Dienstag, 4. August 2015

Weder Felsen noch Birne und anderes über Fundstücke


Eine Milchkanne mit Henkel und Deckel, ein Haken, um diese Kanne am Hosengürtel zu befestigen, damit beide Hände für das Sammeln der Beeren frei bleiben: Da werden Kindheitserinnerungen wach, Erinnerungen an Waldhimbeeren, die rot aus dem Sommerlaub leuchten, Erinnerungen an schwarzglänzende Brombeeren und an von Stacheln zerkratzte Beine, die in kurzen Hosen stecken. So war es immer in den Sommerferien: Entweder ging es „in die Pilze“, oder es ging „in die Beeren“.

Nun sind die Beine und die Hosenbeine länger und die Haare grauer, doch noch immer geht es „in die Pilze“ und „in die Beeren“. Dieses mal nicht in die Himbeeren, diese Saison ist verpasst, die wenigen, die noch duftend an den Ranken hängen, sind für den Mund.

Doch in der Grünanlage vor der Klosterkirche von Fredelsloh steht ein Riesenbusch, ein Heister, der Felsenbirne, voll mit reifen Früchten. Und, oh Wunder!, noch haben die Vögel diese Leckerei nicht entdeckt (zwei Tage später sollte das anders sein, und es war nichts mehr zu holen). Also am Morgen, ausgerüstet wie oben beschrieben, geht es zum Pflücken.

„Felsenbirne“, wer wohl auf diesen Namen für diese Früchte der Sträucher der Gattung Amelanchier gekommen ist? In Ostfriesland, wo ich eine Zeit lebte, wuchsen sie wild und wurden von den Einheimischen „Korinthen“ genannt (und gesammelt). Doch meistens werden die blaubereiften kleinen Früchte für giftig gehalten, zur Freude desjenigen, der es besser weiß, bleiben sie so doch von Menschenhand ungepflückt.

Die Felsenbirnen gehören zu der großen Familie der Rosengewächse, die uns so viele Nutz- und Heilpflanzen spendet. Allen voran die Rosen selber, diese Duftwunder, dann eine ganze Palette an Stein- und Kernobst: Äpfel, Birnen, Pflaumen, Aprikosem, Pfirsiche, Kirschen, Mirabellen, Mispeln, Quitten, dann die Beeren: Erd-, Him- und Brombeeren, Aronia, Eberesche (Vogelbeeren), Elsbeeren, und schließlich noch eine große Palette an Heilpflanzen: Odermennig, dieses wunderbare Leberheilkraut, Mädesüß, als Naturaspirin (das Medikament hat seinen Namen von der botanischen Bezeichnung für das Mädesüß: Spirea), der Frauenmantel, unentbehrlich in der Frauenheilkunde (und zum Goldmachen), der Weißdorn, dessen Blüten ein Herztonikum ergeben, und der unscheinbare Tormentill, die Blutwurzel, deren Pulver sofort jede Blutung stillt.

All diese Wunder gehören in die große Familie der Rosengewächse, diese dem Menschen so zugewandte Pflanzenfamilie. Während ich beim Pflücken der Blaubeeren ähnelnden kleinen Früchte darüber nachsinne, füllt sich die am Hosengürtel hängende Milchkanne.

In der Küche dann werden sie zu Marmelade verarbeitet, dieses Mal nicht mit Zucker sondern mit von der Liebsten geschleuderten Honig aus der Frühjahrsernte. Schließlich hat sie zwei Bienenvölker und hat reichlich. Der Honig wird im Wasserbad verflüssigt und den Beeren beigegeben, mit etwas Vanille und Apfelpektin wird das dann zu Marmelade aufgekocht und in Gläser abgefüllt. Das Ergebnis ist ein sehr mild schmeckender Fruchtaufstrich. Da es (wegen der Vögel) nicht zu einem zweiten Sammelgang kommt, muss ich es dieses Jahr einmal dabei bewenden lassen. Nächstes Jahr möchte ich die Beeren wieder, ohne Süßzusatz, zu Fruchmus einkochen, das ist dann noch leckerer.

Am Morgen darauf der erste Waldgang zur Pfifferlingstelle in diesem Jahr. Und siehe da: Die ersten Dottergelben Kobolde lugen aus dem Moos. Es reicht für eine erste Pfifferlingmahlzeit. Wo diese Sammelstelle wäre, wurde ich gefragt. Nun, die Wälder rund um Fredelsloh sind weitläufig. Wer suchet der findet (vielleicht). Ich aber verrate in dieser Hinsicht nichts.

Auf dem Rückweg wird noch ein Kräuterbündel gesammelt, Odermennig und Mädesüß blühen gerade. Die Kräuter dürfen trocknen und sind dann willkommener Tee. 















Für die erste Waldpilzmahlzeit des Jahres

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