Freitag, 3. März 2023

Aus der Wortwerkstatt: Das Zeitliche segnen

 



Das Zeitliche segnen

Ich segne das Zeitliche, indem ich mir Zeit
für das Zeitliche nehme. Manches lässt sich nicht halten,
und kehrt auch nicht wieder. Ich bin bereit
geschehen zu lassen, wenn sich die Dinge entfalten.

Ich segne das Zeitliche vom Bette heraus,
wenn es morgens so kuschlig darinnen ist,
dann reck ich mich und strecke die Arme aus,
und freue mich, dass Du bei mir bist.

Ich segne das Zeitliche als den Sauerteig,
der in der Ruhe zu Gehen versteht, ohne Hast und Not,
und nehme es als Gleichnis und Fingerzeig:
Je mehr Ruhe im Gehen, um so feiner das Brot.

Ich segne das Zeitliche, indem ich Wege gehe,
welche verwunschen gewunden sind.
Immer schnell und gerade schafft keine Nähe,
Blüten und Falter lassen mich staunen als Kind.

Ich segne das Zeitliche, indem ich das Wachsen begleite,
was im eignen Zeitmaß wächst, wächst ins Weite,
und auch, wenn mir einst sterbend die holden Englein begegnen
werd ich das Zeitliche segnen.


Das Bild „Tanz der Stunden“ ist von Gaetano Previati (1852 - 1920)

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