Donnerstag, 7. November 2013

Der andere George

Ich habe bei meinen Lesewanderungen in den Büchergärten zwei Georg / George gefunden, und beide beeindruckten mich tief. Steckt doch auch in meinem Namen Jörg ein Georg, und so gibt es wohl schon daher eine tiefere Verwandtschaft.

Der eine war der Georg Ruster, der "Blauvogel  -  Wahlsohn der Irokesen", aus dem gleichnamigen Buch von Anna Jürgen, und von ihm schrieb ich schon. Der andere ist George Sherban, Johor, der Sternengesandte, der mir in dem Buch "Shikasta" von Doris Lessing begegnete. R. brachte das Buch Mitte der achtziger in unsere Gemeinschaft und bat uns alle, es zu lesen. Ich tat es, und ich gestehe, selten hat mich so ein "dicker Schinken", dazu noch aus dem Genre Science Fiction, so gefesselt. Ist es auch nicht einfach eine lange Geschichte in einem dicken Buch, sondern ein Kaleidoskop von Geschichten, welches die Geschichte der Menschheit umspannt und in sich birgt.

Im Beginn ist es Rohanda, die Blühende, ein paradiesicher Planet, welcher von einer Art gütigen Macht besiedelt wird. Den auf Rohanda lebenden Menschen wird dabei Lehre zuteil. Durch eine Art Kosmische Unwucht gerät das Ganze aus dem Gefüge und aus dem paradiesischen Rohanda wird Shikasta, das Verletzte. Eine unheimliche und dunkle Macht bemächtigt sich mehr und mehr dieses Planeten und saugt mehr und mehr die Energien daraus.

Immer wieder im Laufe der Geschichte wird in der Zeit der wachsenden Verletzung von Shikasta der Sternengesandte Johor neben anderen geschickt, auch, um das Schlimmste vermeiden zu lassen und den Menschen in ihrer wachsenden Nacht zu helfen. In seiner letzten Inkarnation kommt er als George Sherban in die Endzeit. Er begleitet die Menschheit in die finale Katastrophe und führt die Überlebenden in eine neue Zeit. 

Nicht das gewaltige Drumherum, die Apokalypse und andere wuchtige Erscheinungen biblischen Ausmaßes waren es, welche mich an diesem Buch so beeindruckten. Es waren die feinen Zeichnungen von Menschen und Ereignissen, welche das Buch durchzogen, und die mich immer wieder mitnahmen. Durch die Vielzahl der Geschichten in der Geschichte und Beleuchtungen des Themas in verschiedenen Zeiten und auf verschiedenen Ebenen nahm das Werk mich gefangen. R. ging es wohl genauso, denn er fragte sich immer wieder "Woher weiß sie das alles".

Was mich dann letztlich doch Abstand nehmen ließ zu dem Buch, war die Geschichte mit der  „Substanz-des-Wir-Gefühls“ (SUWG), welche in stetem Strom von der Gütigen Macht über Steinschleusen nach Rohanda kam, und deren Strom durch die Kosmische Unwucht unterbrochen wurde. Dass der Mangel an SUWG die Menschen krank machte, ja, das konnte ich mir gut vorstellen. Doch dass die Menschheit von zig Milliarden wieder auf eine gewisse Menge Menschen reduziert werden musste, damit die Überlebenden wieder genügend Menge dieser Substanz bekommen konnten, das ließ mich nachdenken.

Ist das Buch doch auch eine in Romanform gekleidete Essenz aller möglichen Verschwörungstheorien. Durch seine bildreiche Sprache und seine bezwingenden poetischen Bilder verschwimmt darin oft Realität, Wirklichkeit und Fiktion. "Woher weiß die das alles?" Nun gibt es genügend Apokalyptiker, die dem Gedanken einer Reinigung des Planeten von den "Viel zu vielen" via einer kosmischen oder menschengemachten Katastrophe sehr zugeneigt sind. Und die gerne von einem Gesandtem von den Sternen durch diese traumdunklen Zeiten in ein paradiesisches Danach mit genügend SUWG für alle Überlebenden geführt werden wollen. Und die selbstredend zu diesen Überlebenden, den Guten, Schönen, Wahren, gehören wollen.

Für diese Wünsche findet sich viel Futter im Buch. Ich selber sehne mir keinen Weltuntergang herbei, und ich wünsche mir eher, dass wir Menschen unser Schicksal selbst in die Hand nehmen und lernen so zu leben, dass für alle und alles genügend da ist. Rein rechnerisch ließe sich das gestalten. Und: Da in jedem Menschen meines Erachtens genügend Anlage zur Liebe ist, muss auch diese nicht von außen zugeführt werden. Es kann die Erde das Paradies sein, welches in ihr angelegt ist, und in dem wir als ein Teil davon leben, um zu bebauen und zu bewahren. Dann wären wir alle "George-Menschen". Man wird ja mal träumen dürfen. . .






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