Donnerstag, 12. September 2013

Drei Schwestern

Blüten im Indianerbeet
Im späten Frühjahr hatte ich es getan: Auf einer Fläche im Gemeinschaftsgarten ein indianisches Drei-Schwestern-Beet angelegt. Die "Drei Schwestern" sind die Lebenserhalterinnen, die Grundnahrungsmittel der gartenbauenden Indianervölker: Mais, Bohnen und Kürbis. Da wurde der aufrecht wachsende Mais gesät, um die Bohnen daran hoch wachsen zu lassen und unten bedeckten die großen Blätter der Kürbispflanzen den Boden und halten ihn feucht. Nach dem Säen wurde zweimal gehackt, und dann wachsen gelassen. Oft wurden diese Anpflanzungen noch mit Tabakpflanzen eingegrenzt.

Da nach dem Hacken keinerlei weitere Bodenpflege stattfand, konnte als Unterwuchs so einiges hoch kommen. Forscher haben bis zu 300 nutzbare Pflanzenarten gefunden, las ich einmal. Das verwunderte mich zuerst, diese hohe Zahl. Doch als ich sah, was mir im Indianerbeet alles an sogenanntem Unkraut zuwuchs, wurde mir das verständlicher. Hühnerhirse und Ackerschachtelhalm, Zaunwinde, Brennnessel, Melde, Glaskraut, Amaranth, Distelarten, Quecke und noch einiges, dazu die von mir mit eingesäten Kapuinerkressen und Purpurwinden, die dazu gepflanzten Topinambur, alles auf die eine oder andere Art nutzbare Pflanzen.

Mais, Bohnen und Kürbis sind ja sehr wüchsig, die stören sich ab einer gewissen Größe nicht mehr am Mitwachsenden. Die Urform von Mischkultur schlechthin. Ich hatte in einem Buch von Masanobu Fukuoka einmal ein Mandala der Nahrung durch das Jahr gefunden. Dort tauchten auch einige unserer wohlbekannten "Unkräuter" als Nahrung auf: Hirtentäschel, Ackerschachtelhalm, Klette und mehr. Sie alle haben ihre Funktion in der Selbstversorgung durch das Jahr. "Das macht Sinn" sagte ein mit mir berfeundeter Bauer immer, wenn ich ihm das eine oder andere von dem erklärte, was ich in meinem Garten so trieb. Ja, das macht Sinn. Bedeutet "Selbstversorgung" doch auch, das anzunehmen, was Garten und Landschaft von selber feil bieten.

Für mein Indianerbeet nahm ich als Grundlage eine eigene Mais"sorte", eine Kreuzung aus Erdbeer- und Hopimais, die in einem der von mir begleiteten Schulgärten entstanden ist. Die Kolben dieser Mixtur schillern in allen Farben, die Körner haben verschiedene Rot- und Gelbtöne, dazu dunkles Blau und einige, die fast schwarz sind. Ich hoffe, dass auch diese Mischung etwas vom Erdbeermais übernommen hat: Die Fähigkeit zu "puffen". Der Erdbeermais wird eigentlich als Ziermais gehandelt, doch ist er ein ausgezeichneter Puffmais.

Mit meiner Sortenmischung bin ich wieder ganz nah am Original, am Ursprünglichen. Auch die Indianer pflegten ein Sortengemisch in ihren Gärten. Das gewährleistete, dass auch in ungünstigen Jahren eine Ernte möglich war, die eine Sorte kommt besser fort bei großer Trockenheit, die andere verträgt widrige nasse Witterung und so fort.

Als Bohne nahm ich dieses Jahr die Sorte Blauhilde, einmal wegen der schönen Blüten, zu anderen mag ich die dunkelvioletten Schoten. Schade, dass sie beim Kochen grün werden. Diese Stangenbohnensorte erwies sich für den Mais als zu wüchsig, einige der Maispflanzen knickten ob der Last der Bohnen um. Für das nächste Jahr werde ich mir wieder eine schwachwüchsige Trockenbohne besorgen, mit der ich gute Erfahrungen gemacht hatte. Das Saatgut gibt es beim österreichischen Verein "Die Arche".


