen Schnabel, um die Mutter zu begrüßen
und Schwimmhäute an den Hinterfüßen.

Auf dem Kopfe etwas, das wie ein Geweih aussah
und am Hinterteil ein Kringelschwänzchen gar.

Das geschah in Germaniens hohem Norden.
Wäre es in Bayern geschehn, wär´s ein Wolpertinger geworden.

* * *


Ein Regenwurm
ließ sich in echter Eigenliebe
zweiteilen.
Nun kann er voller Liebesglück
bei sich selbst
verweilen.

. . . und wenn er sich vierteilen tut, der Bub,
reichts gleich für ´nen ganzen Swingerclub. . .

Mittwoch, 12. Juli 2023

Nachlese zum 1. Klostertag in Fredelsloh

 



Nachlese zum 1. Klostertag in Fredelsloh am 9. Juli dieses Jahres: Im Programmpunkt "Fredelsloher Sagen neu erzählt" haben wir die Gründungslegende Fredelslohs aufgenommen, vom Grafen (von Dassel), oder, in anderer Lesart, von einem Jägersmann, der sich im Wald von Solling verirrte, und dem, als er vor Erschöpfung und Durst einschlief, im Traume eine Frau erschien. Als er erwachte, fand er sich an einer Quelle wieder, die heute am Kapellenbrunnen immer noch plätschert. Als Dank für seine Errettung ließ er eine Marienkapelle errichten. Das war der Beginn von Fredelsloh.

Es gibt verschiedene Variationen dieses Themas. Wir haben in dichterischer Freiheit diesen besagten Traum beschrieben, und ihn mit der Sage um die Schlangenkönigin verwoben, letztere war auch in Fredelsloh ansässig, darüber gibt es eine Geschichte. Über beide Sagen hier nächstens mehr, hier der Text von Kalindi, der Schlangenkönigin, wie sie dem Grafen oder Jägersmann im Traume erschienen sein mag. Musikalische Begleitung: Erd Ling Judith: Didgeridoo, Daniel M. Ladner, Cajon und Dingefinder Jörg Krüger Gitarre . Ich habe auch den Text dazu geschrieben. Leider gibt es keine Tonaufnahme, daher nur obiges Bild und den Text hier:


Es war die samtene Schwärze ihrer Augen, es war das Singen ihrer nachtschwarzen Stimme, es waren die Milchstraßen, welche in ihre Brauen geflochten, er stand und schaute und lauschte.

Und sie nahm seine Waffen und seine Rüstungen und seine eisernen Panzer und all die Spielzeuge der Männer und sagte: Diese brauchst Du nicht mehr. Wo aber das Vertrauen klein ist, ist gar kein Vertrauen. Und sie gab ihm den dreifach gewundenen Stab in die Hand.

Und er blickte in die samtene Schwärze ihrer Augen, und er lauschte dem Singen ihrer nachtschwarzen Stimme, und es waren die Regenbögen, welche in ihre Brauen geflochten.

"Ich webe das Jetzt in die Zeit,
ich webe Frau Welt ein neues Gewand,
ich webe der Mutter ein farbiges Kleid,
ich nehme die Kinder bei der Hand,
ich webe das Jetzt in die Zeit"

Und sie nahm seine fein gewirkten Kleider und seine zierlichen Schuh und gab ihm dafür die Kleider der einfachen Leute. Und er griff in die Tasche, und fand darin drei Kupfermünzen. Und sie sagte ihm: Nun gehe, dir Fischlein zu kaufen.

Und er blickte in die samtene Schwärze ihrer Augen, und alle Nacht war darinnen, und ein Spiegel war darinnen, und er lauschte dem Singen ihrer nachtschwarzen Stimme, und alle Flüsse der Welt waren in ihre Brauen geflochten.

Und er schaute in den Spiegel, und er erblickte das Antlitz des Vaters, und es war ein trauriges Antlitz, gebeugt in Schmerz und Gram. Und er schaute in den Spiegel, und er erblickte das Antlitz seines Sohnes, und es war ein wissendes Antlitz.

"Ich webe das Jetzt in die Zeit,
ich webe Frau Welt ein neues Gewand,
ich webe der Mutter ihr farbiges Kleid,
ich halte darüber die schützende Hand,
ich webe das Jetzt in die Zeit"

Und sie sagte zu ihm: Wem ich Schmerz schenke, dem schenke ich auch die Kraft und die Würde diesen zu tragen. Und sie legte die Hand auf das Traumsiegel auf seiner Stirne, und es war eine wissende und wärmende Hand. Eine nährende Hand.

Und in ihm waren all die sterbenden Wesen, und sie klagten die Totenklage, und es war eine große Trauer in ihm. Und er blickte in die samtene Schwärze ihrer Augen, und alle Nacht war darinnen, und ein Weiher im Mondenlichte war darinnen, und ein verschwiegener Waldpfad war in ihre Brauen geflochten, und als seine Füße den Pfad begingen, hörte er das Singen ihrer nachtschwarzen Stimme.

