Variationen über Dingefinderkinder
I Dingefinderkinder
Dingefinderkinder
sind die wilden Kleinen,
die mit großen
Augen staunend durch die Welt spazieren.
Verzückt und ganz
mit sich im Reinen
können sie sich in
große Kleinigkeiten ganz verlieren.
Dann stehen sie,
als wären sie auf einem anderen Planeten,
eine wundersame
feengleiche Aura umgibt die Gegenwart.
Still verharrend,
wie in ungesprochenen Gebeten,
staunen sie über
einen bunten Kiesel auf dem Pfad.
Manchmal, wenn du
den Dingefinderkindern nahe bist,
wirst du mit
einbezogen in ihr zeitloses Gewahrsein.
Du tauchst in ihre
Welt ein, die so anders ist,
nimmst Teil an
ihrem seelenvollen Dasein.
Dann glänzt auch
dir in jedem Kiesel eine ganze Welt,
ein ganzes Weltall
gar, ein Orbit ohne Worte.
Es ist, als ob ein
großer Engel dich in seinen Händen hält,
der dich vertraut
mit einbezieht in unbekannte Orte.
Da springt in diese
Anderswelt ein Kaninchen querfeldein.
Von einem
Augenblick zum andern vergisst das Kind den Kieselstein,
und dann geht’s
sturzbeglückt und lachend dem Kaninchen hinterdrein.
Wie aus einem
Traume aufgewacht, stimmst du in dieses Lachen ein.
II Dingefindelkindel
Chinesen, sagt man,
splechen „L“ statt „R“.
Auch in China gibt
es Dingefindelkindel.
Zittellochen
schwimmen tief im Meel.
Dingefindelkindel
sind keine kleinen Sündel.
Das Balometel fällt
und fällt.
Helbst wild so
langsam Wintel.
Das Blemel
Legenwettel macht keine weiße Welt.
Ich seh nul glau.
Und glau dahintel.
Die
Dingefindelkindel wünschen Schneeballschlachten.
Doch in Blemen
fallen Schneeballschlachten aus.
So welfen wil mit
Daunenkissen,
und platzen die,
dann wild es weiß im Haus.
Die Übersetzung:
Chinesen, sagt man,
sprechen „L“ statt „R“.
Auch in China gibt
es Dingefinderkinder.
Zitterrochen
schwimmen tief im Meer.
Dingefinderkinder
sind keine kleinen Sünder.
Das Barometer fällt
und fällt.
Herbst wird so
langsam Winter.
Das Bremer
Regenwetter macht keine weiße Welt.
Ich seh nur grau.
Und grau dahinter.
Die
Dingefinderkinder wünschen Schneeballschlachten.
Doch in Bremen
fallen Schneeballschlachten aus.
So werfen wir mit
Daunenkissen,
und platzen die,
dann wird es weiß im Haus.
III Dingefindelkinder
Als ich ein Kind
war,
waren meine Eltern
und Geschwister mir oft fremd.
Ich kam mir dann
vor, als wäre ich ein Findelkind.
So stand ich da
mit nackten Po und
nur im Hemd.
Und fragte mich,
wer wohl meine
richtigen Eltern sind.
Wenn sie es wären,
dann müssten sie
doch wissen:
Ich bin ein
Dingefinderkind.
Dann würden sie die
Dinge sehen, die ich seh,
sie würden Glanz
und Schönheit
dieser Welt
genießen,
sie würden, ganz
wie ich,
beim Anblick einer
Vogelfeder
vor Glück schier
überfließen.
Leider versagte mir
die Sprache da.
Und wo ich sie am
meisten brauchte,
fehlten mir die
Worte.
Dass ich am Ende
ganz alleine war,
wenn ich in diese
Wunderwelt eintauchte.
Ich weiß nicht,
welche Engel mir gewährten,
diese Sicht der
Dinge über alle Zeit zu retten.
Auch heut noch
fehlen mir oftmals
die Gefährten,
die für diese Sicht
Verständnis hätten.
Auch heut noch bin
ich so manches mal
ein
Dingefindelkind,
und wüsste gar zu
gern,
wer meine Eltern
sind.
Wenn sich Dingefinderkinder finden...
Wenn sich
Dingefinderkinder finden,
dann sind sie vom
ersten Augenblick vertraut.
Sie kennen sich und
sie erzählen sich Geschichten.
Es ist, als würd
der andere die eigenen berichten.
Es ist, als ob wer
in einen Spiegel schaut.
Wenn sich
Dingefinderkinder lieben lernen,
dann singt und
jubiliert die ganze Welt.
Die Chöre klingen
hin bis zu den Sternen,
während die eine
Hand die andre hält.
Dann werden beide
Verse schreiben.
Die Worte fließen
einfach so auf das Papier.
Und während beide
staunend sich die Augen reiben
lesen sie. Sie
schrieben beide diese Verse hier:
Was hast Du mit mir
gemacht, Du Zauberer,
Du Zauberin?
Du hast mir völlig
den Kopf verdreht.
Nun ströme ich,
nun schmelze ich
dahin.
Ich wusste gar
nicht,
dass ich so strömend
bin.
Ich wusste gar
nicht,
dass es in dieser
Welt ein Du für mich gibt,
welches mich
liebt.
ganz grosse klasse
AntwortenLöschenuli
ohhhhhhhhhh *staun* ist das schön, ich hätte mich nie getraut, DAS aufzuschreiben, denn so wahr ich hier schreibe, bin ich auch ein Dingefinderkind, so verloren in der Welt bin ich nun doch nicht. Schön, dies zu entdecken.
AntwortenLöschenmehr braucht es nicht
AntwortenLöschenals stock und stein
ein pfützchen sei es noch so klein
in dem sich spiegelt das Gesicht
ein dingefinderkind zu sein
Danke Euch beiden. Der Lütte auf dem Bild ist mein Sohn, und er hat mich in die Welt der Dingefinderkinder eingeführt, oder, anders, sie mich wieder entdecken lassen.
AntwortenLöschenLiebe Meermaid, sooo verloren in der Welt bin ich auch nicht, es nur manchmal eine Art Hauch, der mich anweht. Dass auch Du ein Dingefinderkind bist, das hatte ich schon geahnt. :-)