Samstag, 17. Februar 2024

Aus Dingefinders Büchergarten: Der neugierige Gärtner

 



Die beiden Bücher „Nachrichten aus dem Garten - Praktisches, Nachdenkliches und Widersetzliches / aus einem Garten für alle Gärten“ (1987) und „Neue Nachrichten aus dem Garten“ (1987) des 2001 verstorbenen Autors Jürgen Dahl sind mittlerweile Gartenbuchklassiker. Wahre Augenöffner für den Blick auf den Garten. Beide waren lange Jahre in meinem Besitz, bis - ja bis ich sie verliehen hatte. . .

Geblieben ist in meinem Bestand der von der Manuscriptum Verlagsbuchhandlung 2002 herausgegebene Sammelband „Der neugierige Gärtner“, der die drei Bücher „Vom Geschmack der Lilienblüten. Neueste Nachrichten aus dem Garten“ (1995), „Der neugierige Gärtner“ (1998) und „Der Stinkgarten oder die Faszination des Gegenteils“ (2002) in sich vereint.

Ich habe dieses Buch heuer wieder hervorgekramt, um mich an den doch etwas trüben Februartagen auf die Gartenfreuden im Zaubergarten vorzubereiten. Sicher, einiges tat ich schon, doch eine Bänderdehnung am rechten Knöchel gebietet mir noch etwas Ruhe. Nicht einmal mit dem Hufe zu scharren vermag ich, und so reicht es gerade mal für ein paar Aussaaten am Küchentisch (eine bunte Basilikummischung war heute dran) und eben für das Lesen von Gartenbüchern.

Dieses, wie auch die anderen Bücher von Jürgen Dahl, habe ich schon oft in der Hand gehabt und darin gelesen, doch es lohnt, es alle Jahre wieder zur Hand zu nehmen. Obwohl so oft gelesen, entdecke ich immer wieder Neues darin. Je nachdem wo meine Aufmerksamkeit gerade haften bleibt. So bin ich zum Beispiel diesmal im Kapitel „Winter“ des Bandes „Der neugierige Gärtner“ hängengeblieben, in dem so viel Nachdenkenswertes über die Eiche steht. Dieses Jahr möchte ich das Verarbeiten von Eicheln vertiefen, mit dem ich vor einiger Zeit mit dem Backen von Eichelwaffeln begonnen hatte (link dazu weiter unten), außerdem möchte ich mich der Produktion von Eichengallustinte annehmen, um als Dichter einmal mit selbstgemachter Tinte handgeschriebene Gedichte auf handgeschöpften Papier (meiner Lebensgefährtin) weiterzugeben. Die Herstellung von Gallustinte ist in diesem Kapitel vom Autor gut beschrieben.

Doch Jürgen Dahl wäre nicht Jürgen Dahl, wenn er nicht auch immer zeitkritische Betrachtungen unter die Nachrichten aus den Gärten gemischt hätte. „Natürlich ist es niemand gewesen, und niemand hat es gewollt, niemand etwas gewusst. Aber der Satz ´Was für ein Ende soll die Ausbeutung der Erde in all ihren künftigen Jahrhunderten noch finden, bis wohin soll unsere Habgier noch vordringen?´ - dieser Satz stammt nicht von heute, sondern den schrieb der alte Plinius in Rom vor fast zweitausend Jahren im Anblick kahlgeschorener Berghänge. Er jedenfalls und manche nach und sogar vor ihm haben etwas gewusst, gespürt zumindest, und sie haben auch die Beweggründe beim Namen genannt. Angesichts dessen liegt eine feine weltgeschichtliche Ironie darin, dass wir unser Geld gelegentlich mit einem Eichenblatt dekorieren, ihm damit den Stempel der Dauerhaftigkeit aufdrücken wollen und doch zugleich symbolisch dasjenige miteinander verbinden, wonach wir gejagt haben - ohne das lange Gedächtnis der Natur in Rechnung zu stellen - , und dasjenigen, was wir damit um seine Fortdauer gebracht und einem langsamen Sterben überantwortet haben.

Diese ernste Mahnung versteckt zwischen Gallustinte und der Winterernte von Pastinaken und Topinambur, diese Mischung, zusammen mit der Sprachgewandtheit des Autors, das ist es, was seine Bücher ausmacht.

Das Buch „Der Stinkgarten“ in diesem Sammelband habe ich erst einmal überblättert, um mich gleich dem „Geschmack der Lilienblüten“ zuzuwenden. Lilienblüten selbst würde ich zwar nicht essen (wie es in China wohl Brauch ist), doch hab ich mir zwei Sorten wohlschmeckender Taglilien beschafft, bei einer sollen sogar die jungen Triebe schmackhaft sein. Dieses Jahr wird das ausprobiert.

Schmunzeln muss ich über Jürgen Dahls Schilderung über seine Anbauversuche mit der Knollen-Platterbse: „Das hartnäckigste aber, was ich je erlebt habe, war die Knollen-Platterbse (Lathyrus tuberosus), ein zartes, betörend duftendes Wesen aus Westasien, vor langen Zeiten eingeschleppt oder sogar als Kulturpflanze ins Land geholt, weil nämlich die unterirdischen Knollen, aus denen sie erwächst, essbar sind. . . . So etwas reizt natürlich die Neugier, und die ersten Triebe, die sich über die Nachbarpflanzen legten, haben wir noch freudig begrüßt, die Blüten bewundert und die bescheidene Ernte des ersten Jahres verkostet. Im nächsten Jahr hatte sich der kleine Bestand trotz der Ernte vervielfacht, und im dritten Jahr stand fest: Die . . . müssen raus, so bald als möglich, denn weithin war nichts anderes mehr zu sehen als Platterbsentriebe . . . Zwei Jahre hat es gedauert, bis alle . . . aus dem Boden geklaubt waren.

Schmunzeln musste ich darüber unter anderem, weil ich selber einmal Knollenplatterbsen ansiedeln wollte, immer auf der Suche nach neuen Leckereien aus dem Selbstversorgergarten. Also besorgte ich mir Saatgut, doch anscheinend sagte ihnen der sehr feuchte und anmoorgige Boden, auf dem ich damals wirtschaftete, nicht so zu. Heute lese ich, was mir da wohl erspart geblieben ist.

Und so lese ich denn weiter und versinke in zukünftige Gartenträume. Und kann dieses Buch nur uneingeschränkt weiterempfehlen. Noch ist ja Februar . . . (Und die beiden Bücher von Jürgen Dahl „Nachrichten aus dem Garten“ werden wieder besorgt, soviel steht fest.)

Ach ja, und hier der link zu den Eichelwaffeln: Wilde Küche - Pikante Eichelwaffeln

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