"Ich webe das Jetzt in die Zeit,
ich webe Frau Welt ein neues Gewand,
ich webe der Mutter ihr farbiges Kleid,
ich halte darüber die schützende Hand,
ich webe das Jetzt in die Zeit"

Montag, 3. Juli 2023

1. Klostertag Fredelsloh am 9. Juli von 11 - 16 Uhr

 



Programm:

11h Andacht zur Eröffnung des Klostertages
11:30h Einführung in die Orgel und Miniatur-Konzert mit Günter Stöfer
12h Das Fredelsloher Stundengebet
12:20h Auf den Spuren der Nonnen I
12:40h Die Ausstellung
13:00h Das Fredelsloher Stundengebet
13:20h Auf den Spuren der Nonnen II
13:40h Fredelsloher Sagen neu erzählt, Jörg Krüger mit Begleitung
14:00h Stundengebet
14:20h Das Labyrinth
14:40h: Yoga im Hauptschiff
15:10h: Gedichte und Lieder, Jörg Krüger mit Begleitung
15:40h: Das Labyrinth
16:00h Das Fredelsloher Stundengebet
16:20h Eine historische Führung
16:40h Fredelsloher Märchen „Die beiden Schäferjungen“
17:00h Gebet der liebenden Aufmerksamkeit zum Abschluss

Durchgängig: Grubenbrand // Führungen im Keramik.um // Arbeit an der Lehmkirche mit Hannah Over // Schmiedearbeiten mit den Naturwerkstätten // Musik von den Soulstrings ab 12h

Grillbuffet
Kuchenbuffet am Keramikum

Donnerstag, 29. Juni 2023

Rosentraum

 



Rosentraum

I

Lass dir den Morgen nicht nehmen
und nicht die Dankbarkeit,
dein Menschsein ist es,
welches dich Lieder singen lässt,
so wie die Amsel
im Amselsein
den neuen Tag begrüßt

Wir kommen Wir gehen
enge Pforte weites Tal,
lass dir das Morgen nicht nehmen,
und nicht die Dankbarkeit
für das Heute,
wenn du ein Lied hast,
lass es erklingen


II

Doch sei auch die Nacht unser,
wenn sich die Düfte mischen,
und der Rosen zartes Hell
aus den Ahnungen
des graugrünen Laubes winkt,
als seien Sterne gesunken

So wie der Mond steht als geöffnete Schale am Himmel,
und wie Perlen die Sterne,
welche sich in diese Schale senken

Sei auch die Nacht unser,
legen wir uns
in die sanft geöffnete Schale des Mondes,
sie wird unsere Barke unter den Sternen sein


III

Keine Urzeit beschwören
keinem Vergangenem nachträumen,
den Meeren längst entstiegen,
den Wanderungen
dem Unsteten

noch nie halfen
die alten Rezepte
nicht scheuen, vor dem, was ist
nicht wissen von dem, was kommt
Tagwerk-Gebete,
Zeit, des Morgens die Rosen zu sammeln,
in stillem Gedenken
die Wanderer zu grüßen
den Rosenkelch reichen

sub rosa


IV

Himmelstänzerin im Rosenhag,
so still die Morgenfrühen,
so sanft der beginnende Tag,
schon verblassen die Sterne,
die Wolken beginnen zu glühen

Wer in die Himmel tanzend Verglühen vermag,
in derer Herzen senkt sich eine Freiheit hinein,
es grüßen noch die letzten Hollerdolden,
tauchen in auferblühenden Lindenduft ein,
so, ja, so doch zeigt sich auch dieses Leben,
wenn wir, zeitvergessen, uns im Tanze
in diese Himmel bewegen,
und auch die Weltalter bewegen sich still  -

Ein Verlangen erblüht
Ein „Ich will!“ -
woher wir kommen, wohin wir gehen,
das bleibt unerfragt - - -
Wir tanzen - - - wir tanzen - - -
während es tagt

Es liegt Segen über dem Land,
Wolkenfederschwingen,
darin eine Hand,
uns gereicht, sie zu erfassen,
sich beieinander zu halten
während sich die Rosenknospen entfalten - - -


V

Am Ende der Nacht stellte ich selber die letzte Frage:
„Was ist das für ein Lied, welches du singst?“
Sie öffnete die Tür dem beginnenden Tage:
„Es duftet nach Rosen“, sagte die Sphinx


Das Foto zeigt eine Blüte der "Hundertjährigen", wie sie hier genannt wird, eine Albarose, die gerade wieder über und über blüht. (Und von deren stark duftenden Blüten ich, wie jedes Jahr, einige ernten durfte, um Rosensirup zu bereiten.)

Mittwoch, 28. Juni 2023

Seit 26. 6. bis 6. 8. eine neue Ausstellung im Café Klett in Fredelsloh: Werke von Norbert Schmidt-Mispagel

 


Seit dem 26. 6. dieses Jahres präsentiert Norbert Schmidt-Mispagel seine spannenden Werke im Café der Kunsttöpferei Klett in Fredelsloh!

Norbert Schmidt-Mispagel ist im Südoldenburgischen geboren. Nach dem Studium (Romanistik und Sport) in Göttingen, unterrichtete er bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2013 an der IGS Göttingen/Geismar die Fächer Französisch, Sport und Kunst.

