Ich liebe diese alten Gartenbücher, und je älter, um so besser, denn mit weniger Schnickschnack wurde da gearbeitet. Ein Schätzchen besonderer Art ist das Buch "Die Frühtreiberei der Gemüse im Frühbeet und Glashause" von Johannes Böttner (3. 9. 1861 - 28. 4. 1919), einem Gärtner von altem Schrot und Korn. Ebenso handfest sind auch die Tipps in diesem Buch. Besonders, was die Beschreibungen der Arbeit mit den Frühbeetfenstern angeht, ist dieses Buch Gold wert. Ich selber hatte ja noch das Glück, dass ich in der Lehre mit diesen Frühbeetfenstern hantieren durfte.
Es hat ja seinen Grund, dass ich gerade dieses Buch wieder ausgegraben habe: Bekomme ich doch in Kürze wieder Frühbeetfenster für meinen / unseren neuen Garten. Und Pferdemist ist auch erreichbar, so dass ich die Hoffnung hegen darf, dieses Jahr Melonen anbauen zu dürfen. Davon träume ich schon lange. Und so geht das laut Johannes Böttner, Ökonomierat:
Melonen
Die Melonenkultur gelingt in
südlichen, sehr warmen Gegenden Deutschlands mit Hilfe von Düngerpackung und
Glasglocken gelegentlich noch im Freien.
Feine edle Sorten in guter
Beschaffenheit werden nur im Mistbeet und dauernd unter Glas gewonnen. Es
werden für die Melonenkultur eigene Mistbeete angelegt; doch kann man auch die
Frühbeetkasten, die im Frühjahr zur Anzucht der Gemüse- und Blumenpflanzen
gedient haben, noch zur Kultur benutzen.
Die Melonen müssen aus Samen in Töpfen
herangezogen werden. Die Aussaat geschieht Anfang März. Jeder Topf wird nur zur
Hälfte mit guter, etwas sandiger Mistbeeterde gefüllt und ein Samenkorn
hineingelegt, darauf angegossen und ins Mistbeet gestellt. Bis zum Aufgange
muss das Fenster geschlossen gehalten werden; später wird nur ganz wenig
gelüftet. Damit es im Beet nicht zu warm wird, legt man oft Schatten. (Es
werden Strohmatten bei Sonne über die Fenster ausgerollt).
Sobald die jungen Pflanzen über den
Topfrand hervorgewachsen sind, werden die Töpfe bis unter die Keimblätter mit
Erde angefüllt. An dem mit Erde angehäufelten Stengel bilden sich neue Wurzeln,
welche den Pflanzen viel Nahrung zuführen und sie zu früherem Blühen
veranlassen. Die im Gewächshaus oder in einem besonderen Mistbeet derart
herangezogenen Pflanzen werden in das Melonenbeet ausgepflanzt.
Es wurde schon gesagt, dass die
abgeräumten Mistbeetkasten als Melonenbeete dienen können. Es wird sofort nach
dem Leerwerden die Erde tüchtig mit vergorener Jauche übergossen und, wenn sie
hierauf wieder abgetrocknet ist, umgespatet; dann fülle man frische, gute
Melonenerde handhoch ein und pflanze die Melonen. Das gibt, da die Wärme der
Düngerpackung schon verbraucht war, immerhin ziemlich spät Erträge.
Sicherer und früher erhält man Melonen
aus den Beeten, die noch im März eigens angelegt sind. Man packt sie gut mit
Pferdedünger 50 Zentimeter hoch. Dieser Pferdedünger muss abdampfen, denn der
scharfe Dunst des Pferdemistes ist der Melone schädlicher als irgend einer
anderen Pflanze. Auf die Pferdemistpackung kommt eine 6 Zentimeter hohe Lage
strohfreien Kuhmistes; dadurch wird die Hitze des Pferdemistes gemildert und
der schädliche Dunst wird von der Erde abgehalten. Die Melonenwurzeln, welche
später in den Kuhmist einwachsen, befinden sich viel wohler darin, als wenn sie
in die oberen Schichten des Pferdemistes eindringen würden. Erst auf den
Kuhmist kommt die Melonenerde. Gute Melonenerde wird bereitet aus zwei Teilen
verrotteten Rindermist, zwei Teilen bester Rasenerde und einem Teil
grobkörnigen Flußsand. Hat man alten Lehm von Abbruch – Scheunen, so kann man
auch diesen als wertvollen Zusatz der Erde beigeben.
