Mittwoch, 13. November 2013

Dichterliebe


Und auch das Spiel will gelobt werden. . .


"Und wenn du schiltst, und wenn du tobst,
 Ich werd´ es geduldig leiden;
 Doch wenn du meine Verse nicht lobst,
 Laß ich mich von dir scheiden."

Heinrich Heine 


Das ist es wohl: Man muss im Leben Prioritäten setzen. Alles Schelten und alles Toben lässt sich zur Not noch in Verse auskleiden, ebenso wie alles Liebesleid und aller Herzschmerz. Doch die Kritik am Verswerk selbst, das trifft. Nein, nicht nur die Kritik trifft, das mangelnde Lob als solches schon ist ein Scheidungsgrund. Da sind wir Dichter empfindlich. 

Auch meine Mutter betrachtete die dichterischen Ambitionen ihres Sprösslings kritisch, denn diese passten so gar nicht in das von ihr erwünschte Bild des heranwachsenden Kaufmannes. Da bekam die Liebe zur Mutter ihren ersten Knacks, und das Abnabeln begann.

Doch sind es nur die Dichterinnen und Dichter, welche zum Wohlfühlen des Lobes bedürfen? Ist nicht jedes Ohr empfänglich für die warmen Worte des Behagens am Werk? Ich denke, es steckt noch etwas anderes dahinter. Wir wachsen am Zuspruch, und erst, wenn dieser geschieht, kann auch eine berechtigte Werkkritik ihre segensreiche Wirkung entfalten. Das ist bei Erwachsenen nicht anders, als bei Kindern. 

Wobei die meisten Menschen sehr deutlich unterscheiden können, ob das Lob nun ausgesprochen wurde, weil auf dem letzten Seminar zur Personalführung das Loben ausdrücklich als ertragsfördernde Maßnahme gelernt wurde, oder ob es aus echtem Respekt am gegenüber geschieht. Also aus einer Art Herzensrespekt. Denn die Werke eines Menschen sind auch ein Ausdruck seiner Persönlichkeit, und diese verdient Respekt. 

Ich verstehe es gut, "Schreien und Toben", in Wut geraten und einmal den ganzen Frust jemanden vor die Füße klatschen, das kann durchaus reinigend für eine Beziehung sein. Ob es jetzt eine Liebesbeziehung ist oder eine andere menschliche. Doch das anhaltende Verweigern des Respektes, das verträgt keine Liebe wirklich auf Dauer. "You can´t love me, if you don´t respect me", sang Lyn Collins. 

Ob ich persönlich allerdings mit dem "geduldig leiden" so weit gehen würde, wie Sokrates, der seine Beziehung folgendermaßen verbrämt hatte: "Ich legte mir diese Frau zu, weil ich gewiss war, wenn ich sie ertragen könnte, würde ich mich leicht in alle andere Menschen finden können.“ Das mag auch daran liegen, dass ich mir keine Frau "zulege". In einer befriedigenden Partnerschaft herrscht meiner Meinung nach Augenhöhe und . . .  ja, eben, Respekt. Was nicht heißt, dass es keinerlei Kritik geben darf. Auf der Grundlage von Respekt kann es alles geben. 

Doch erfreut mich Lob immer wieder. Auch Lob über meine Verse. . .




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2 Kommentare:

  1. Ich legte mir die Frau zu ... für die heutige Zeit ein unglaublich respektloser Satz. Auch der Rest des Satzes ist mehr Beleidigung ( denn in seinen Augen muss die Frau ja ein Biest gewesen sein), als dass Liebe aus den Worten spricht. Ansonsten untersteeiche ich deine ausführungen.
    Gruß vonner Grete

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  2. Ja, ich finde diese Sätze auch nicht sehr sympathisch. Vielleicht hat es Gründe, dass ich nichts von und über Sokrates gelesen hab? Ich hab dafür drei Meter Koch- und Gartenbücher ;-)

    Lieben Gruß vom Dingefinder

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