Schmidt-Mispagel ist Autodidakt und hat sich im Verlauf seiner künstlerischen Entwicklung in unterschiedlichen Zeichen- und Maltechniken mit verschiedensten Themenkreisen auseinandergesetzt. Ein Schwerpunkt seiner Arbeiten ist stark beeinflusst von alter, dem Zersetzungsprozess von Wind und Wetter ausgesetzter Werbemalerei auf französischen Hausfassaden und Plakatwänden, die ihn während seiner regelmäßigen Reisen nach Frankreich inspirierten. Dazu gesellte sich die Auseinandersetzung mit Höhlenmalerei und aktueller Graffiti aus dem urbanen Raum. Durch Kombination von Fragmenten aus diesen drei Bereichen, die oft in Schichtungen aufgearbeitet werden, entstehen neue Impressionen und “Botschaften“.

Seine Bildideen setzt Schmidt-Mispagel in unterschiedlicher Form um, von naturalistischer Malweise, über Abstraktion, Schablonenmalerei und Kritzeleien, Monotypien, bis hin zum abstrakten Expressionismus und Informel - oft auf dem selben Bildträger kombiniert. Dabei kommen Acryl-, Öl- und Wandfarben, Pastell- und Ölkreiden sowie unterschiedlichste Collagematerialien zum Einsatz.
Das Spiel mit Formen, Farben und Techniken ist eine starke Antriebsfeder bei der Arbeit im Atelier. Der Arbeitsprozess ist dabei gekennzeichnet durch einen permanenten Wechsel zwischen planvollem, gesteuertem Vorgehen auf ein vorher festgelegtes Ziel hin und der Offenheit dem Malprozess gegenüber, der Unbekanntes, Überraschendes in die Arbeit integriert und/oder gegebenenfalls zu neuen Zielen führen kann.

Seit den 70er Jahren hat Schmidt-Mispagel an zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen in Deutschland und Frankreich teilgenommen. Er lebt und arbeitet in Göttingen.

Bis zum 6. August täglich 13 bis 18:00 Uhr im Café der Kunsttöpferei Klett, Fredelsloh, Bilder von Norbert Schmidt-Mispagel aus unterschiedlichen Phasen seines Schaffens.

Das Bild oben trägt den Titel PRÉSENTATION, Mischtechnik auf Zeichenkarton; das Bild unten AUF DER PIRSCH, Mischtechnik auf Hartfaserplatte




Mittwoch, 21. Juni 2023

Sommersonnenwende - Johanniskraut

 



Sommersonnenwende


Sag, was kündest du mir, Sonnenwendkraut, leuchtender Busch du?
Nicht Johanniskraut, nein, Lichtheiliger mögest du heißen!
Sommerverkünder, so weit das Auge erfasset die Landschaft.
Lichthell stehet der Rain und sommerlich glühet der Wegsaum,
Borget den Nächten sogar ein mitternachtsonniges Dämmern.

Stets sich steigert die Glut, daß glitzern die Blätter des Eichwalds
Wie in metallischem Glanz. - Gott! Rosen, ja Rosen in Menge!
Rot und röter und weiß. - Ach, wie ermüdet die Fülle!
Silbrig flimmert die Luft und goldgleich zittert der Sonnball.

Christian Friedrich Wagner, geboren am 5. August 1835 in Warmbronn, Baden-Württemberg; gestorben am 15. Februar 1918 ebenda, Kleinbauer und Dichter.


Seine Stellung zur Kriegslyrik war eindeutig, wie aus einem Brief an Hermann Hesse hervorgeht: Nachdem er schon mehrfach „um Kriegslieder angegangen worden“ sei, schreibt er weiter: „das Heldentum des Nitroglyzerins erkennen wir [Dichter] nicht an!“ Als der befreundete Dichter und Kriegsdienstverweigerer Gusto Gräser aus Deutschland ausgewiesen werden sollte, setzte er sich für ihn ein. Der spätere Dadaist Johannes Baader besuchte ihn 1916 in Warmbronn und hielt daraufhin begeisterte Vorträge über Wagner.

Er leidet sehr unter dem fortgesetzten Kämpfen und Töten und wünscht sich, Eremit zu werden. „Ich beklage, dass es in Deutschland keine Wälder mehr gibt, wie im Mittelalter, zur Zeit der Eremiten, in die hinein ich mich verkriechen könnte, um dort nur noch mit frommen Tieren zu leben.“

„Lieber ein barmherziger Heide als ein unbarmherziger Christ“

Im Winter 1884 nutzte Wagner die freie Zeit zum Sichten seiner poetischen Versuche und stellte sein Manuskript Märchenerzähler, Bramine und Seher zusammen, das im Frühjahr 1885 in einem Stuttgarter Verlag erschien, nachdem er die Herstellungskosten des Buches übernommen hatte. In diesem Werk sah er sich selbst als Bramine, der „alles Lebendige schonend und achtend durch die Fluren wandelt“, er versicherte jedoch, nie buddhistische Schriften gelesen zu haben.