Sonntag, 13. Januar 2013

Orangenmarmelade mixed, oder: A Tännchen please

Orangenmarmelade
Bei Marmeladen bevorzuge ich persönlich den reinen Geschmack einer Frucht. Also, Kirsche solo, Erdbeere solo, Orange solo etc. Dabei lege ich viel Wert darauf, den Eigengeschmack der Früchte in die Gläser zu bekommen. Darauf zielt in der Regel mein Sinnen und Trachten. Es gibt kaum etwas Schöneres, als den Moment, wo so ein Gläschen geöffnet wird, und die Aromen sich riechbar im Raume verteilen.

Es ist zur Zeit eine Art Mode allerorten, alle möglichen (und unmöglichen) Früchte und Gewürze zu neuen Kompositionen zu vereinen, sei es in Joghurts, Fruchtsäften, Schokoladen, oder eben auch in Marmeladen. Das hat wohl zum einen seinen Grund darin, dass es immer wieder Versuche gibt, neue Marktnischen aufzutun, gerade kleine Manufakturen sind oft groß darin, diese zu besetzen und so ihr Auskommen zu haben (bis ein Großer die erfolgreicheren Ideen aufgreift. . . ) Zum anderen habe ich das Gefühl, dass viele Menschen sich „verschmeckt“ haben, will meinen, dass ihnen das sogenannt Normale eintönig dünkt, und sie mit möglichst exotischen Mischungen guten Geschmack beweisen wollen. Vielleicht liegt es jedoch daran, dass die Früchte der industriellen Fertigung auf ihre Art so gleich schmecken, dass es dieser exotischen Mischungen bedarf, um überhaupt noch etwas Geschmack an den Pamps zu bekommen.

Im Sortiment einer Marmeladenmanufaktur, welche um die hundert verschiedene Sorten herstellt und diese auf einem Feinschmeckerevent vorstellte, entdeckte ich unter anderem die Kombination Erdbeere/Banane. Dass hat mich denn doch verwundert. Da hatte ich mich im letzten Jahr so bemüht, in meinem Garten die Früchte der Erdbeersorte Senga Sengana (leider hatte ich keine „Mieze Schindler“) tiefrot ausreifen zu lassen, also knapp bis zur Überreife, und sicher nicht mehr transportfähig (was die meisten richtig reifen Früchte nicht mehr sind, schon allein das ist ein Argument für den eigenen Garten). Das klingt schwieriger, als es sich anhört. Da sind die netten Tierchen wie Schnecken und Amseln, welche gerne der Ernte teilhaftig werden möchten, und da sind die netten Mitbewohnerinnen und Mitbewohner, welche auch einmal gerne „absichtslos“ durch den Garten schlendern, und dann ist da noch die eigene Begierde, ich bin ein Erdbeeresser vor dem Herren, und es gibt für mich zur Saison kaum etwas schöneres, als tiefrote, von der Sonne gewärmte Erdbeeren direkt in den Mund zu verfrachten. Das sei zur Größe meines Opfers gesagt.

Wenn diese Erdbeeren nun diesen duftigen Reifegrad erreicht haben, werden sie gewaschen und halbiert und über Nacht eingezuckert stehen gelassen. Am wird der Sirup, der sich über Nacht gebildet hat, abgegossen und zurückgestellt, dann die Früchte zu Mus gekocht, das Geliermittel und der Sirup zu gesetzt und noch einmal drei Minuten gekocht. Das war es dann. Mit all diesen Schritten habe ich das größt mögliche Aroma, welches mit gekochten Marmeladen zu erreichen ist.
Diese Marmelade duftet und schmeckt wirklich „Erdbeer“.

Wie kommt nun jemand auf die Idee, diesen so hocharomatischen Früchten nichtssagende Bananen beizugeben? Es wird mir für immer ein Rätsel bleiben. Entweder die Früchte sind wirklich vollreif, dann wäre die Banane ein billiger Füllstoff, um am Ende doch noch etwas zu haben, was entfernt nach Erdbeere schmeckt, oder aber, die Erdbeeren schmecken, wie die meisten industriell hergestellten nach nichts, dann wäre es wohl zweimal nichts, aber wenigstens süß.

Es gibt jedoch Kombinationen, welche „Sinn“ machen, mithin eine sinnfällige Ergänzung sind, und das Ganze zu einer guten Kombination machen, welche auch feine Zungen überzeugt. Bei Erdbeeren ist es zum Beispiel ein Auszug aus Damaszenerrosenblüten (Rose de Resht aus meinem Garten), welchen ich gerne hinzufüge. Erdbeer-Rose ist eine umwerfende Mischung, die gehört dann auch nicht profan aufs morgendliche Toast gestrichen, sondern ich verrühre sie mit Joghurt und geschlagener Sahne und lasse daraus in der Eismaschine Erdbeer-Rosen-Yoghurteis werden.

