Donnerstag, 31. Januar 2013

Aus Dingefinders unergründlicher Plaudertasche oder: Der Baum im Pullover

Am Sonntag war es noch Winter. Kalt und sonnig, die Beete und die Wiesen ringsum schneebedeckt, die Luft hatte etwas erfrischendes. Es lohnte sich, lange draußen zu bleiben, diese typischen romantischen Wintermotive zu fotografieren und sich den leisen Wind um die Nase ziehen zu lassen. Es lohnte sich, nach einem ausgiebigen Spaziergang zurück im KleinHäuschen das Feuer im Ofen zu entfachen und einen Topf Milch mit Ingwerscheiben darin auf die Ofenplatte zu stellen. Es lohnte sich, ein Buch zu greifen, zum Beispiel Gary Snyder´s „Landschaften des Bewusstseins“, darin zu lesen, ein Kissen im Nacken auf dem Sofa liegend, und dabei heißen Kakao mit Ingweraroma und einem dicken Schuss Sahne darin zu schlürfen. Ach war das schön, so ein Wintersonntag. . .

Schon seit Montag ist Tauwetter, der Schnee ist auf wenige schmutzigweiße Häuflein eingeschmolzen, es ist so milde, dass man mit dem Heizen des Ofens aufpassen muss, denn so ein KleinHäuschen entwickelt sich schnell zur Schwitzhütte, und draußen, es ist Mittwoch Abend, Blitz und Donner und Böen und Sturzregen und eigentlich Herbst. Im Januar. So hatten wir uns die Klimaerwärmung wohl nicht vorgestellt.

Heute, Mittwoch, am Nachmittag, als ich mal wieder „ins Dorf“ unterwegs war, „Dorf“ nenne ich den Bremer Stadtteil Gröpelingen, denn schließlich war er einmal ein Dorf, und eigentlich ist er es immer noch, also, als ich dahin und dort unterwegs war, begegnete mir ein Baum im Pullover.

Ich habe zwar schon Hunde im Strickpullover gesehen, besonders diese beim kleinsten Windstoß zitternden Rehpinscher, doch ein umhäkelter Baum war mir bis dato noch nicht untergekommen. Ich schaute mir das an, und fragte mich, welche Rundnadelgröße da wohl genommen wurde, und wie man das Ding dem Baum angezogen hatte. Über Kopf ging ja wohl nicht, denn der war recht dick, und das Bekleidungsstück lang aber schmal. Auch von unten, sozusagen fußaufwärts, war ausgeschlossen, da die Füße der Bäume bekanntlich in Wurzelwerk enden. Es blieb mir ein Rätsel, welches mir lange nicht aus dem Kopf wollte.

Doch schön finde ich es, auf seltsame Weise schön, einem Straßenbaum einen regenbogenfarbenen Selbstgestrickten anzuziehen. Irgendwie machte mich der Anblick glücklich. Es war, als begegnete ich dem Ausdruck einer verwandten Seele. So ist es auch nicht verwunderlich für mich, dass kurze Zeit später folgender Vierzeiler zu mir kam:

Es muss Verrückte wie uns geben,
damit die Welt bestehen kann.
Wir hüten unser aller Leben
mit einem Gegenbann.

Somit danke ich an dieser Stelle der mir unbekannten Künstlerin oder dem mir unbekannten Künstler sehr herzlich,

liebe Grüße, Dingefinder Jörg

p. s. Ich hoffe es für den Baum, dass es noch einmal so richtig kalt wird. Dann weiß man das Geschenk eines Pullovers erst wahrhaftig zu schätzen.

3 Kommentare:

  1. Lieber Dingefinder,
    da ich die "Künstlerin" der angzogenen Bäume bin und mich freue, dass sie Ihnen so gut gefallen, löse ich gerne das Rätsel, wie die Pullover an den Baum geraten.
    Man stelle sich auf eine Leiter, macht sich möglichst lang und näht das besagte Strickstück einfach an einer Seite zu.
    Und nebenbei, mittlerweile sind längst nicht mehr nur die Bäume bekleidet.
    Ein erneuter Spaziergang durchs "Dorf" könnte also interessant sein...

    Liebe Grüße

    Laura

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  2. Ich habe es schon gesehen :-) Und auch einige Fotos geknipst. Werde demnächst weiter berichten. Danke für die Infos, liebe Grüße, Jörg

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  3. Ich werde den Blog weiter verfolgen.
    Wünsche ein schönes Wochenende
    Liebe Grüße
    Laura

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