Es werden zwei Pflanzen unter jedes
Fenster gesetzt. Die Pflanzen werden mit dem Rohre vorsichtig angegossen; man
gießt nie direkt an den Stengel, sondern ringsherum. Wenn die Melonen das
dritte Stengelblatt gemacht haben, werden sie über dem zweiten Blatt geköpft.
Es bilden sich nun zwei Triebe, welche nach beiden Seiten hin recht gleichmäßig
ausgebreitet werden. Sobald die neuen Triebe das vierte Blatt machen, werden
sie wiederum geköpft, und zwar jeder über dem dritten Blatt. Nun entsteht
wiederum aus jedem Auge ein Trieb; wir haben also sechs an jeder Pflanze. Von
diesen sechs Trieben müssen zwei, drei oder vier je eine Frucht bringen.
Nachdem an einem Triebe eine Frucht
gebildet ist, soll der Trieb noch so lange weiterwachsen, bis die Frucht etwa
Hühnereigröße hat; dann wird der Trieb über dem dritten Blatte hinter der
Frucht abgeschnitten. Jeder andere der sechs Triebe wird ebenso behandelt.
Würde man den Trieb zu früh abschneiden, so würde die Gefahr eintreten, dass
die Frucht abgestoßen wird. Es dürfen aber nur zwei, höchstens vier Früchte an
jedem Stock bleiben, alle anderen werden ausgebrochen. Triebe, welche üppig
wachsen und keine Frucht bilden, sind bis aufs unterste Blatt fortzuschneiden.
Dieses ist das Schema zum
Melonenschnitt. Ohne regelrechtes Beschneiden könnten die Melonen nicht
fruchtbar werden; sie würden endlose Ranken machen, für die im Mistbeete gar
kein Platz vorhanden sein würde. Man kann übrigens vorstehendes Schema beliebig
abändern: z. B. beim zweiten Schneiden vier Ranken lassen, was für
starkwüchsige Sorten vorteilhaft ist. Weiterhin kann man sämtliche sechs oder
acht Ranken, nachdem sich nahe am Stamm keine fruchtbare Blüte zeigt, auf die
zwei untersten Blätter zurücksetzen und
von den jedesmal zwei neuen Trieben nur
einen zum Fruchttragen belassen. Der erfahrene Melonenzüchter findet für die
Behandlung im Schnitt verschiedene Abweichungen, mit denen er sich den
Verhältnissen anpasst. Melonen gebrauchen viel Wärme. Die Fenster müssen
dauernd, besonders aber in der ersten Zeit, ziemlich fest aufliegen. Es wird
bei starker Sonne Schatten gegeben und wenig gelüftet.
Bei der ferneren Behandlung ist es
notwendig, möglichst feuchte Luft im Kasten zu haben. Durch trockene Luft
bekommen die Melonen fast augenblicklich Ungeziefer (Rote Spinne) und
verkommen. Begießen und Spritzen der Bretterwände trägt besonders dazu bei, die
Luft feuchter zu machen. Wenn die Pflanzen größer werden, wird ihnen allmählich
mehr Luft und Licht zugeführt.
Zur Zeit der Blüte muss am fleißigsten
gelüftet werden, denn die Luftbewegung trägt wesentlich dazu bei, guten
Blütenstaub zu gewinnen. In gespannter, feuchter Luft bildet sich kein reifer
Blütenstaub; die Befruchtung der Blüten misslingt dann, selbst wenn der Versuch
gemacht wird, künstlich zu befruchten. Herrscht während der Blüte bedecktes,
trübes Wetter und es fliegen keine Bienen und anderen Insekten, so muss immer
künstlich befruchtet werden. Wenn die kleinen, halb ausgebildeten Melonen
abwelken und faulen, so ist das fast immer die Folge ungenügender Befruchtung.