Zutaten für eine Kürbissuppe
Als Kürbis wählte ich die Sorte Hokkaido, meinen Lieblingskürbis für Suppen und anderes. besonders schätze ich an ihm, dass er so gut lagerfähig ist. Und dass er so gut schmeckt. Eine Schönheit ist er auch noch. Ich habe festgestellt, dass eine Kürbispflanze auf zehn Maispflanzen durchaus reicht. 

Es ist eine sehr bodenschonende Anbauweise. Einmal versorgen die Bohnen den Boden auch mit Stickstoff, welche sie durch ihre Symbiose mit den Knöllchenbakterien an ihren Wurzeln produzieren, zum anderen braucht der Boden nicht umgegraben zu werden. Wir hackten einfach das Kraut, welches auf dem zukünftigen Beet wuchs, und legten es als Mulch um die vorgezogenen und in mit Komposterde aufgefüllten Pflanzlöchern gepflanzten Maissetzlinge. Den Mais habe ich vorsichtshalber vorgezogen, damit er in unseren Breiten auch sicher ausreift. Nächstes Jahr möchte ich es jedoch einmal mit Direktsaat probieren. Auch lässt sich diese Mischkultur über Jahre an der gleichen Stelle anbauen, ohne den Boden zu ermüden.

Die nordamerikanischen indianischen Gartenbauvölker lebten ja noch in der Steinzeit, als die Weißen auf ihrem Kontinent ankamen. Sie hatten auch keine Sicheln oder Sensen zur Getreideernte. Interessant ist es, dass sie sich aus der Teosinte, der Wildform des Maises, eine Getreideart züchteten, die sich von Hand ernten lässt. Das finde ich sehr sympathisch. Nun werde ich noch lernen müssen, die Körner gut und schnell von den Kolben zu lösen und zu vermahlen. Mir schwebt da ein Gofio vor, wie es auf den Kanarischen Inseln verwendet wird, ein Mehl aus gerösteten Maiskörnern, das sehr vielseitig verwendbar ist. 

Auf jeden Fall hat mich mein diesjähriger Versuch mit einem Indianerbeet einmal mehr überzeugt, mit dieser Anbauweise weiterhin  zu arbeiten. Selbst die Nacktschnecken, welche wieder einmal zu Hauf zu finden waren, sind keine echte Plage gewesen, da sie im üppigen Wildkrautunterwuchs genügend Futter fanden. Nur die eine oder andere Kürbisblüte ließen sie sich munden, doch auch das schmälerte die Ernte nicht wesentlich.

Nächstes Jahr werde ich noch Sonnenblumen dazu setzen. Und zusätzlich zu den schon im Boden vorhandenen Wildkräutersamen noch eine eigene Mischung ausstreuen, Pflücksalat, Scherkohl, schwarze Rettiche, Ringelblumen und ähnliches.

Und dann werde ich einfach zuschauen, wie es wächst. Ich freu mich schon darauf.




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2 Kommentare:

  1. Lieber Jörg, das mit der Steinzeit ist eine Erfindung der Weißen, um die Indianer ausrotten (oder besser gesagt an die fortschrittliche weiße hochentwickelte Kultur anschließen) zu können ...

    ich finde es sehr wichtig diese eigene verinnerlichte Koloniale Sichtweise sich selbst auch mehr bewußt zu machen ...

    liebe Grüsse
    Karen

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  2. Liebe Karen,

    ich weiß . . . Daher weise ich auch immer wieder auf "Die Steinzeit" hin, gefälliges Totschlagargument aller Modernisten: "Dann würden wir noch immer in der Steinzeit leben". Ja. Mit Konsensdemokratie, Matriarchat, Selbstversorgung und eine lebenswerte Umwelt für alle ;-)

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