Zu meiner Himbeermarmelade gebe ich gerne Vanille, das unterstreicht den Geschmack der Früchte, als wäre es von vornherein eine natürliche Mischung. Andere Kombinationen, welche ich ausprobierte, und die wirklich lecker sind, sind Aprikose/Zitronenverbene und Pfirsich/Duftjasminblüte. Hier werden jeweils also nicht zwei Fruchtsorten gemischt, sondern Blüten- oder Kräuterauszüge beigegeben. Meine Liebste mischt Zwetschgen mit Äpfeln und Birnen, und dazu kommen Zimtschalen, das Ganze bleibt „stückig“ ist also eine Art Kompott, ein Familienrezept, und sehr lecker.

Ich selber habe heuer zu meiner Orangenmarmelade, und damit wäre ich wieder beim Thema, auf zwei Kilo Orangen eine Pink Grapefruit zugegeben. Das machte das Ganze ein wenig herber und auch farbenfroher. Eine gute Mischung, wie alle Probierenden unisono erklärten. Eine andere gute Kombination habe ich mit der damaligen Schulgartenklasse entwickelt. Ich war der „Schulgärtner“ und die Gartenklasse wollte zu Weihnachten gerne etwas aus dem Garten den Eltern schenken. So haben wir zuguterletzt Orangenmarmelade hergestellt, und aus dem Garten kam der Rosmarin dazu. Eine ausgezeichnete Kombination, die auch den Eltern gefiel.

Dieses Jahr habe ich noch etwas anderes ausprobiert, zwei Mischungen lagen mir sozusagen auf der Zunge. Zum einen stand die Idee im Raum, Orange mit Ingwer zu kombinieren, zum anderen mit Tanne. Richtig gelesen, mit Tanne. Diese Idee ist entstanden beim gemeinsamen Sinnieren über Citrusmarmeladen in einem Internetforum. Eine Dame bestand auf Chili, doch dem kann ich nichts abgewinnen. Die Kombination Orange/Tanne hielten wir für ausprobierenswert, und so habe ich es einmal versucht. Ja, ich bin sogar noch einen Schritt weiter gegangen, und habe Ingwer dazu getan. Und da ich zu meiner Ingwerbowle immer Zitronenschale beigebe, habe ich auch noch mit Zitronenschalenzesten ausgeholfen.

Bunte Mischung
Also: Zesten, Tannennadel (Abies nordmanniana in diesem Fall, hatte leider keine Balsamtanne zur Hand), wie gewohnt mit den von (fast) allem weißen Häutchen befreiten klein geschnittenen Orangenstückchen eingezuckert und über Nacht ziehen lassen. Paralelll dazu einen Ingweransatz. Den frischen Ingwer mit einem scharfen Messer in hauchfeine Scheiben geschnitten und Lage für Lage in ein eine Glasschüssel gegeben und eingezuckert, ebenso über Nacht ziehen lassen. Da ich nicht wollte, dass die Tanne oder der Ingwer die feinen Orangenaromen übertönen, bin ich hier moderat geblieben: Auf ca. 1 kg Orangen 50 g Ingwer und eine Handvoll Tannennadeln, dazu die Zesten von zwei Zitronen. Die Marmelade schmeckt dann nicht nach Ingwer oder Tanne, sondern diese Aromen schwingen kaum verortbar mit, es ist, als würde sie auf der Zunge eine Geschmacksdimension mehr bekommen. Erst im Abgang ist dann eine leichte Schärfe zu spüren.

Am nächsten Tag habe ich erst einmal den entstandenen Sirup auf dem Ingweransatz abgegossen, der wird erst wieder beigefügt, wenn das Geliermittel zur Marmelade gekommen ist, vor dem dreiminütigen Aufkochen. Dann etwas Wasser zu den eingezuckerten Ingwerscheiben geben (ca. eine Tasse), und zehn Minuten köcheln lassen. Den Kochsud zu dem Oranegenansatz in einen Topf geben und alles zusammen aufkochen lassen, mit dem Pürierstab glatt ziehen (die Tannennadeln bleiben dabei erhalten), mit gegebenenfalls noch etwas Zucker und Zitronensaft abschmecken, Geliermittel und Ingwersirup dazu, drei Minuten köcheln lassen und in „ausgekochte“ Twist-off-Gläser einfüllen. Deckel drauf, Gläser auf den Kopf stellen für fünf Minuten und fertig.

Eines sei nicht verheimlicht: Ebenso wie die Orangenmarmelade mit Rosmarin hat diese Mischung „Gräten“. Ganz weich werden bei diesen kurzen Kochzeiten die Nadeln nicht. Doch das ist angesichts des Geschmackserlebnisses zu verschmerzen.

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