Unter jede Frucht wird eine Schieferplatte gelegt. Die Reife der Früchte ist
daran erkennbar, dass sie eine leuchtende Farbe annehmen, sich weich anfühlen
und einen deutlich bemerkbaren Melonenduft ausströmen.
. . .
Wenn Melonenkultur erfolglos ist, so
liegt es nicht selten an der Sorte. Es gibt sehr viele Melonensorten und die
sind in ihrer Güte, in ihren Ansprüchen und in ihrer Fruchtbarkeit sehr
verschieden: Netzmelonen mit feinen, netzartigen Narben oder flachen Sprüngen
über die ganze Frucht, Cantalupen (geriefte Melonen); dann gibt es noch glatte
Melonen und Wassermelonen.
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Soweit also der Herr Oekonomierat. Sicherlich wirft der Text einige Fragen auf, bezüglich der Materialbeschaffung. Schiefertafeln . . . woher nehmen? Rasenerde? Jauche?
Wenigsten bezüglich der Jauche weiß ein anderes Buch Rat: "Winke übern Gartenzaun - praktischer Ratgeber für den Gemüse-, Obst-, und Ziergarten" (1934) von H. Neuhaus:
"Wie stellt man Jauche her?
Wir geben ins Jauchefass Kuhmist, Geflügelmist, Ruß, Holzasche, Abortdünger, Schaf-, Ziegen-, oder Kaninchendung, füllen mit Wasser auf und rühren täglich um, damit die Mischung ins Gären kommt. Bei warmen Wetter ist das nach 14 Tagen geschehen. Zum Düngen schöpft man etwas Flüssigkeit ab und verdünnt sie, bis sie schwach trübe aussieht, etwa wie schwacher Tee. Kuhmist ist ein besonders milder Dünger; man kann die daraus gewonnene Jauche sofort gebrauchen. Man gibt auf 1 Pfund reinen Kuhmist 8 Liter Wasser und rühret gut um. Diese Lösung ist beim Gebrauch so weit zu verdünnen, dass sie wie dickes Schmutzwasser aussieht"
Dann steht sommerlichen Genussbildern wie diesem ja nichts mehr im Wege. . . :
Bartolomé Esteban Murillo: Trauben- und Melonenesser |
Wie schön, Herr Dingender! Das sind doch echte Schätze, ich liebe diese alten Bücher auch…Ich wünsche viel Erfolg beim Melonenanbau und bin gespannt auf den Bericht im Herbst. Diesen schönen Eintrag würde ich sehr gern auf meiner FB-Seite "Gartenkunst oder Wege nach Eden" teilen, wäre das recht? Herzliche Gartengrüße aus dem winterlichen Allgäu, Barbara
AntwortenLöschenDa hst du ja einen richtig literarischen Schatz ausgegraben. Toll
AntwortenLöschenGruß vonner Grete
Danke Euch!
AntwortenLöschenDarf alles gerne geteilt werden, was hier geschrieben steht. . .
Ja, die Liebe zu solch "alten" Schätze teile ich sehr. Nur dass ich gerade Melonen nicht sehr schätze. Doch darauf kommts ja gar nicht an.
AntwortenLöschenAlte Schätze? Vielleicht jünger als das so für manche Ohren klingt...
C.
Das ist ja eine sehr ausführliche Beschreibung für den Melonenanbau. Da sollte eigentlich nichts mehr schief gehen. Ich freue mich mit Dir auf die Melonen. Macht man das mit Kürbissen auch so, dass man die Triebe so schneidet? Ich hatte mit Kürbissen immer schlechte Ernten. Meist sind die Kürbisse schon in TT-Ballgröße verfault. Hast Du einen Tip?
AntwortenLöschenBei den Kürbissen habe ich das nie für nötig gefunden. In Bremen hatten wir einen nassen, tiefliegenden Garten, da hab ich die jungen Früchte auf Holzkisten oder auf Stroh gelegt zum Weiterwachsen, damit sie nicht der Bodenfeuchte ausgesetzt sind. Vielleicht hilft das ja auch bei Dir,
AntwortenLöschenLiebe Grüße, Jörg